Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 1. Berlin, [1871].schlechtem Zustande sich befanden, daß sie neu verbleit werden mußten; einige erforderten sogar neue Rahmen, die gegen den Regen mit Oelfarbe anzustreichen waren. "Blitz noch einmal", sagte verdrieslich der Grosvater, als wir aufmerksam zuhörend, neben ihm standen, "können Sie sich nicht noch diesen Winter durchhelfen?" "Unmöglich, Herr Geheimerath", sagte der Gärtner, und indem er ein Fenster aufheben wollte, fiel es auch schon klirrend auseinander. "Gut", sagte der Grosvater, "so lassen Sie das Nöthigste machen, aber nichts Unnützes." Die lange Himbeerhecke, welche uns das köstlichste Vesperbrodt lieferte, bedurfte einer neuen Einfassung, zu der mehrere Hundert Fuß Latten angewendet wurden. Die Feurung des Ananashauses war schadhaft geworden, und mußte vom Maurer ganz neu hergerichtet werden. Am schlimmsten aber war es, als einstmals der hintere Gartenzaun durch das Pflaster der bedeutend höher liegenden Rosenquergasse eingedrückt wurde, und die Polizei im Interesse der öffentlichen Sicherheit auf eine schleunige Wiederherstellung drang. Vergeblich versuchte der Grosvater es geltend zu machen, daß dieser Unfall nicht dem Gartenbesitzer, sondern dem Steinsetzermeister der Stadt zuzuschreiben sei; die Sentenz des Polizeipräsidiums war nicht zu ändern. Dieser Bau verursachte eine Ausgabe von beinahe Hundert Thalern, und es war gar nicht daran zu denken, daß eine solche Summe jemals durch die veredelten Obstsorten und die verkauften Ananas eingebracht werde. Mehrere Sommer hindurch plagte sich der Grosvater vergeblich, um eine Vermehrung der Einnahmen zu erzielen. Es kamen immer neue, unvorhergesehene Ausgaben, und schlechtem Zustande sich befanden, daß sie neu verbleit werden mußten; einige erforderten sogar neue Rahmen, die gegen den Regen mit Oelfarbe anzustreichen waren. „Blitz noch einmal“, sagte verdrieslich der Grosvater, als wir aufmerksam zuhörend, neben ihm standen, „können Sie sich nicht noch diesen Winter durchhelfen?“ „Unmöglich, Herr Geheimerath“, sagte der Gärtner, und indem er ein Fenster aufheben wollte, fiel es auch schon klirrend auseinander. „Gut“, sagte der Grosvater, „so lassen Sie das Nöthigste machen, aber nichts Unnützes.“ Die lange Himbeerhecke, welche uns das köstlichste Vesperbrodt lieferte, bedurfte einer neuen Einfassung, zu der mehrere Hundert Fuß Latten angewendet wurden. Die Feurung des Ananashauses war schadhaft geworden, und mußte vom Maurer ganz neu hergerichtet werden. Am schlimmsten aber war es, als einstmals der hintere Gartenzaun durch das Pflaster der bedeutend höher liegenden Rosenquergasse eingedrückt wurde, und die Polizei im Interesse der öffentlichen Sicherheit auf eine schleunige Wiederherstellung drang. Vergeblich versuchte der Grosvater es geltend zu machen, daß dieser Unfall nicht dem Gartenbesitzer, sondern dem Steinsetzermeister der Stadt zuzuschreiben sei; die Sentenz des Polizeipräsidiums war nicht zu ändern. Dieser Bau verursachte eine Ausgabe von beinahe Hundert Thalern, und es war gar nicht daran zu denken, daß eine solche Summe jemals durch die veredelten Obstsorten und die verkauften Ananas eingebracht werde. Mehrere Sommer hindurch plagte sich der Grosvater vergeblich, um eine Vermehrung der Einnahmen zu erzielen. 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Am schlimmsten aber war es, als einstmals der hintere Gartenzaun durch das Pflaster der bedeutend höher liegenden Rosenquergasse eingedrückt wurde, und die Polizei im Interesse der öffentlichen Sicherheit auf eine schleunige Wiederherstellung drang. Vergeblich versuchte der Grosvater es geltend zu machen, daß dieser Unfall nicht dem Gartenbesitzer, sondern dem Steinsetzermeister der Stadt zuzuschreiben sei; die Sentenz des Polizeipräsidiums war nicht zu ändern. Dieser Bau verursachte eine Ausgabe von beinahe Hundert Thalern, und es war gar nicht daran zu denken, daß eine solche Summe jemals durch die veredelten Obstsorten und die verkauften Ananas eingebracht werde. </p><lb/> <p>Mehrere Sommer hindurch plagte sich der Grosvater vergeblich, um eine Vermehrung der Einnahmen zu erzielen. Es kamen immer neue, unvorhergesehene Ausgaben, und </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [243/0255]
schlechtem Zustande sich befanden, daß sie neu verbleit werden mußten; einige erforderten sogar neue Rahmen, die gegen den Regen mit Oelfarbe anzustreichen waren. „Blitz noch einmal“, sagte verdrieslich der Grosvater, als wir aufmerksam zuhörend, neben ihm standen, „können Sie sich nicht noch diesen Winter durchhelfen?“ „Unmöglich, Herr Geheimerath“, sagte der Gärtner, und indem er ein Fenster aufheben wollte, fiel es auch schon klirrend auseinander. „Gut“, sagte der Grosvater, „so lassen Sie das Nöthigste machen, aber nichts Unnützes.“
Die lange Himbeerhecke, welche uns das köstlichste Vesperbrodt lieferte, bedurfte einer neuen Einfassung, zu der mehrere Hundert Fuß Latten angewendet wurden. Die Feurung des Ananashauses war schadhaft geworden, und mußte vom Maurer ganz neu hergerichtet werden. Am schlimmsten aber war es, als einstmals der hintere Gartenzaun durch das Pflaster der bedeutend höher liegenden Rosenquergasse eingedrückt wurde, und die Polizei im Interesse der öffentlichen Sicherheit auf eine schleunige Wiederherstellung drang. Vergeblich versuchte der Grosvater es geltend zu machen, daß dieser Unfall nicht dem Gartenbesitzer, sondern dem Steinsetzermeister der Stadt zuzuschreiben sei; die Sentenz des Polizeipräsidiums war nicht zu ändern. Dieser Bau verursachte eine Ausgabe von beinahe Hundert Thalern, und es war gar nicht daran zu denken, daß eine solche Summe jemals durch die veredelten Obstsorten und die verkauften Ananas eingebracht werde.
Mehrere Sommer hindurch plagte sich der Grosvater vergeblich, um eine Vermehrung der Einnahmen zu erzielen. Es kamen immer neue, unvorhergesehene Ausgaben, und
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