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Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 1. Berlin, [1871].

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wege, und gelangte endlich, als schon der Tag anbrach, nach der Brüderstraße.

Hier war glücklicherweise die gröste Gefahr schon vorüber. Wenn das Feuer im Innern der Petrikirche eine solche Richtung nahm, daß der Thurm in die Brüderstraße fiel, so war allerdings das Schlimmste zu fürchten; doch gegen Mitternacht stürzte der Thurm in sich selbst zusammen, und nun konnte man hoffen, des Brandes Meister zu werden.

Als mein Vater in das Hinterhaus nach der Stube des Grosvaters eilte, trat ihm dieser an der Schwelle des Zimmers festlich gekleidet entgegen. Er trug einen blauseidnen Rock mit goldnen Knöpfen, eine Brokatweste, die feinste Brüsseler Hemdkrause, seidne Unterkleider und die elegantesten Schnallenschuhe. Ueberrascht trat mein Vater zurück, und fragte, was diese Pracht zu bedeuten habe? Nun, erwiederte der Grosvater ruhig, wenn etwas verbrennen soll, so ist es besser, daß das schlechte verloren gehe, als das gute. Ich habe meine besten Kleider angelegt, unten im Hofe steht ein angespannter Wagen, worauf mein Vorrath an baarem Gelde, meine Papiere und die nothwendigsten Handlungsbücher liegen. Meine Bibliothek und meinen Hausrath kann ich nicht retten; wenn es Gottes Wille ist, daß sie verbrennen, immerhin! Ich bin darauf gefaßt.

Voll Bewunderung über diese ächte Lebensphilosophie des 75jährigen Greises ging nun mein Vater nach seiner eignen Wohnung hinunter, um zum rechten zu sehn. Tante Jettchen hatte angefangen, einige Koffer voll Wäsche zu packen, aber bald kamen von mehreren Seiten beruhigende Nächrichten; man hatte für die nächste Zukunft nichts

wege, und gelangte endlich, als schon der Tag anbrach, nach der Brüderstraße.

Hier war glücklicherweise die gröste Gefahr schon vorüber. Wenn das Feuer im Innern der Petrikirche eine solche Richtung nahm, daß der Thurm in die Brüderstraße fiel, so war allerdings das Schlimmste zu fürchten; doch gegen Mitternacht stürzte der Thurm in sich selbst zusammen, und nun konnte man hoffen, des Brandes Meister zu werden.

Als mein Vater in das Hinterhaus nach der Stube des Grosvaters eilte, trat ihm dieser an der Schwelle des Zimmers festlich gekleidet entgegen. Er trug einen blauseidnen Rock mit goldnen Knöpfen, eine Brokatweste, die feinste Brüsseler Hemdkrause, seidne Unterkleider und die elegantesten Schnallenschuhe. Ueberrascht trat mein Vater zurück, und fragte, was diese Pracht zu bedeuten habe? Nun, erwiederte der Grosvater ruhig, wenn etwas verbrennen soll, so ist es besser, daß das schlechte verloren gehe, als das gute. Ich habe meine besten Kleider angelegt, unten im Hofe steht ein angespannter Wagen, worauf mein Vorrath an baarem Gelde, meine Papiere und die nothwendigsten Handlungsbücher liegen. Meine Bibliothek und meinen Hausrath kann ich nicht retten; wenn es Gottes Wille ist, daß sie verbrennen, immerhin! Ich bin darauf gefaßt.

Voll Bewunderung über diese ächte Lebensphilosophie des 75jährigen Greises ging nun mein Vater nach seiner eignen Wohnung hinunter, um zum rechten zu sehn. Tante Jettchen hatte angefangen, einige Koffer voll Wäsche zu packen, aber bald kamen von mehreren Seiten beruhigende Nächrichten; man hatte für die nächste Zukunft nichts

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[141/0153] wege, und gelangte endlich, als schon der Tag anbrach, nach der Brüderstraße. Hier war glücklicherweise die gröste Gefahr schon vorüber. Wenn das Feuer im Innern der Petrikirche eine solche Richtung nahm, daß der Thurm in die Brüderstraße fiel, so war allerdings das Schlimmste zu fürchten; doch gegen Mitternacht stürzte der Thurm in sich selbst zusammen, und nun konnte man hoffen, des Brandes Meister zu werden. Als mein Vater in das Hinterhaus nach der Stube des Grosvaters eilte, trat ihm dieser an der Schwelle des Zimmers festlich gekleidet entgegen. Er trug einen blauseidnen Rock mit goldnen Knöpfen, eine Brokatweste, die feinste Brüsseler Hemdkrause, seidne Unterkleider und die elegantesten Schnallenschuhe. Ueberrascht trat mein Vater zurück, und fragte, was diese Pracht zu bedeuten habe? Nun, erwiederte der Grosvater ruhig, wenn etwas verbrennen soll, so ist es besser, daß das schlechte verloren gehe, als das gute. Ich habe meine besten Kleider angelegt, unten im Hofe steht ein angespannter Wagen, worauf mein Vorrath an baarem Gelde, meine Papiere und die nothwendigsten Handlungsbücher liegen. Meine Bibliothek und meinen Hausrath kann ich nicht retten; wenn es Gottes Wille ist, daß sie verbrennen, immerhin! Ich bin darauf gefaßt. Voll Bewunderung über diese ächte Lebensphilosophie des 75jährigen Greises ging nun mein Vater nach seiner eignen Wohnung hinunter, um zum rechten zu sehn. Tante Jettchen hatte angefangen, einige Koffer voll Wäsche zu packen, aber bald kamen von mehreren Seiten beruhigende Nächrichten; man hatte für die nächste Zukunft nichts

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Zitationshilfe: Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 1. Berlin, [1871], S. 141. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/parthey_jugenderinnerungen01_1871/153>, abgerufen am 25.11.2024.