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[Pahl, Johann Gottfried]: Leben und Thaten des ehrwürdigen Paters Simpertus. Madrit [i. e. Heilbronn], 1799.

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So stand denn der gute, ehrliche, wohlmeynende Pater Simpertus, einsam und verlassen, mitten in den Ruinen der Kirche da, und schwamm hülflos in den Wogen des verdorbenen Hofes umher, wie die durstige Mücke in einem Bierglase. Zwar blieb der Fürst, in seinen Gesinnungen gegen ihn, immer derselbe. Er hatte alles Zutrauen zu ihm, in den Angelegenheiten seines Gewissens. Er nannte ihn noch immer seinen lieben Simplex. Er klopfte ihm noch eben so oft, als zuvor, auf die Achsel, oder kneipte ihn in die Wange. Auch trieb er noch ab und zu seinen gnädigen Spaß mit ihm, indem er ihm, nach seiner Gewohnheit, beym Spiele das Eichelaß auf den Mantel heftete, oder ihm statt des Schnuptabacks Sägemehl in die Dose prakticierte. Aber in weltlichen Dingen hatte er allen Kredit verlohren. Er ward perhorresciert, wie ein verdächtiger Assessor eines Kollegiums. Und die Saite von der Aufklärung durfte er schon gar nicht berühren. Denn da hieß es immer: "Das ist die Liebhaberey meiner Frau. Bringe er mir den Eheteufel nicht ins Haus. Lucius protegiert das Ding gewaltig, und der ist doch auch nicht auf den Kopf gefallen. Versteht er, Pater Simpert!"

So stand denn der gute, ehrliche, wohlmeynende Pater Simpertus, einsam und verlassen, mitten in den Ruinen der Kirche da, und schwamm hülflos in den Wogen des verdorbenen Hofes umher, wie die durstige Mücke in einem Bierglase. Zwar blieb der Fürst, in seinen Gesinnungen gegen ihn, immer derselbe. Er hatte alles Zutrauen zu ihm, in den Angelegenheiten seines Gewissens. Er nannte ihn noch immer seinen lieben Simplex. Er klopfte ihm noch eben so oft, als zuvor, auf die Achsel, oder kneipte ihn in die Wange. Auch trieb er noch ab und zu seinen gnädigen Spaß mit ihm, indem er ihm, nach seiner Gewohnheit, beym Spiele das Eichelaß auf den Mantel heftete, oder ihm statt des Schnuptabacks Sägemehl in die Dose prakticierte. Aber in weltlichen Dingen hatte er allen Kredit verlohren. Er ward perhorresciert, wie ein verdächtiger Assessor eines Kollegiums. Und die Saite von der Aufklärung durfte er schon gar nicht berühren. Denn da hieß es immer: „Das ist die Liebhaberey meiner Frau. Bringe er mir den Eheteufel nicht ins Haus. Lucius protegiert das Ding gewaltig, und der ist doch auch nicht auf den Kopf gefallen. Versteht er, Pater Simpert!“

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[48/0048] So stand denn der gute, ehrliche, wohlmeynende Pater Simpertus, einsam und verlassen, mitten in den Ruinen der Kirche da, und schwamm hülflos in den Wogen des verdorbenen Hofes umher, wie die durstige Mücke in einem Bierglase. Zwar blieb der Fürst, in seinen Gesinnungen gegen ihn, immer derselbe. Er hatte alles Zutrauen zu ihm, in den Angelegenheiten seines Gewissens. Er nannte ihn noch immer seinen lieben Simplex. Er klopfte ihm noch eben so oft, als zuvor, auf die Achsel, oder kneipte ihn in die Wange. Auch trieb er noch ab und zu seinen gnädigen Spaß mit ihm, indem er ihm, nach seiner Gewohnheit, beym Spiele das Eichelaß auf den Mantel heftete, oder ihm statt des Schnuptabacks Sägemehl in die Dose prakticierte. Aber in weltlichen Dingen hatte er allen Kredit verlohren. Er ward perhorresciert, wie ein verdächtiger Assessor eines Kollegiums. Und die Saite von der Aufklärung durfte er schon gar nicht berühren. Denn da hieß es immer: „Das ist die Liebhaberey meiner Frau. Bringe er mir den Eheteufel nicht ins Haus. Lucius protegiert das Ding gewaltig, und der ist doch auch nicht auf den Kopf gefallen. Versteht er, Pater Simpert!“

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Zitationshilfe: [Pahl, Johann Gottfried]: Leben und Thaten des ehrwürdigen Paters Simpertus. Madrit [i. e. Heilbronn], 1799, S. 48. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pahl_simpertus_1799/48>, abgerufen am 19.04.2024.