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Pappenheim, Bertha u. a.: Zur Lage der jüdischen Bevölkerung in Galizien. Reise-Eindrücke und Vorschläge zur Besserung der Verhältnisse. Frankfurt (Main), 1904.

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gleichgiltig, ob die Sonne sie bescheint oder der Regen sie durchnäßt.

Wenn Menschen so leben, schlechter als das Vieh, an dessen Befinden und Gedeihen der Eigentümer ein Interesse hat, das für den galizischen Juden niemand empfindet, ist es da zu verwundern, wenn der Wunsch, Geld zu verdienen, jede andere Erwägung in den Hintergrund drängt, bis er so mächtig ist, daß er in den sträflichen Mißbrauch des Wuchers ausartet?!

Und hier tritt nun an manchen Orten die J. C. A. mit ihren Leihkassen ein und bringt praktischen und moralischen Segen ins Land. Der günstige Einfluß dieser Leihkassen kann gar nicht hoch genug veranschlagt werden. Sie steuern dem Wucher und helfen den kleinen Gewerbetreibenden, indem sie zu niedrigstem Zinsfuße kleine Geldsummen ausleihen, die in so minimalen Raten zurückbezahlt werden können, daß die Schuldner diese Abzahlung nicht mehr als Druck oder Last empfinden.

Die Jahresberichte der Leihkassen sind von den verschiedensten Gesichtspunkten aus betrachtet sehr interessant. Für die Beurteilung der ganzen Bevölkerung ist es von höchster Wichtigkeit, zu erfahren, daß diese Gewerbetreibenden kleinster Kategorie - Männer und Frauen - in der Rückzahlung ihrer Schuld von größter Pünktlichkeit und Gewissenhaftigkeit sind, so daß es sich kaum ereignet, daß ein "Mitglied" der Kasse gegenüber seiner Verpflichtung nicht nachkäme.

Die Verwaltung der Leihkassen geschieht meistens ehrenamtlich, aber nicht an allen Orten ausschließlich ehrenamtlich, und da ich hier doch nun einmal das Kapitel der Beamten streife, darf ich eine Bemerkung nicht unterlassen. Wie ich schon einmal sagte, ist es bei keiner größeren Körperschaft zu erreichen, daß alle Mitglieder derselben allen an sie zu stellenden Anforderungen gleichwertig genügen. "Es kann überall etwas vorkommen", heißt es, wenn man gewissen Gerüchten mit bestimmten Fragen nahe kommt. Und da ist nur eins zu sagen: jede Hilfstätigkeit in Galizien hat nicht nur in ihrer Spezialität im Lande zu wirken, d. h. die Schulen sind nicht nur Lehranstalten, die Leihkassen nicht nur Darlehensvermittlung, Versuche zur Einführung von Industrien nicht nur Arbeitsvermittlungen u. s. w.

Infolge der ganz besonderen Eigentümlichkeiten des Landes,

gleichgiltig, ob die Sonne sie bescheint oder der Regen sie durchnäßt.

Wenn Menschen so leben, schlechter als das Vieh, an dessen Befinden und Gedeihen der Eigentümer ein Interesse hat, das für den galizischen Juden niemand empfindet, ist es da zu verwundern, wenn der Wunsch, Geld zu verdienen, jede andere Erwägung in den Hintergrund drängt, bis er so mächtig ist, daß er in den sträflichen Mißbrauch des Wuchers ausartet?!

Und hier tritt nun an manchen Orten die J. C. A. mit ihren Leihkassen ein und bringt praktischen und moralischen Segen ins Land. Der günstige Einfluß dieser Leihkassen kann gar nicht hoch genug veranschlagt werden. Sie steuern dem Wucher und helfen den kleinen Gewerbetreibenden, indem sie zu niedrigstem Zinsfuße kleine Geldsummen ausleihen, die in so minimalen Raten zurückbezahlt werden können, daß die Schuldner diese Abzahlung nicht mehr als Druck oder Last empfinden.

Die Jahresberichte der Leihkassen sind von den verschiedensten Gesichtspunkten aus betrachtet sehr interessant. Für die Beurteilung der ganzen Bevölkerung ist es von höchster Wichtigkeit, zu erfahren, daß diese Gewerbetreibenden kleinster Kategorie – Männer und Frauen – in der Rückzahlung ihrer Schuld von größter Pünktlichkeit und Gewissenhaftigkeit sind, so daß es sich kaum ereignet, daß ein „Mitglied“ der Kasse gegenüber seiner Verpflichtung nicht nachkäme.

