Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Pahl, Johann Gottfried]: Die Philosophen aus dem Uranus. Konstantinopel, 1796.

Bild:
<< vorherige Seite

er uns, als er von Toleranz und Preßfreiheit sprach, - Ausdrücke, die wir auf dem Uranus nicht kennen, weil in der Masse unsrer Ideen, die Begriffe fehlen, die sie bezeichnen. Toleranz heißt nämlich die Duldung eines jeden Bürgers im Stat, ohne Rücksicht auf seine religiösen Ueberzeugungen, - und Preßfreiheit, die Erlaubniß alle Resultate des Forschens über Gegenstände der menschlichen Erkenntniß, laut vor dem Publikum zu sagen; - und dieß, daß man in Deutschland jene Duldung übe, und diese Erlaubniß jedermann gestatte, - rechnete er seiner Nation zur grösten Ehre, und zum sichersten Merkmal ihres hohen Kulturzustandes an. Der Mann konnte sich nicht in unsre Verwunderung über die Sonderbarkeit seiner Lobsprüche finden, und geriet in eine sichtbare Bestürzung, als wir ihm rund und frey erklärten, jene Duldung und diese Freiheit, scheinen uns dieses Posaunentones gar nicht wert zu seyn. Denn, fuhren wir fort, der Schuz des States und der Genuß der bürgerlichen Rechte, sey von den religiösen Ueberzeugungen des Menschen

er uns, als er von Toleranz und Preßfreiheit sprach, – Ausdrücke, die wir auf dem Uranus nicht kennen, weil in der Masse unsrer Ideen, die Begriffe fehlen, die sie bezeichnen. Toleranz heißt nämlich die Duldung eines jeden Bürgers im Stat, ohne Rücksicht auf seine religiösen Ueberzeugungen, – und Preßfreiheit, die Erlaubniß alle Resultate des Forschens über Gegenstände der menschlichen Erkenntniß, laut vor dem Publikum zu sagen; – und dieß, daß man in Deutschland jene Duldung übe, und diese Erlaubniß jedermann gestatte, – rechnete er seiner Nation zur grösten Ehre, und zum sichersten Merkmal ihres hohen Kulturzustandes an. Der Mann konnte sich nicht in unsre Verwunderung über die Sonderbarkeit seiner Lobsprüche finden, und geriet in eine sichtbare Bestürzung, als wir ihm rund und frey erklärten, jene Duldung und diese Freiheit, scheinen uns dieses Posaunentones gar nicht wert zu seyn. Denn, fuhren wir fort, der Schuz des States und der Genuß der bürgerlichen Rechte, sey von den religiösen Ueberzeugungen des Menschen

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0030" n="26"/>
er uns, als er von <hi rendition="#g">Toleranz</hi> und <hi rendition="#g">Preßfreiheit</hi> sprach, &#x2013; Ausdrücke, die wir auf dem <hi rendition="#g">Uranus</hi> nicht kennen, weil in der Masse unsrer Ideen, die Begriffe fehlen, die sie bezeichnen. <hi rendition="#g">Toleranz</hi> heißt nämlich die Duldung eines jeden Bürgers im Stat, ohne Rücksicht auf seine religiösen Ueberzeugungen, &#x2013; und <hi rendition="#g">Preßfreiheit</hi>, die Erlaubniß alle Resultate des Forschens über Gegenstände der menschlichen Erkenntniß, laut vor dem Publikum zu sagen; &#x2013; und dieß, daß man in Deutschland jene Duldung übe, und diese Erlaubniß jedermann gestatte, &#x2013; rechnete er seiner Nation zur grösten Ehre, und zum sichersten Merkmal ihres hohen Kulturzustandes an. Der Mann konnte sich nicht in unsre Verwunderung über die Sonderbarkeit seiner Lobsprüche finden, und geriet in eine sichtbare Bestürzung, als wir ihm rund und frey erklärten, jene Duldung und diese Freiheit, scheinen uns dieses Posaunentones gar nicht wert zu seyn. Denn, fuhren wir fort, der Schuz des States und der Genuß der bürgerlichen Rechte, sey von den religiösen Ueberzeugungen des Menschen
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[26/0030] er uns, als er von Toleranz und Preßfreiheit sprach, – Ausdrücke, die wir auf dem Uranus nicht kennen, weil in der Masse unsrer Ideen, die Begriffe fehlen, die sie bezeichnen. Toleranz heißt nämlich die Duldung eines jeden Bürgers im Stat, ohne Rücksicht auf seine religiösen Ueberzeugungen, – und Preßfreiheit, die Erlaubniß alle Resultate des Forschens über Gegenstände der menschlichen Erkenntniß, laut vor dem Publikum zu sagen; – und dieß, daß man in Deutschland jene Duldung übe, und diese Erlaubniß jedermann gestatte, – rechnete er seiner Nation zur grösten Ehre, und zum sichersten Merkmal ihres hohen Kulturzustandes an. Der Mann konnte sich nicht in unsre Verwunderung über die Sonderbarkeit seiner Lobsprüche finden, und geriet in eine sichtbare Bestürzung, als wir ihm rund und frey erklärten, jene Duldung und diese Freiheit, scheinen uns dieses Posaunentones gar nicht wert zu seyn. Denn, fuhren wir fort, der Schuz des States und der Genuß der bürgerlichen Rechte, sey von den religiösen Ueberzeugungen des Menschen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-10-29T10:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Göttinger Digitalisierungszentrum: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-10-29T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-10-29T10:30:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/pahl_philosophen_1796
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/pahl_philosophen_1796/30
Zitationshilfe: [Pahl, Johann Gottfried]: Die Philosophen aus dem Uranus. Konstantinopel, 1796, S. 26. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pahl_philosophen_1796/30>, abgerufen am 23.11.2024.