Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Pahl, Johann Gottfried]: Die Philosophen aus dem Uranus. Konstantinopel, 1796.

Bild:
<< vorherige Seite

Glükseligkeit von der Tugend. - An dieser alten Erklärung hängt der Prediger, den Sie heute Vormittags gehört haben, noch fest und unzertrennlich. Sie haben seinen Sinn ganz richtig aufgefaßt, und ich denke, es wird Ihnen nun begreiflich seyn, daß er Säze vortragen konnte, die der gesunden Vernunft so laut widersprechen, die aber in der That nichts weniger, als Säze aus der Religion Jesu sind."

"Von diesen finstern, dem Geiste Christi gerade zu entgegen stehenden Vorstellungen haben sich aber die meisten bessern Köpfe neuerer Zeiten, die Talente und Mut hatten, selbst zu prüfen, glüklich losgemacht; und es steht vielleicht so gar sehr lange nicht mehr an, so werden die reinern Begriffe, die so viele Jahrhunderte hindurch, von dem dichtesten Nebel umhüllt waren, eben so allgemein geltend seyn, als es die Theorie meines Herrn Amtsbruders vor hundert Jahren war: denn die Ueberzeugung breitet sich immer weiter aus, daß eine Offenbarung nichts enthalten dürfe, was die Probe

Glükseligkeit von der Tugend. – An dieser alten Erklärung hängt der Prediger, den Sie heute Vormittags gehört haben, noch fest und unzertrennlich. Sie haben seinen Sinn ganz richtig aufgefaßt, und ich denke, es wird Ihnen nun begreiflich seyn, daß er Säze vortragen konnte, die der gesunden Vernunft so laut widersprechen, die aber in der That nichts weniger, als Säze aus der Religion Jesu sind.“

„Von diesen finstern, dem Geiste Christi gerade zu entgegen stehenden Vorstellungen haben sich aber die meisten bessern Köpfe neuerer Zeiten, die Talente und Mut hatten, selbst zu prüfen, glüklich losgemacht; und es steht vielleicht so gar sehr lange nicht mehr an, so werden die reinern Begriffe, die so viele Jahrhunderte hindurch, von dem dichtesten Nebel umhüllt waren, eben so allgemein geltend seyn, als es die Theorie meines Herrn Amtsbruders vor hundert Jahren war: denn die Ueberzeugung breitet sich immer weiter aus, daß eine Offenbarung nichts enthalten dürfe, was die Probe

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0062" n="58"/>
Glükseligkeit von der Tugend. &#x2013; An dieser alten Erklärung hängt der Prediger, den Sie heute Vormittags gehört haben, noch fest und unzertrennlich. Sie haben seinen Sinn ganz richtig aufgefaßt, und ich denke, es wird Ihnen nun begreiflich seyn, daß er Säze vortragen konnte, die der gesunden Vernunft so laut widersprechen, die aber in der That nichts weniger, als Säze aus der Religion Jesu sind.&#x201C;</p>
        <p>&#x201E;Von diesen finstern, dem Geiste Christi gerade zu entgegen stehenden Vorstellungen haben sich aber die meisten bessern Köpfe neuerer Zeiten, die Talente und Mut hatten, selbst zu prüfen, glüklich losgemacht; und es steht vielleicht so gar sehr lange nicht mehr an, so werden die reinern Begriffe, die so viele Jahrhunderte hindurch, von dem dichtesten Nebel umhüllt waren, eben so allgemein geltend seyn, als es die Theorie meines Herrn Amtsbruders vor hundert Jahren war: denn die Ueberzeugung breitet sich immer weiter aus, daß eine Offenbarung nichts enthalten dürfe, was die Probe
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[58/0062] Glükseligkeit von der Tugend. – An dieser alten Erklärung hängt der Prediger, den Sie heute Vormittags gehört haben, noch fest und unzertrennlich. Sie haben seinen Sinn ganz richtig aufgefaßt, und ich denke, es wird Ihnen nun begreiflich seyn, daß er Säze vortragen konnte, die der gesunden Vernunft so laut widersprechen, die aber in der That nichts weniger, als Säze aus der Religion Jesu sind.“ „Von diesen finstern, dem Geiste Christi gerade zu entgegen stehenden Vorstellungen haben sich aber die meisten bessern Köpfe neuerer Zeiten, die Talente und Mut hatten, selbst zu prüfen, glüklich losgemacht; und es steht vielleicht so gar sehr lange nicht mehr an, so werden die reinern Begriffe, die so viele Jahrhunderte hindurch, von dem dichtesten Nebel umhüllt waren, eben so allgemein geltend seyn, als es die Theorie meines Herrn Amtsbruders vor hundert Jahren war: denn die Ueberzeugung breitet sich immer weiter aus, daß eine Offenbarung nichts enthalten dürfe, was die Probe

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-10-29T10:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Göttinger Digitalisierungszentrum: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-10-29T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-10-29T10:30:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/pahl_philosophen_1796
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/pahl_philosophen_1796/62
Zitationshilfe: [Pahl, Johann Gottfried]: Die Philosophen aus dem Uranus. Konstantinopel, 1796, S. 58. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pahl_philosophen_1796/62>, abgerufen am 03.05.2024.