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Pahl, Johann Gottfried: Wohlgemeyntes, in Vernunft und Schrift bestgegründetes, jedoch unmaaßgebliches Gutachten, über die Wahlfähigkeit eines Landtagsdeputirten in Wirtemberg. 1797.

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Gaumen haben, als die Jünglinge, - so heirathete er eine derbe, rasche Predigerstochter aus der Reichsstadt Reutlingen, und brachte auf diese Weise eine französische Haube weiter in die kleine Stadt. So gleich gab es Spahe und Irrungen über die Maaßen, zwischen der neuen Madame Wurstsak, und der Frau Exmagisterinn, und da die Weiber die Herzen der Männer leiten, wie die Wasserbäche, so hatte auch die Eintracht der beyden Herrn ein baldiges Ende.

Eine jede von diesen beyden Frauen wollte mehr seyn, und mehr gelten, als die andere, und da erhub sich zwischen ihnen eine Eifersucht, die oft bis zu den unanständigsten Thätlichkeiten ausbrach. Jede wollte die artigste und die geschmakvollste, jede die schönste und die liebenswürdigste seyn; und doch waren sie beyde so häßlich, daß man sich bey ihrem Anblicke der Vermuthung nicht erwehren konnte, ob nicht hier die Natur ein Paar Fratzengesichter aus Hausleutners Gallerie der Nationen haben kopiren wollen? - "Sie ist" sprach die

Gaumen haben, als die Jünglinge, – so heirathete er eine derbe, rasche Predigerstochter aus der Reichsstadt Reutlingen, und brachte auf diese Weise eine französische Haube weiter in die kleine Stadt. So gleich gab es Spahe und Irrungen über die Maaßen, zwischen der neuen Madame Wurstsak, und der Frau Exmagisterinn, und da die Weiber die Herzen der Männer leiten, wie die Wasserbäche, so hatte auch die Eintracht der beyden Herrn ein baldiges Ende.

Eine jede von diesen beyden Frauen wollte mehr seyn, und mehr gelten, als die andere, und da erhub sich zwischen ihnen eine Eifersucht, die oft bis zu den unanständigsten Thätlichkeiten ausbrach. Jede wollte die artigste und die geschmakvollste, jede die schönste und die liebenswürdigste seyn; und doch waren sie beyde so häßlich, daß man sich bey ihrem Anblicke der Vermuthung nicht erwehren konnte, ob nicht hier die Natur ein Paar Fratzengesichter aus Hausleutners Gallerie der Nationen haben kopiren wollen? – „Sie ist“ sprach die

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[14/0014] Gaumen haben, als die Jünglinge, – so heirathete er eine derbe, rasche Predigerstochter aus der Reichsstadt Reutlingen, und brachte auf diese Weise eine französische Haube weiter in die kleine Stadt. So gleich gab es Spahe und Irrungen über die Maaßen, zwischen der neuen Madame Wurstsak, und der Frau Exmagisterinn, und da die Weiber die Herzen der Männer leiten, wie die Wasserbäche, so hatte auch die Eintracht der beyden Herrn ein baldiges Ende. Eine jede von diesen beyden Frauen wollte mehr seyn, und mehr gelten, als die andere, und da erhub sich zwischen ihnen eine Eifersucht, die oft bis zu den unanständigsten Thätlichkeiten ausbrach. Jede wollte die artigste und die geschmakvollste, jede die schönste und die liebenswürdigste seyn; und doch waren sie beyde so häßlich, daß man sich bey ihrem Anblicke der Vermuthung nicht erwehren konnte, ob nicht hier die Natur ein Paar Fratzengesichter aus Hausleutners Gallerie der Nationen haben kopiren wollen? – „Sie ist“ sprach die

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Zitationshilfe: Pahl, Johann Gottfried: Wohlgemeyntes, in Vernunft und Schrift bestgegründetes, jedoch unmaaßgebliches Gutachten, über die Wahlfähigkeit eines Landtagsdeputirten in Wirtemberg. 1797, S. 14. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pahl_gutachten_1797/14>, abgerufen am 24.11.2024.