[Pahl, Johann Gottfried]: Die Philosophen aus dem Uranus. Konstantinopel, 1796.Notwendigkeit der Tugend. Ich denke, derjenige, der diesen Grundsaz fest hält, und ihm in seinen Gesinnungen und in seinem Wandel treu bleibt, ist der beste, der religiöseste, und der gottgefälligste Mann." Bei diesen Worten schlug der Prediger die Hände empor, kreuzte und segnete sich, sprang vom Stuhle auf, rief laut, daß uns die Ohren gellten: Gott! - der leibhaftige Indiferentismus! "Sind auch Sie dieser Wölfe einer, - oder sind sie einer der Verführten?" - Wir fiengen über diese komische Aeuserung des Mannes, an, zu lachen. "Ich bin weder Wolf noch Verführter, sagte Elafu, ich gehe, besonders in der Religion, gern meinen eignen Weg, ohne jemand blindlings zu folgen, aber auch ohne blinde Nachbeter in mein Gefolg zu ziehen. Doch was heißen Sie Indiferentismus?" "Indiferentismus?" - erwiederte der Prediger; - gerade Ihre Meinung; die schädlichste und abscheulichste, die je ausgehekt worden, daß nämlich jede Religion selig mache!" Notwendigkeit der Tugend. Ich denke, derjenige, der diesen Grundsaz fest hält, und ihm in seinen Gesinnungen und in seinem Wandel treu bleibt, ist der beste, der religiöseste, und der gottgefälligste Mann.“ Bei diesen Worten schlug der Prediger die Hände empor, kreuzte und segnete sich, sprang vom Stuhle auf, rief laut, daß uns die Ohren gellten: Gott! – der leibhaftige Indiferentismus! „Sind auch Sie dieser Wölfe einer, – oder sind sie einer der Verführten?“ – Wir fiengen über diese komische Aeuserung des Mannes, an, zu lachen. „Ich bin weder Wolf noch Verführter, sagte Elafu, ich gehe, besonders in der Religion, gern meinen eignen Weg, ohne jemand blindlings zu folgen, aber auch ohne blinde Nachbeter in mein Gefolg zu ziehen. Doch was heißen Sie Indiferentismus?“ „Indiferentismus?“ – erwiederte der Prediger; – gerade Ihre Meinung; die schädlichste und abscheulichste, die je ausgehekt worden, daß nämlich jede Religion selig mache!“ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0078" n="74"/> Notwendigkeit der Tugend. Ich denke, derjenige, der diesen Grundsaz fest hält, und ihm in seinen Gesinnungen und in seinem Wandel treu bleibt, ist der beste, der religiöseste, und der gottgefälligste Mann.“</p> <p>Bei diesen Worten schlug der Prediger die Hände empor, kreuzte und segnete sich, sprang vom Stuhle auf, rief laut, daß uns die Ohren gellten: Gott! – der leibhaftige Indiferentismus! „Sind auch Sie dieser Wölfe einer, – oder sind sie einer der Verführten?“ –</p> <p>Wir fiengen über diese komische Aeuserung des Mannes, an, zu lachen. „Ich bin weder Wolf noch Verführter, sagte <hi rendition="#g">Elafu</hi>, ich gehe, besonders in der Religion, gern meinen eignen Weg, ohne jemand blindlings zu folgen, aber auch ohne blinde Nachbeter in mein Gefolg zu ziehen. Doch was heißen Sie Indiferentismus?“</p> <p>„Indiferentismus?“ – erwiederte der Prediger; – gerade Ihre Meinung; die schädlichste und abscheulichste, die je ausgehekt worden, daß nämlich jede Religion selig mache!“</p> </div> </body> </text> </TEI> [74/0078]
Notwendigkeit der Tugend. Ich denke, derjenige, der diesen Grundsaz fest hält, und ihm in seinen Gesinnungen und in seinem Wandel treu bleibt, ist der beste, der religiöseste, und der gottgefälligste Mann.“
Bei diesen Worten schlug der Prediger die Hände empor, kreuzte und segnete sich, sprang vom Stuhle auf, rief laut, daß uns die Ohren gellten: Gott! – der leibhaftige Indiferentismus! „Sind auch Sie dieser Wölfe einer, – oder sind sie einer der Verführten?“ –
Wir fiengen über diese komische Aeuserung des Mannes, an, zu lachen. „Ich bin weder Wolf noch Verführter, sagte Elafu, ich gehe, besonders in der Religion, gern meinen eignen Weg, ohne jemand blindlings zu folgen, aber auch ohne blinde Nachbeter in mein Gefolg zu ziehen. Doch was heißen Sie Indiferentismus?“
„Indiferentismus?“ – erwiederte der Prediger; – gerade Ihre Meinung; die schädlichste und abscheulichste, die je ausgehekt worden, daß nämlich jede Religion selig mache!“
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Zitationshilfe: | [Pahl, Johann Gottfried]: Die Philosophen aus dem Uranus. Konstantinopel, 1796, S. 74. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pahl_philosophen_1796/78>, abgerufen am 27.07.2024. |