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Pappenheim, Bertha u. a.: Zur Lage der jüdischen Bevölkerung in Galizien. Reise-Eindrücke und Vorschläge zur Besserung der Verhältnisse. Frankfurt (Main), 1904.

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zuteil werden lassen, als die wenigen Fälle gefürchteter Spitalpflege für die Gemeinde bisher bedeuten.

Durch den leichten Verkehr mit dem Arzt und die Bereitwilligkeit der Pflegerin wird manches Übel erkannt werden und zur Behandlung kommen, das sonst vielleicht erst zur Kenntnis des Arztes käme, wenn es zu spät ist. Besonders in der Kinderpflege könnte prophylaktisch viel geschehen. Eine derartige Krankenpflege wäre auch schon für solche Gemeinden erreichbar, die nicht daran denken könnten, ein Spital zu erbauen und zu erhalten. Abgesehen von dem praktischen Werte, den Ersparnissen und verminderten Verwaltungskosten - und Verwaltungssünden bei einer solchen Einrichtung, ist der moralische Einfluß, der von einem solchen Armenarzte und einer solchen Armenpflegerin, die das Vertrauen des Volkes genießen, in die Familien getragen werden kann, ein unschätzbarer.

Von den sittigenden und erziehlichen Einflüssen solcher Kulturbeamten, Volkspfleger im umfassendsten Sinne, steht das Höchste zu erwarten.

Was immer man für die Verbesserung der Lage der jüdischen Bevölkerung in Galizien vorschlagen und beginnen möge, es bedarf zu dem Gelingen des Planes eines vorbereitenden Verständnisses im Volke selbst. Dieses ist nur auf dem Wege der Aufklärung und allgemeinen Bildung zu erreichen, durch die Verbreitung von gesundem, kräftigem, freiem, nicht tendenziösem Lese- und Lehrstoff, an dem es fast vollständig mangelt.

Ich schlage darum vor, eine Zentralstelle für Volksbibliotheken und Volksbelehrung einzurichten.

Ein besonderer Beamter, Volksbibliothekar, von Hilfsarbeitern unterstützt, hätte von dieser Zentralstelle aus Bücher, Zeitschriften und Zeitungen nach den kleinen und kleinsten Orten Galiziens zu versenden, wo sie leihweise ausgegeben würden. Die ersten dieser Leihstellen werden voraussichtlich die Baron Hirsch-Schulen sein. Ich bezweifle nicht, daß die Lehrer mit Freude die Mühe des Ausgebens und der Rücknahme übernehmen werden. Hat doch jeder einzelne Schulleiter mir gesagt, daß ungeachtet einer daraus ihnen erwachsenden Mühewaltung Leiter und Lehrer gerne alles unterstützen würden, was dem Volke an Bildungsmitteln und Erwerbsgelegenheiten geboten würde. An Orten, wo keine Schulen

zuteil werden lassen, als die wenigen Fälle gefürchteter Spitalpflege für die Gemeinde bisher bedeuten.

Durch den leichten Verkehr mit dem Arzt und die Bereitwilligkeit der Pflegerin wird manches Übel erkannt werden und zur Behandlung kommen, das sonst vielleicht erst zur Kenntnis des Arztes käme, wenn es zu spät ist. Besonders in der Kinderpflege könnte prophylaktisch viel geschehen. Eine derartige Krankenpflege wäre auch schon für solche Gemeinden erreichbar, die nicht daran denken könnten, ein Spital zu erbauen und zu erhalten. Abgesehen von dem praktischen Werte, den Ersparnissen und verminderten Verwaltungskosten – und Verwaltungssünden bei einer solchen Einrichtung, ist der moralische Einfluß, der von einem solchen Armenarzte und einer solchen Armenpflegerin, die das Vertrauen des Volkes genießen, in die Familien getragen werden kann, ein unschätzbarer.

Von den sittigenden und erziehlichen Einflüssen solcher Kulturbeamten, Volkspfleger im umfassendsten Sinne, steht das Höchste zu erwarten.

