[Pahl, Johann Gottfried]: Geheimnisse eines mehr als fünfzigjährigen wirtembergischen Staatsmannes. [Heilbronn], 1799.zehnmal stärkeres Aufgebot, vor einer noch zehnmal schwächern Miliz, zerstiebt, wie Spreu. Der gemeine Mann zweifelte sehr daran, daß er verbunden sey, sich für seinen Fürsten aufzuopfern; denn er glaubte noch immer, der Krieg der Republikaner sey nur gegen die Schlösser; und in jedem Falle, war das Leben eben doch das Edelste. Diese Stimmung war so allgemein, daß man tausend gegen eines setzen konnte, daß die Mannschaft, wenn einst der Aufruf an sie ergienge, nicht einmal in Bewegung gebracht werden dürfte. Das nämliche galt auch von der Landmiliz. Die Einrichtung dieses Korps hatte wesentliche Fehler, und es lag schon in seiner Natur daß bey demselben Ordnung und Gehorsam nie erhalten werden konnte, ohne welche jede militärische Anstalt, wenn sie etwas mehr als Parade bezweckt, unnütz ist. Zum Glücke lag ein Rheinübergang damals noch nicht in dem Plane der Franzosen. Die Anstalten begannen deßhalb zu erlahmen. Man trieb die Uebungen der Landmiliz zehnmal stärkeres Aufgebot, vor einer noch zehnmal schwächern Miliz, zerstiebt, wie Spreu. Der gemeine Mann zweifelte sehr daran, daß er verbunden sey, sich für seinen Fürsten aufzuopfern; denn er glaubte noch immer, der Krieg der Republikaner sey nur gegen die Schlösser; und in jedem Falle, war das Leben eben doch das Edelste. Diese Stimmung war so allgemein, daß man tausend gegen eines setzen konnte, daß die Mannschaft, wenn einst der Aufruf an sie ergienge, nicht einmal in Bewegung gebracht werden dürfte. Das nämliche galt auch von der Landmiliz. Die Einrichtung dieses Korps hatte wesentliche Fehler, und es lag schon in seiner Natur daß bey demselben Ordnung und Gehorsam nie erhalten werden konnte, ohne welche jede militärische Anstalt, wenn sie etwas mehr als Parade bezweckt, unnütz ist. Zum Glücke lag ein Rheinübergang damals noch nicht in dem Plane der Franzosen. Die Anstalten begannen deßhalb zu erlahmen. Man trieb die Uebungen der Landmiliz <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0096" n="96"/> zehnmal stärkeres Aufgebot, vor einer noch zehnmal schwächern Miliz, zerstiebt, wie Spreu. Der gemeine Mann zweifelte sehr daran, daß er verbunden sey, sich für seinen Fürsten aufzuopfern; denn er glaubte noch immer, der Krieg der Republikaner sey nur gegen die Schlösser; und in jedem Falle, war das Leben eben doch das Edelste. Diese Stimmung war so allgemein, daß man tausend gegen eines setzen konnte, daß die Mannschaft, wenn einst der Aufruf an sie ergienge, nicht einmal in Bewegung gebracht werden dürfte. Das nämliche galt auch von der Landmiliz. Die Einrichtung dieses Korps hatte wesentliche Fehler, und es lag schon in seiner Natur daß bey demselben Ordnung und Gehorsam nie erhalten werden konnte, ohne welche jede militärische Anstalt, wenn sie etwas mehr als Parade bezweckt, unnütz ist. Zum Glücke lag ein Rheinübergang damals noch nicht in dem Plane der Franzosen. Die Anstalten begannen deßhalb zu erlahmen. Man trieb die Uebungen der Landmiliz </p> </div> </body> </text> </TEI> [96/0096]
zehnmal stärkeres Aufgebot, vor einer noch zehnmal schwächern Miliz, zerstiebt, wie Spreu. Der gemeine Mann zweifelte sehr daran, daß er verbunden sey, sich für seinen Fürsten aufzuopfern; denn er glaubte noch immer, der Krieg der Republikaner sey nur gegen die Schlösser; und in jedem Falle, war das Leben eben doch das Edelste. Diese Stimmung war so allgemein, daß man tausend gegen eines setzen konnte, daß die Mannschaft, wenn einst der Aufruf an sie ergienge, nicht einmal in Bewegung gebracht werden dürfte. Das nämliche galt auch von der Landmiliz. Die Einrichtung dieses Korps hatte wesentliche Fehler, und es lag schon in seiner Natur daß bey demselben Ordnung und Gehorsam nie erhalten werden konnte, ohne welche jede militärische Anstalt, wenn sie etwas mehr als Parade bezweckt, unnütz ist. Zum Glücke lag ein Rheinübergang damals noch nicht in dem Plane der Franzosen. Die Anstalten begannen deßhalb zu erlahmen. Man trieb die Uebungen der Landmiliz
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Zitationshilfe: | [Pahl, Johann Gottfried]: Geheimnisse eines mehr als fünfzigjährigen wirtembergischen Staatsmannes. [Heilbronn], 1799, S. 96. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pahl_geheimnisse_1797/96>, abgerufen am 16.02.2025. |