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Pappenheim, Bertha u. a.: Zur Lage der jüdischen Bevölkerung in Galizien. Reise-Eindrücke und Vorschläge zur Besserung der Verhältnisse. Frankfurt (Main), 1904.

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Und damit komme ich nun zu meinem letzten und, wie ich glaube, dem wichtigsten meiner Vorschläge, der sich auf den eigentlichen Mädchenhandel bezieht, indem er sich mit der Auswanderung beschäftigt.

Ich weiß, daß es Personen und Vereine gibt, die den Standpunkt vertreten, daß zur Unterstützung der Auswanderung nichts geschehen dürfe. Diese Ansicht wird wohl aus gewissen Gründen zu erklären sein, und wenn damit die Einwanderung in andere Länder einfach unterbliebe, - denn die Furcht vor der Auswanderung in Galizien ist immer die Furcht vor der Einwanderung in ein bestimmtes Kulturland, - so hätte ein systematisches Nichtbeachten und Unterdrücken der vorhandenen Auswandererlust eine einseitige Berechtigung. Aber die Auswanderung kann nach Lage der Dinge nicht zurückgehalten werden. Sie wird auch tatsächlich nicht zurückgehalten, und deshalb ist es unrichtig, diesen sehr wichtigen Faktor von Amts wegen und von Vereins wegen zu ignorieren, sich nicht mit ihm zu beschäftigen.

Nur weil man sich um die Auswanderung nicht bekümmern will, konnte sie die Basis werden, aus der der Mädchenhandel sich so unheilvoll entwickeln konnte.

Nur wer weiß, unter welch unsinnigen Vorbedingungen und Wegen, mit welch' ungeeigneten Mitteln, mit welch' phantastischen Plänen und unsicheren Aussichten die Mädchen aus einem galizischen Dorfe die Reise nach Amerika unternehmen, kann die Gefahr begreifen, in die sie sich begeben, sobald der begreifliche Wunsch erwacht ist, ihre Lage zu verbessern.

Um alle diese abenteuerlichen Kombinationen mit ihren Gefahren auszuscheiden, schlage ich vor, versuchsweise erst an einem Orte das einzurichten, was ich Auswandererschulen oder Auswandererbureaux nennen möchte.

An einem nicht zu kleinen Orte, in einem bescheidenen Hause sammle man eine Anzahl von Mädchen, die die Absicht haben, auszuwandern. Ihr Aufenthalt dort, der nach meiner ungefähren Schätzung auf 4 bis 6 Monate anberaumt sein muß, muß ganz systematisch der Vorbereitung für die Reise und den neuen Verhältnissen, denen die Mädchen entgegengehen, gewidmet sein.

Die Mädchen müssen in erster Linie schreiben und lesen lernen, sie müssen auf ihren Gesundheitszustand beobachtet und in den ersten

Und damit komme ich nun zu meinem letzten und, wie ich glaube, dem wichtigsten meiner Vorschläge, der sich auf den eigentlichen Mädchenhandel bezieht, indem er sich mit der Auswanderung beschäftigt.

Ich weiß, daß es Personen und Vereine gibt, die den Standpunkt vertreten, daß zur Unterstützung der Auswanderung nichts geschehen dürfe. Diese Ansicht wird wohl aus gewissen Gründen zu erklären sein, und wenn damit die Einwanderung in andere Länder einfach unterbliebe, – denn die Furcht vor der Auswanderung in Galizien ist immer die Furcht vor der Einwanderung in ein bestimmtes Kulturland, – so hätte ein systematisches Nichtbeachten und Unterdrücken der vorhandenen Auswandererlust eine einseitige Berechtigung. Aber die Auswanderung kann nach Lage der Dinge nicht zurückgehalten werden. Sie wird auch tatsächlich nicht zurückgehalten, und deshalb ist es unrichtig, diesen sehr wichtigen Faktor von Amts wegen und von Vereins wegen zu ignorieren, sich nicht mit ihm zu beschäftigen.

Nur weil man sich um die Auswanderung nicht bekümmern will, konnte sie die Basis werden, aus der der Mädchenhandel sich so unheilvoll entwickeln konnte.

