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Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 1. Berlin, [1871].

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Grosvater Eichmann.

Durch die zweite Heirath meines Vaters kamen wir mit dessen neuem Schwiegervater, dem Geheimerath Eichmann, in nähere Verbindung. Er war aus Preußisch-Minden gebürtig, eine acht westphälische Kernnatur. Gesund an Leib und Seele, entschieden in seinen Meinungen, aufbrausend und bedächtig, zu allem Spaß und Ernst bereit, übte er bald auf die Kinder den allergrösten Einfluß.

Wenn irgend ein geringes oder großes Ereigniß besprochen wurde, so faßte er zuletzt sein Urtheil in einen kurzen prägnanten Satz zusammen, der gewöhnlich den Nagel auf den Kopf traf. Mit der tiefsten Redlichkeit des Karakters verband er eine vorsichtige Weltklugheit, die bei keiner Gelegenheit das Nützliche aus den Augen verlor. Obgleich ich zu meinem Vater ein unbegränztes Vertrauen hegte, und mich mit allen Fragen, die dem grübelnden und forschenden jugendlichen Geiste aufstießen, an ihn wenden konnte, so ließ doch die Milde seiner Auffassung meinem eignen Ermessen zu viel Spielraum. Die strengen Sentenzen des Grosvaters imponirten mir, wenn ich ihnen auch nicht immer beistimmte. Sie begleiteten mein Jugendleben, wie die Aussprüche des Chors in der griechischen Tragödie den Gang des Stückes. Man wird

Grosvater Eichmann.

Durch die zweite Heirath meines Vaters kamen wir mit dessen neuem Schwiegervater, dem Geheimerath Eichmann, in nähere Verbindung. Er war aus Preußisch-Minden gebürtig, eine acht westphälische Kernnatur. Gesund an Leib und Seele, entschieden in seinen Meinungen, aufbrausend und bedächtig, zu allem Spaß und Ernst bereit, übte er bald auf die Kinder den allergrösten Einfluß.

Wenn irgend ein geringes oder großes Ereigniß besprochen wurde, so faßte er zuletzt sein Urtheil in einen kurzen prägnanten Satz zusammen, der gewöhnlich den Nagel auf den Kopf traf. Mit der tiefsten Redlichkeit des Karakters verband er eine vorsichtige Weltklugheit, die bei keiner Gelegenheit das Nützliche aus den Augen verlor. Obgleich ich zu meinem Vater ein unbegränztes Vertrauen hegte, und mich mit allen Fragen, die dem grübelnden und forschenden jugendlichen Geiste aufstießen, an ihn wenden konnte, so ließ doch die Milde seiner Auffassung meinem eignen Ermessen zu viel Spielraum. Die strengen Sentenzen des Grosvaters imponirten mir, wenn ich ihnen auch nicht immer beistimmte. Sie begleiteten mein Jugendleben, wie die Aussprüche des Chors in der griechischen Tragödie den Gang des Stückes. Man wird

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[212/0224] Grosvater Eichmann. Durch die zweite Heirath meines Vaters kamen wir mit dessen neuem Schwiegervater, dem Geheimerath Eichmann, in nähere Verbindung. Er war aus Preußisch-Minden gebürtig, eine acht westphälische Kernnatur. Gesund an Leib und Seele, entschieden in seinen Meinungen, aufbrausend und bedächtig, zu allem Spaß und Ernst bereit, übte er bald auf die Kinder den allergrösten Einfluß. Wenn irgend ein geringes oder großes Ereigniß besprochen wurde, so faßte er zuletzt sein Urtheil in einen kurzen prägnanten Satz zusammen, der gewöhnlich den Nagel auf den Kopf traf. Mit der tiefsten Redlichkeit des Karakters verband er eine vorsichtige Weltklugheit, die bei keiner Gelegenheit das Nützliche aus den Augen verlor. Obgleich ich zu meinem Vater ein unbegränztes Vertrauen hegte, und mich mit allen Fragen, die dem grübelnden und forschenden jugendlichen Geiste aufstießen, an ihn wenden konnte, so ließ doch die Milde seiner Auffassung meinem eignen Ermessen zu viel Spielraum. Die strengen Sentenzen des Grosvaters imponirten mir, wenn ich ihnen auch nicht immer beistimmte. Sie begleiteten mein Jugendleben, wie die Aussprüche des Chors in der griechischen Tragödie den Gang des Stückes. Man wird

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Zitationshilfe: Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 1. Berlin, [1871], S. 212. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/parthey_jugenderinnerungen01_1871/224>, abgerufen am 22.11.2024.