Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Pahl, Johann Gottfried]: Die Philosophen aus dem Uranus. Konstantinopel, 1796.

Bild:
<< vorherige Seite

"Sie thun mir sehr Unrecht, versezte Elafu; - nichts weniger als meine Meinung! - ich behaupte gerade das Gegenteil; ich behaupte, daß gar keine Religion selig mache!"

Der Prediger fuhr mit einem wilden Ungestümm vom Stuhle auf, bestürmte den guten Philosophen mit einer unermeßlichen Menge Kezernamen, und sprach ein Anathema nach dem andern, in seinem heiligen Eifer, über ihn aus. - "Sie mißverstehen mich, fiel ihm Elafu ein - ich bitte Sie, mäsigen Sie sich. Ich behaupte, keine Religion macht selig, sondern allein die Tugend, die durch die Religion gewekt und ausgebildet wird." - "Da wären Sie also wieder mit Ihrem indiferentistischen, sozinianischen Gift, - fuhr ihn der schäumende Prediger an; - fort mit Ihnen, (indem er ihn beim Knopfloch faßte, und der Thüre zuzog,) fort mit Ihnen - Sie sind auch einer von der Horde - mit Ihnen bleib ich nicht unter einem Dach - die Schrift sagt: einen kezerischen Menschen meide." -

„Sie thun mir sehr Unrecht, versezte Elafu; – nichts weniger als meine Meinung! – ich behaupte gerade das Gegenteil; ich behaupte, daß gar keine Religion selig mache!“

Der Prediger fuhr mit einem wilden Ungestümm vom Stuhle auf, bestürmte den guten Philosophen mit einer unermeßlichen Menge Kezernamen, und sprach ein Anathema nach dem andern, in seinem heiligen Eifer, über ihn aus. – „Sie mißverstehen mich, fiel ihm Elafu ein – ich bitte Sie, mäsigen Sie sich. Ich behaupte, keine Religion macht selig, sondern allein die Tugend, die durch die Religion gewekt und ausgebildet wird.“ – „Da wären Sie also wieder mit Ihrem indiferentistischen, sozinianischen Gift, – fuhr ihn der schäumende Prediger an; – fort mit Ihnen, (indem er ihn beim Knopfloch faßte, und der Thüre zuzog,) fort mit Ihnen – Sie sind auch einer von der Horde – mit Ihnen bleib ich nicht unter einem Dach – die Schrift sagt: einen kezerischen Menschen meide.“ –

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0079" n="75"/>
        <p>&#x201E;Sie thun mir sehr Unrecht, versezte <hi rendition="#g">Elafu</hi>; &#x2013; nichts weniger als <hi rendition="#g">meine</hi> Meinung! &#x2013; ich behaupte gerade das Gegenteil; ich behaupte, daß gar keine Religion selig mache!&#x201C;</p>
        <p>Der Prediger fuhr mit einem wilden Ungestümm vom Stuhle auf, bestürmte den guten Philosophen mit einer unermeßlichen Menge Kezernamen, und sprach ein Anathema nach dem andern, in seinem heiligen Eifer, über ihn aus. &#x2013; &#x201E;Sie mißverstehen mich, fiel ihm <hi rendition="#g">Elafu</hi> ein &#x2013; ich bitte Sie, mäsigen Sie sich. Ich behaupte, keine Religion macht selig, sondern allein die Tugend, die durch die Religion gewekt und ausgebildet wird.&#x201C; &#x2013; &#x201E;Da wären Sie also wieder mit Ihrem <hi rendition="#g">indiferentistischen, sozinianischen</hi> Gift, &#x2013; fuhr ihn der schäumende Prediger an; &#x2013; fort mit Ihnen, (indem er ihn beim Knopfloch faßte, und der Thüre zuzog,) fort mit Ihnen &#x2013; Sie sind auch einer von der Horde &#x2013; mit Ihnen bleib ich nicht unter einem Dach &#x2013; die Schrift sagt: einen kezerischen Menschen meide.&#x201C; &#x2013;</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[75/0079] „Sie thun mir sehr Unrecht, versezte Elafu; – nichts weniger als meine Meinung! – ich behaupte gerade das Gegenteil; ich behaupte, daß gar keine Religion selig mache!“ Der Prediger fuhr mit einem wilden Ungestümm vom Stuhle auf, bestürmte den guten Philosophen mit einer unermeßlichen Menge Kezernamen, und sprach ein Anathema nach dem andern, in seinem heiligen Eifer, über ihn aus. – „Sie mißverstehen mich, fiel ihm Elafu ein – ich bitte Sie, mäsigen Sie sich. Ich behaupte, keine Religion macht selig, sondern allein die Tugend, die durch die Religion gewekt und ausgebildet wird.“ – „Da wären Sie also wieder mit Ihrem indiferentistischen, sozinianischen Gift, – fuhr ihn der schäumende Prediger an; – fort mit Ihnen, (indem er ihn beim Knopfloch faßte, und der Thüre zuzog,) fort mit Ihnen – Sie sind auch einer von der Horde – mit Ihnen bleib ich nicht unter einem Dach – die Schrift sagt: einen kezerischen Menschen meide.“ –

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-10-29T10:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Göttinger Digitalisierungszentrum: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-10-29T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-10-29T10:30:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/pahl_philosophen_1796
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/pahl_philosophen_1796/79
Zitationshilfe: [Pahl, Johann Gottfried]: Die Philosophen aus dem Uranus. Konstantinopel, 1796, S. 75. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pahl_philosophen_1796/79>, abgerufen am 26.11.2024.