Was immer man für die Verbesserung der Lage der jüdischen Bevölkerung in Galizien vorschlagen und beginnen möge, es bedarf zu dem Gelingen des Planes eines vorbereitenden Verständnisses im Volke selbst. Dieses ist nur auf dem Wege der Aufklärung und allgemeinen Bildung zu erreichen, durch die Verbreitung von gesundem, kräftigem, freiem, nicht tendenziösem Lese- und Lehrstoff, an dem es fast vollständig mangelt.

Ich schlage darum vor, eine Zentralstelle für Volksbibliotheken und Volksbelehrung einzurichten.

Ein besonderer Beamter, Volksbibliothekar, von Hilfsarbeitern unterstützt, hätte von dieser Zentralstelle aus Bücher, Zeitschriften und Zeitungen nach den kleinen und kleinsten Orten Galiziens zu versenden, wo sie leihweise ausgegeben würden. Die ersten dieser Leihstellen werden voraussichtlich die Baron Hirsch-Schulen sein. Ich bezweifle nicht, daß die Lehrer mit Freude die Mühe des Ausgebens und der Rücknahme übernehmen werden. Hat doch jeder einzelne Schulleiter mir gesagt, daß ungeachtet einer daraus ihnen erwachsenden Mühewaltung Leiter und Lehrer gerne alles unterstützen würden, was dem Volke an Bildungsmitteln und Erwerbsgelegenheiten geboten würde. An Orten, wo keine Schulen

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[60/0060] zuteil werden lassen, als die wenigen Fälle gefürchteter Spitalpflege für die Gemeinde bisher bedeuten. Durch den leichten Verkehr mit dem Arzt und die Bereitwilligkeit der Pflegerin wird manches Übel erkannt werden und zur Behandlung kommen, das sonst vielleicht erst zur Kenntnis des Arztes käme, wenn es zu spät ist. Besonders in der Kinderpflege könnte prophylaktisch viel geschehen. Eine derartige Krankenpflege wäre auch schon für solche Gemeinden erreichbar, die nicht daran denken könnten, ein Spital zu erbauen und zu erhalten. Abgesehen von dem praktischen Werte, den Ersparnissen und verminderten Verwaltungskosten – und Verwaltungssünden bei einer solchen Einrichtung, ist der moralische Einfluß, der von einem solchen Armenarzte und einer solchen Armenpflegerin, die das Vertrauen des Volkes genießen, in die Familien getragen werden kann, ein unschätzbarer. Von den sittigenden und erziehlichen Einflüssen solcher Kulturbeamten, Volkspfleger im umfassendsten Sinne, steht das Höchste zu erwarten. Was immer man für die Verbesserung der Lage der jüdischen Bevölkerung in Galizien vorschlagen und beginnen möge, es bedarf zu dem Gelingen des Planes eines vorbereitenden Verständnisses im Volke selbst. Dieses ist nur auf dem Wege der Aufklärung und allgemeinen Bildung zu erreichen, durch die Verbreitung von gesundem, kräftigem, freiem, nicht tendenziösem Lese- und Lehrstoff, an dem es fast vollständig mangelt. Ich schlage darum vor, eine Zentralstelle für Volksbibliotheken und Volksbelehrung einzurichten. Ein besonderer Beamter, Volksbibliothekar, von Hilfsarbeitern unterstützt, hätte von dieser Zentralstelle aus Bücher, Zeitschriften und Zeitungen nach den kleinen und kleinsten Orten Galiziens zu versenden, wo sie leihweise ausgegeben würden. Die ersten dieser Leihstellen werden voraussichtlich die Baron Hirsch-Schulen sein. Ich bezweifle nicht, daß die Lehrer mit Freude die Mühe des Ausgebens und der Rücknahme übernehmen werden. Hat doch jeder einzelne Schulleiter mir gesagt, daß ungeachtet einer daraus ihnen erwachsenden Mühewaltung Leiter und Lehrer gerne alles unterstützen würden, was dem Volke an Bildungsmitteln und Erwerbsgelegenheiten geboten würde. An Orten, wo keine Schulen

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Zitationshilfe: Pappenheim, Bertha u. a.: Zur Lage der jüdischen Bevölkerung in Galizien. Reise-Eindrücke und Vorschläge zur Besserung der Verhältnisse. Frankfurt (Main), 1904, S. 60. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pappenheim_galizien_1904/60>, abgerufen am 22.11.2024.