[Pahl, Johann Gottfried]: Leben und Thaten des ehrwürdigen Paters Simpertus. Madrit [i. e. Heilbronn], 1799.als die neue Fürstinn an dem Hofe erschien, und gerade er war es, der das am frühsten bemerkte, und zuerst die Trauer-Cantate anstimmte: die Krone unsers Hauptes ist abgefallen! Freylich hatte Fürst Adolph zu viel Redlichkeit und Offenheit in seinem Charakter, als daß er dem frommen Pater die veränderte Constellation durch ein gefärbtes Glas hätte zeigen sollen. Indessen traute Simpert seiner Würde, seiner Tugend, und seinen Verdiensten noch lange den alten Einfluß zu. Aber mit jedem Anbringen kam er zu spat, oder erhielt einen faden Hofbescheid, oder wurde gar abgewiesen. Endlich erklärte er dem Fürsten rund und frey sein Befremden, ließ dabey ein Paar wehemüthiger Thränen fallen, und griff dem guten Herrn derbe an das Herz. "Er hat nicht ganz unrecht, erwiederte derselbe, aber sieht er, Pater Simpert! es sind nun auch die vorigen Zeiten nicht mehr. Ich habe ein Weib genommen, und also bin ich nicht weiter ein Junggeselle. Und mein Weib - sie hat bey Gott Verstand, und behandelt alle Regierungssachen comme il faut. Ich habe als die neue Fürstinn an dem Hofe erschien, und gerade er war es, der das am frühsten bemerkte, und zuerst die Trauer-Cantate anstimmte: die Krone unsers Hauptes ist abgefallen! Freylich hatte Fürst Adolph zu viel Redlichkeit und Offenheit in seinem Charakter, als daß er dem frommen Pater die veränderte Constellation durch ein gefärbtes Glas hätte zeigen sollen. Indessen traute Simpert seiner Würde, seiner Tugend, und seinen Verdiensten noch lange den alten Einfluß zu. Aber mit jedem Anbringen kam er zu spat, oder erhielt einen faden Hofbescheid, oder wurde gar abgewiesen. Endlich erklärte er dem Fürsten rund und frey sein Befremden, ließ dabey ein Paar wehemüthiger Thränen fallen, und griff dem guten Herrn derbe an das Herz. „Er hat nicht ganz unrecht, erwiederte derselbe, aber sieht er, Pater Simpert! es sind nun auch die vorigen Zeiten nicht mehr. Ich habe ein Weib genommen, und also bin ich nicht weiter ein Junggeselle. Und mein Weib – sie hat bey Gott Verstand, und behandelt alle Regierungssachen comme il faut. Ich habe <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0025" n="25"/> als die neue Fürstinn an dem Hofe erschien, und gerade er war es, der das am frühsten bemerkte, und zuerst die Trauer-Cantate anstimmte: die Krone unsers Hauptes ist abgefallen!</p> <p>Freylich hatte Fürst <hi rendition="#g">Adolph</hi> zu viel Redlichkeit und Offenheit in seinem Charakter, als daß er dem frommen Pater die veränderte Constellation durch ein gefärbtes Glas hätte zeigen sollen. Indessen traute <hi rendition="#g">Simpert</hi> seiner Würde, seiner Tugend, und seinen Verdiensten noch lange den alten Einfluß zu. Aber mit jedem Anbringen kam er zu spat, oder erhielt einen faden Hofbescheid, oder wurde gar abgewiesen. Endlich erklärte er dem Fürsten rund und frey sein Befremden, ließ dabey ein Paar wehemüthiger Thränen fallen, und griff dem guten Herrn derbe an das Herz.</p> <p>„Er hat nicht ganz unrecht, erwiederte derselbe, aber sieht er, Pater <hi rendition="#g">Simpert</hi>! es sind nun auch die vorigen Zeiten nicht mehr. Ich habe ein Weib genommen, und also bin ich nicht weiter ein Junggeselle. Und mein Weib – sie hat bey Gott Verstand, und behandelt alle Regierungssachen <hi rendition="#aq">comme il faut</hi>. Ich habe </p> </div> </body> </text> </TEI> [25/0025]
als die neue Fürstinn an dem Hofe erschien, und gerade er war es, der das am frühsten bemerkte, und zuerst die Trauer-Cantate anstimmte: die Krone unsers Hauptes ist abgefallen!
Freylich hatte Fürst Adolph zu viel Redlichkeit und Offenheit in seinem Charakter, als daß er dem frommen Pater die veränderte Constellation durch ein gefärbtes Glas hätte zeigen sollen. Indessen traute Simpert seiner Würde, seiner Tugend, und seinen Verdiensten noch lange den alten Einfluß zu. Aber mit jedem Anbringen kam er zu spat, oder erhielt einen faden Hofbescheid, oder wurde gar abgewiesen. Endlich erklärte er dem Fürsten rund und frey sein Befremden, ließ dabey ein Paar wehemüthiger Thränen fallen, und griff dem guten Herrn derbe an das Herz.
„Er hat nicht ganz unrecht, erwiederte derselbe, aber sieht er, Pater Simpert! es sind nun auch die vorigen Zeiten nicht mehr. Ich habe ein Weib genommen, und also bin ich nicht weiter ein Junggeselle. Und mein Weib – sie hat bey Gott Verstand, und behandelt alle Regierungssachen comme il faut. Ich habe
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Zitationshilfe: | [Pahl, Johann Gottfried]: Leben und Thaten des ehrwürdigen Paters Simpertus. Madrit [i. e. Heilbronn], 1799, S. 25. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pahl_simpertus_1799/25>, abgerufen am 16.07.2024. |