[Pahl, Johann Gottfried]: Leben und Thaten des ehrwürdigen Paters Simpertus. Madrit [i. e. Heilbronn], 1799.meinen Betrug so erbärmlich zu Grunde gerichtet werden sollten. Man glaubt es nicht, welch' harten Kampf man erstehen muß, wenn man zum Beßten der Gemeine Gottes etwas sehr Böses thun soll. Es ward mir äußerst schwer, durch die Vergegenwärtigung der richtigen Grundsätze, die ich aus dem Systeme der Jesuiten aufgefaßt hatte, die trügerischen Vorspieglungen der natürlichen Vernunft zurückzuweisen. Indem ich so mit mir selbst beschäftigt war, fuhr der Hofrath gleich einem Wüthenden zur Thüre herein, und stieß dem Abbe das Papier, das er in der Hand hatte, unter die Nase. "Sieh, Schurke - Verräther - Hurer, brüllte er, sieh' das Zeugniß deiner Schuld." Er wandte sich zu dem betäubten Weibe. Er ergiff sie am Kragen, und warf sie zu Boden. Der Lermen wurde schrecklich. Man vernahm nichts mehr, als Schimpfworte. Der Pöbel auf der Straße blieb gaffend stehen. Die Hausleute drangen herein, und brachten die Unschuldige in Sicherheit. Von dem schimpfenden Ehemanne verfolgt, erschien der Abbe unter der Thür, und schlich beschämt durch den Haufen hinweg. Jedermann war überzeugt, meinen Betrug so erbärmlich zu Grunde gerichtet werden sollten. Man glaubt es nicht, welch’ harten Kampf man erstehen muß, wenn man zum Beßten der Gemeine Gottes etwas sehr Böses thun soll. Es ward mir äußerst schwer, durch die Vergegenwärtigung der richtigen Grundsätze, die ich aus dem Systeme der Jesuiten aufgefaßt hatte, die trügerischen Vorspieglungen der natürlichen Vernunft zurückzuweisen. Indem ich so mit mir selbst beschäftigt war, fuhr der Hofrath gleich einem Wüthenden zur Thüre herein, und stieß dem Abbe das Papier, das er in der Hand hatte, unter die Nase. „Sieh, Schurke – Verräther – Hurer, brüllte er, sieh’ das Zeugniß deiner Schuld.“ Er wandte sich zu dem betäubten Weibe. Er ergiff sie am Kragen, und warf sie zu Boden. Der Lermen wurde schrecklich. Man vernahm nichts mehr, als Schimpfworte. Der Pöbel auf der Straße blieb gaffend stehen. Die Hausleute drangen herein, und brachten die Unschuldige in Sicherheit. Von dem schimpfenden Ehemanne verfolgt, erschien der Abbe unter der Thür, und schlich beschämt durch den Haufen hinweg. Jedermann war überzeugt, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0093" n="93"/> meinen Betrug so erbärmlich zu Grunde gerichtet werden sollten. Man glaubt es nicht, welch’ harten Kampf man erstehen muß, wenn man zum Beßten der Gemeine Gottes etwas sehr Böses thun soll. Es ward mir äußerst schwer, durch die Vergegenwärtigung der richtigen Grundsätze, die ich aus dem Systeme der Jesuiten aufgefaßt hatte, die trügerischen Vorspieglungen der natürlichen Vernunft zurückzuweisen.</p> <p>Indem ich so mit mir selbst beschäftigt war, fuhr der Hofrath gleich einem Wüthenden zur Thüre herein, und stieß dem Abbe das Papier, das er in der Hand hatte, unter die Nase. „Sieh, Schurke – Verräther – Hurer, brüllte er, sieh’ das Zeugniß deiner Schuld.“ Er wandte sich zu dem betäubten Weibe. Er ergiff sie am Kragen, und warf sie zu Boden. Der Lermen wurde schrecklich. Man vernahm nichts mehr, als Schimpfworte. Der Pöbel auf der Straße blieb gaffend stehen. Die Hausleute drangen herein, und brachten die Unschuldige in Sicherheit. Von dem schimpfenden Ehemanne verfolgt, erschien der Abbe unter der Thür, und schlich beschämt durch den Haufen hinweg. Jedermann war überzeugt, </p> </div> </body> </text> </TEI> [93/0093]
meinen Betrug so erbärmlich zu Grunde gerichtet werden sollten. Man glaubt es nicht, welch’ harten Kampf man erstehen muß, wenn man zum Beßten der Gemeine Gottes etwas sehr Böses thun soll. Es ward mir äußerst schwer, durch die Vergegenwärtigung der richtigen Grundsätze, die ich aus dem Systeme der Jesuiten aufgefaßt hatte, die trügerischen Vorspieglungen der natürlichen Vernunft zurückzuweisen.
Indem ich so mit mir selbst beschäftigt war, fuhr der Hofrath gleich einem Wüthenden zur Thüre herein, und stieß dem Abbe das Papier, das er in der Hand hatte, unter die Nase. „Sieh, Schurke – Verräther – Hurer, brüllte er, sieh’ das Zeugniß deiner Schuld.“ Er wandte sich zu dem betäubten Weibe. Er ergiff sie am Kragen, und warf sie zu Boden. Der Lermen wurde schrecklich. Man vernahm nichts mehr, als Schimpfworte. Der Pöbel auf der Straße blieb gaffend stehen. Die Hausleute drangen herein, und brachten die Unschuldige in Sicherheit. Von dem schimpfenden Ehemanne verfolgt, erschien der Abbe unter der Thür, und schlich beschämt durch den Haufen hinweg. Jedermann war überzeugt,
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