digung die gute Stadt Karlsbad einem bedenk- lichen Misgeschick verfallen. An einer der nächsten Felswände war ein grosses Gerüst errichtet, auf dem die böhmischen Bergleute eine hohe Wand von Steinen erbauten. Diese sollte nun Abends, sobald die Kaiserin auf ei- nem gegenüberliegenden geeigneten Platze sich niedergelassen, nach und nach wieder abgebaut werden, und dahinter das französische Wappen in reicher Lampenpracht erscheinen. Als dies ausgeführt wurde, zeigten sich beim Sinken der Steinwand zum Schrecken aller Anwesenden die drei bourbonischen Lilien! Die Bergleute, wenig vertraut mit dem, was über ihren Köpfen auf der Oberfläche der Erde vorging, und wenig erfahren in der Heraldik, hatten in irgend einem alten Wappenbuche das französische Wappen aufgesucht und getreulich dargestellt.
Die französischen Generale in der Umge- bung der Kaiserin waren höchst ergrimmt und veranlassten eine scharfe Untersuchung, bei der die unwissende Unschuld der Betheiligten sich so unzweifelhaft herausstellte, dass der Sache weiter keine Folge gegeben ward.
digung die gute Stadt Karlsbad einem bedenk- lichen Misgeschick verfallen. An einer der nächsten Felswände war ein grosses Gerüst errichtet, auf dem die böhmischen Bergleute eine hohe Wand von Steinen erbauten. Diese sollte nun Abends, sobald die Kaiserin auf ei- nem gegenüberliegenden geeigneten Platze sich niedergelassen, nach und nach wieder abgebaut werden, und dahinter das französische Wappen in reicher Lampenpracht erscheinen. Als dies ausgeführt wurde, zeigten sich beim Sinken der Steinwand zum Schrecken aller Anwesenden die drei bourbonischen Lilien! Die Bergleute, wenig vertraut mit dem, was über ihren Köpfen auf der Oberfläche der Erde vorging, und wenig erfahren in der Heraldik, hatten in irgend einem alten Wappenbuche das französische Wappen aufgesucht und getreulich dargestellt.
Die französischen Generale in der Umge- bung der Kaiserin waren höchst ergrimmt und veranlassten eine scharfe Untersuchung, bei der die unwissende Unschuld der Betheiligten sich so unzweifelhaft herausstellte, dass der Sache weiter keine Folge gegeben ward.
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[40/0045]
digung die gute Stadt Karlsbad einem bedenk-
lichen Misgeschick verfallen. An einer der
nächsten Felswände war ein grosses Gerüst
errichtet, auf dem die böhmischen Bergleute
eine hohe Wand von Steinen erbauten. Diese
sollte nun Abends, sobald die Kaiserin auf ei-
nem gegenüberliegenden geeigneten Platze sich
niedergelassen, nach und nach wieder abgebaut
werden, und dahinter das französische Wappen
in reicher Lampenpracht erscheinen. Als dies
ausgeführt wurde, zeigten sich beim Sinken der
Steinwand zum Schrecken aller Anwesenden
die drei bourbonischen Lilien! Die Bergleute,
wenig vertraut mit dem, was über ihren Köpfen
auf der Oberfläche der Erde vorging, und wenig
erfahren in der Heraldik, hatten in irgend
einem alten Wappenbuche das französische
Wappen aufgesucht und getreulich dargestellt.
Die französischen Generale in der Umge-
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Parthey, Gustav: Ein verfehlter und ein gelungener Besuch bei Goethe. 1819 und 1827. Handschrift für Freunde. [Berlin], [1862], S. 40. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/parthey_goethe_1819/45>, abgerufen am 27.07.2024.
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