Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 1. Berlin, [1871].ten bewaffneten Widerstand; es traten militärische Executionen von französischen Truppen ein; viele der Renitenten wurden im Kampfe oder nachher standrechtlich erschossen. "Il parait, que les Hessois sont tous des brigands", sagte der Kaiser Napoleon bei den Berichten über diese Vorgänge. Da er aber von seinem Bruder Jerome ein starkes Kontingent für den Krieg in Spanien verlangte, so wurden die Aushebungen unnachsichtlich betrieben, und mehrere Bataillone Westphalen bei der Belagerung von Gerona und Tarragona verwendet. "Die Hessen haben Unglück mit ihren Herrschern", sagte eines Tages der Grosvater Eichmann, "der Kurfürst mit dem Kodder verkaufte seine Landeskinder nach Amerika, und der Kakadukönig schickt sie nach Spanien!" Zur Erklärung dieser Epitheta erzählte er uns, daß der letzte, von den Franzosen verjagte Kurfürst Wilhelm von Hessen eine unförmliche Fleischgeschwulst am Halse trage, und daß der König Jerome sich alle Morgen von einem französischen Haarkünstler a la Cacadou frisiren lasse. Außer dem Königreiche Westphalen wurde im Tilsiter Frieden noch ein Herzogthum Warschau geschaffen, und dem Kurfürsten Friedrich August von Sachsen, als dem Nachfolger der früheren Könige von Polen, durch den allmächtigen Ländervertheiler Napoleon zugebilligt. Friedrich August nannte sich nun nicht mehr: Kurfürst von Sachsen und König von Polen, sondern: König von Sachsen und Herzog von Warschau. In allen Wechselfällen der europäischen Kriege blieb er von nun an immer auf Napoleons Seite, und büßte diese Anhänglichkeit i. J. 1814 mit dem Verluste seines halben Landes. Ueber den Fürstentag in Erfurt (September und Ok- ten bewaffneten Widerstand; es traten militärische Executionen von französischen Truppen ein; viele der Renitenten wurden im Kampfe oder nachher standrechtlich erschossen. „Il parait, que les Hessois sont tous des brigands“, sagte der Kaiser Napoléon bei den Berichten über diese Vorgänge. Da er aber von seinem Bruder Jerome ein starkes Kontingent für den Krieg in Spanien verlangte, so wurden die Aushebungen unnachsichtlich betrieben, und mehrere Bataillone Westphalen bei der Belagerung von Gerona und Tarragona verwendet. „Die Hessen haben Unglück mit ihren Herrschern“, sagte eines Tages der Grosvater Eichmann, „der Kurfürst mit dem Kodder verkaufte seine Landeskinder nach Amerika, und der Kakadukönig schickt sie nach Spanien!“ Zur Erklärung dieser Epitheta erzählte er uns, daß der letzte, von den Franzosen verjagte Kurfürst Wilhelm von Hessen eine unförmliche Fleischgeschwulst am Halse trage, und daß der König Jerome sich alle Morgen von einem französischen Haarkünstler à la Cacadou frisiren lasse. Außer dem Königreiche Westphalen wurde im Tilsiter Frieden noch ein Herzogthum Warschau geschaffen, und dem Kurfürsten Friedrich August von Sachsen, als dem Nachfolger der früheren Könige von Polen, durch den allmächtigen Ländervertheiler Napoléon zugebilligt. Friedrich August nannte sich nun nicht mehr: Kurfürst von Sachsen und König von Polen, sondern: König von Sachsen und Herzog von Warschau. In allen Wechselfällen der europäischen Kriege blieb er von nun an immer auf Napoléons Seite, und büßte diese Anhänglichkeit i. J. 1814 mit dem Verluste seines halben Landes. Ueber den Fürstentag in Erfurt (September und Ok- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div> <p><pb facs="#f0288" n="276"/> ten bewaffneten Widerstand; es traten militärische Executionen von französischen Truppen ein; viele der Renitenten wurden im Kampfe oder nachher standrechtlich erschossen. „Il parait, que les Hessois sont tous des brigands“, sagte der Kaiser Napoléon bei den Berichten über diese Vorgänge. Da er aber von seinem Bruder Jerome ein starkes Kontingent für den Krieg in Spanien verlangte, so wurden die Aushebungen unnachsichtlich betrieben, und mehrere Bataillone Westphalen bei der Belagerung von Gerona und Tarragona verwendet. „Die Hessen haben Unglück mit ihren Herrschern“, sagte eines Tages der Grosvater Eichmann, „der Kurfürst mit dem Kodder verkaufte seine Landeskinder nach Amerika, und der Kakadukönig schickt sie nach Spanien!“ Zur Erklärung dieser Epitheta erzählte er uns, daß der letzte, von den Franzosen verjagte Kurfürst Wilhelm von Hessen eine unförmliche Fleischgeschwulst am Halse trage, und daß der König Jerome sich alle Morgen von einem französischen Haarkünstler à la Cacadou frisiren lasse. </p><lb/> <p>Außer dem Königreiche Westphalen wurde im Tilsiter Frieden noch ein Herzogthum Warschau geschaffen, und dem Kurfürsten Friedrich August von Sachsen, als dem Nachfolger der früheren Könige von Polen, durch den allmächtigen Ländervertheiler Napoléon zugebilligt. 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ten bewaffneten Widerstand; es traten militärische Executionen von französischen Truppen ein; viele der Renitenten wurden im Kampfe oder nachher standrechtlich erschossen. „Il parait, que les Hessois sont tous des brigands“, sagte der Kaiser Napoléon bei den Berichten über diese Vorgänge. Da er aber von seinem Bruder Jerome ein starkes Kontingent für den Krieg in Spanien verlangte, so wurden die Aushebungen unnachsichtlich betrieben, und mehrere Bataillone Westphalen bei der Belagerung von Gerona und Tarragona verwendet. „Die Hessen haben Unglück mit ihren Herrschern“, sagte eines Tages der Grosvater Eichmann, „der Kurfürst mit dem Kodder verkaufte seine Landeskinder nach Amerika, und der Kakadukönig schickt sie nach Spanien!“ Zur Erklärung dieser Epitheta erzählte er uns, daß der letzte, von den Franzosen verjagte Kurfürst Wilhelm von Hessen eine unförmliche Fleischgeschwulst am Halse trage, und daß der König Jerome sich alle Morgen von einem französischen Haarkünstler à la Cacadou frisiren lasse.
Außer dem Königreiche Westphalen wurde im Tilsiter Frieden noch ein Herzogthum Warschau geschaffen, und dem Kurfürsten Friedrich August von Sachsen, als dem Nachfolger der früheren Könige von Polen, durch den allmächtigen Ländervertheiler Napoléon zugebilligt. Friedrich August nannte sich nun nicht mehr: Kurfürst von Sachsen und König von Polen, sondern: König von Sachsen und Herzog von Warschau. In allen Wechselfällen der europäischen Kriege blieb er von nun an immer auf Napoléons Seite, und büßte diese Anhänglichkeit i. J. 1814 mit dem Verluste seines halben Landes.
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Zitationshilfe: | Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 1. Berlin, [1871], S. 276. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/parthey_jugenderinnerungen01_1871/288>, abgerufen am 30.06.2024. |