Nur wer weiß, unter welch unsinnigen Vorbedingungen und Wegen, mit welch’ ungeeigneten Mitteln, mit welch’ phantastischen Plänen und unsicheren Aussichten die Mädchen aus einem galizischen Dorfe die Reise nach Amerika unternehmen, kann die Gefahr begreifen, in die sie sich begeben, sobald der begreifliche Wunsch erwacht ist, ihre Lage zu verbessern.

Um alle diese abenteuerlichen Kombinationen mit ihren Gefahren auszuscheiden, schlage ich vor, versuchsweise erst an einem Orte das einzurichten, was ich Auswandererschulen oder Auswandererbureaux nennen möchte.

An einem nicht zu kleinen Orte, in einem bescheidenen Hause sammle man eine Anzahl von Mädchen, die die Absicht haben, auszuwandern. Ihr Aufenthalt dort, der nach meiner ungefähren Schätzung auf 4 bis 6 Monate anberaumt sein muß, muß ganz systematisch der Vorbereitung für die Reise und den neuen Verhältnissen, denen die Mädchen entgegengehen, gewidmet sein.

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[63/0063] Und damit komme ich nun zu meinem letzten und, wie ich glaube, dem wichtigsten meiner Vorschläge, der sich auf den eigentlichen Mädchenhandel bezieht, indem er sich mit der Auswanderung beschäftigt. Ich weiß, daß es Personen und Vereine gibt, die den Standpunkt vertreten, daß zur Unterstützung der Auswanderung nichts geschehen dürfe. Diese Ansicht wird wohl aus gewissen Gründen zu erklären sein, und wenn damit die Einwanderung in andere Länder einfach unterbliebe, – denn die Furcht vor der Auswanderung in Galizien ist immer die Furcht vor der Einwanderung in ein bestimmtes Kulturland, – so hätte ein systematisches Nichtbeachten und Unterdrücken der vorhandenen Auswandererlust eine einseitige Berechtigung. Aber die Auswanderung kann nach Lage der Dinge nicht zurückgehalten werden. Sie wird auch tatsächlich nicht zurückgehalten, und deshalb ist es unrichtig, diesen sehr wichtigen Faktor von Amts wegen und von Vereins wegen zu ignorieren, sich nicht mit ihm zu beschäftigen. Nur weil man sich um die Auswanderung nicht bekümmern will, konnte sie die Basis werden, aus der der Mädchenhandel sich so unheilvoll entwickeln konnte. Nur wer weiß, unter welch unsinnigen Vorbedingungen und Wegen, mit welch’ ungeeigneten Mitteln, mit welch’ phantastischen Plänen und unsicheren Aussichten die Mädchen aus einem galizischen Dorfe die Reise nach Amerika unternehmen, kann die Gefahr begreifen, in die sie sich begeben, sobald der begreifliche Wunsch erwacht ist, ihre Lage zu verbessern. Um alle diese abenteuerlichen Kombinationen mit ihren Gefahren auszuscheiden, schlage ich vor, versuchsweise erst an einem Orte das einzurichten, was ich Auswandererschulen oder Auswandererbureaux nennen möchte. An einem nicht zu kleinen Orte, in einem bescheidenen Hause sammle man eine Anzahl von Mädchen, die die Absicht haben, auszuwandern. Ihr Aufenthalt dort, der nach meiner ungefähren Schätzung auf 4 bis 6 Monate anberaumt sein muß, muß ganz systematisch der Vorbereitung für die Reise und den neuen Verhältnissen, denen die Mädchen entgegengehen, gewidmet sein. Die Mädchen müssen in erster Linie schreiben und lesen lernen, sie müssen auf ihren Gesundheitszustand beobachtet und in den ersten

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Zitationshilfe: Pappenheim, Bertha u. a.: Zur Lage der jüdischen Bevölkerung in Galizien. Reise-Eindrücke und Vorschläge zur Besserung der Verhältnisse. Frankfurt (Main), 1904, S. 63. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pappenheim_galizien_1904/63>, abgerufen am 22.11.2024.