Die Verwaltung der Leihkassen geschieht meistens ehrenamtlich, aber nicht an allen Orten ausschließlich ehrenamtlich, und da ich hier doch nun einmal das Kapitel der Beamten streife, darf ich eine Bemerkung nicht unterlassen. Wie ich schon einmal sagte, ist es bei keiner größeren Körperschaft zu erreichen, daß alle Mitglieder derselben allen an sie zu stellenden Anforderungen gleichwertig genügen. „Es kann überall etwas vorkommen“, heißt es, wenn man gewissen Gerüchten mit bestimmten Fragen nahe kommt. Und da ist nur eins zu sagen: jede Hilfstätigkeit in Galizien hat nicht nur in ihrer Spezialität im Lande zu wirken, d. h. die Schulen sind nicht nur Lehranstalten, die Leihkassen nicht nur Darlehensvermittlung, Versuche zur Einführung von Industrien nicht nur Arbeitsvermittlungen u. s. w.

Infolge der ganz besonderen Eigentümlichkeiten des Landes,

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[29/0029] gleichgiltig, ob die Sonne sie bescheint oder der Regen sie durchnäßt. Wenn Menschen so leben, schlechter als das Vieh, an dessen Befinden und Gedeihen der Eigentümer ein Interesse hat, das für den galizischen Juden niemand empfindet, ist es da zu verwundern, wenn der Wunsch, Geld zu verdienen, jede andere Erwägung in den Hintergrund drängt, bis er so mächtig ist, daß er in den sträflichen Mißbrauch des Wuchers ausartet?! Und hier tritt nun an manchen Orten die J. C. A. mit ihren Leihkassen ein und bringt praktischen und moralischen Segen ins Land. Der günstige Einfluß dieser Leihkassen kann gar nicht hoch genug veranschlagt werden. Sie steuern dem Wucher und helfen den kleinen Gewerbetreibenden, indem sie zu niedrigstem Zinsfuße kleine Geldsummen ausleihen, die in so minimalen Raten zurückbezahlt werden können, daß die Schuldner diese Abzahlung nicht mehr als Druck oder Last empfinden. Die Jahresberichte der Leihkassen sind von den verschiedensten Gesichtspunkten aus betrachtet sehr interessant. Für die Beurteilung der ganzen Bevölkerung ist es von höchster Wichtigkeit, zu erfahren, daß diese Gewerbetreibenden kleinster Kategorie – Männer und Frauen – in der Rückzahlung ihrer Schuld von größter Pünktlichkeit und Gewissenhaftigkeit sind, so daß es sich kaum ereignet, daß ein „Mitglied“ der Kasse gegenüber seiner Verpflichtung nicht nachkäme. Die Verwaltung der Leihkassen geschieht meistens ehrenamtlich, aber nicht an allen Orten ausschließlich ehrenamtlich, und da ich hier doch nun einmal das Kapitel der Beamten streife, darf ich eine Bemerkung nicht unterlassen. Wie ich schon einmal sagte, ist es bei keiner größeren Körperschaft zu erreichen, daß alle Mitglieder derselben allen an sie zu stellenden Anforderungen gleichwertig genügen. „Es kann überall etwas vorkommen“, heißt es, wenn man gewissen Gerüchten mit bestimmten Fragen nahe kommt. Und da ist nur eins zu sagen: jede Hilfstätigkeit in Galizien hat nicht nur in ihrer Spezialität im Lande zu wirken, d. h. die Schulen sind nicht nur Lehranstalten, die Leihkassen nicht nur Darlehensvermittlung, Versuche zur Einführung von Industrien nicht nur Arbeitsvermittlungen u. s. w. Infolge der ganz besonderen Eigentümlichkeiten des Landes,

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Zitationshilfe: Pappenheim, Bertha u. a.: Zur Lage der jüdischen Bevölkerung in Galizien. Reise-Eindrücke und Vorschläge zur Besserung der Verhältnisse. Frankfurt (Main), 1904, S. 29. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pappenheim_galizien_1904/29>, abgerufen am 24.11.2024.