Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Pahl, Johann Gottfried: Bertha von Wöllstein. Eine Reihe von Briefen aus dem Mittelalter. Nördlingen, 1794.

Bild:
<< vorherige Seite

liebe Bertha! und ließ meiner brünstigen Liebe zu ihm freien Lauf, weil er doch nun mein Mann war. Ich überredete mich, mein Vater werde durch Krafts Vorstellungen besänftigt, sein Jawort geben, und war deß so sicher, daß ich allmählich ganz froh und lustig wurde, und ihn in hoher Wonne umarmte und küßte. Ich mußt' ihm all' meine Noth wegen des Klosters erzählen, und er erzählte mir, wie er mit Kraften den Anschlag zur Entführung gefaßt, und mit dem Entschluß ausgezogen sey, entweder das Fräulein heimzuführen, oder zu sterben. Er gieng mit mir in der ganzen Burg herum, zeigte mir seine Pferde, sein Vieh, und die Rüstkammer, und erklärte mir, welch frohes und glükliches Leben in der Zukunft unsrer warte, wenn erst Friede und Ruhe hergestellt seyn würde. Darob vergaß ich alles, was mich zuvor betrübt hatte, und freute mich meines tapfern und frommen Ritters.

Aber all' die eitlen Hofnungen, die ich mir leichten Sinnes gemacht hatte, verschwanden wie Wasserblasen, als Kraft abends

liebe Bertha! und ließ meiner brünstigen Liebe zu ihm freien Lauf, weil er doch nun mein Mann war. Ich überredete mich, mein Vater werde durch Krafts Vorstellungen besänftigt, sein Jawort geben, und war deß so sicher, daß ich allmählich ganz froh und lustig wurde, und ihn in hoher Wonne umarmte und küßte. Ich mußt’ ihm all’ meine Noth wegen des Klosters erzählen, und er erzählte mir, wie er mit Kraften den Anschlag zur Entführung gefaßt, und mit dem Entschluß ausgezogen sey, entweder das Fräulein heimzuführen, oder zu sterben. Er gieng mit mir in der ganzen Burg herum, zeigte mir seine Pferde, sein Vieh, und die Rüstkammer, und erklärte mir, welch frohes und glükliches Leben in der Zukunft unsrer warte, wenn erst Friede und Ruhe hergestellt seyn würde. Darob vergaß ich alles, was mich zuvor betrübt hatte, und freute mich meines tapfern und frommen Ritters.

Aber all’ die eitlen Hofnungen, die ich mir leichten Sinnes gemacht hatte, verschwanden wie Wasserblasen, als Kraft abends

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0075" n="71"/><hi rendition="#g">liebe Bertha</hi>! und ließ meiner brünstigen Liebe zu ihm freien Lauf, weil er doch nun mein Mann war. Ich überredete mich, mein Vater werde durch <hi rendition="#g">Krafts</hi> Vorstellungen besänftigt, sein Jawort geben, und war deß so sicher, daß ich allmählich ganz froh und lustig wurde, und ihn in hoher Wonne umarmte und küßte. Ich mußt&#x2019; ihm all&#x2019; meine Noth wegen des Klosters erzählen, und er erzählte mir, wie er mit <hi rendition="#g">Kraften</hi> den Anschlag zur Entführung gefaßt, und mit dem Entschluß ausgezogen sey, entweder das Fräulein heimzuführen, oder zu sterben. Er gieng mit mir in der ganzen Burg herum, zeigte mir seine Pferde, sein Vieh, und die Rüstkammer, und erklärte mir, welch frohes und glükliches Leben in der Zukunft unsrer warte, wenn erst Friede und Ruhe hergestellt seyn würde. Darob vergaß ich alles, was mich zuvor betrübt hatte, und freute mich meines tapfern und frommen Ritters.</p>
          <p>Aber all&#x2019; die eitlen Hofnungen, die ich mir leichten Sinnes gemacht hatte, verschwanden wie Wasserblasen, als <hi rendition="#g">Kraft</hi> abends
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[71/0075] liebe Bertha! und ließ meiner brünstigen Liebe zu ihm freien Lauf, weil er doch nun mein Mann war. Ich überredete mich, mein Vater werde durch Krafts Vorstellungen besänftigt, sein Jawort geben, und war deß so sicher, daß ich allmählich ganz froh und lustig wurde, und ihn in hoher Wonne umarmte und küßte. Ich mußt’ ihm all’ meine Noth wegen des Klosters erzählen, und er erzählte mir, wie er mit Kraften den Anschlag zur Entführung gefaßt, und mit dem Entschluß ausgezogen sey, entweder das Fräulein heimzuführen, oder zu sterben. Er gieng mit mir in der ganzen Burg herum, zeigte mir seine Pferde, sein Vieh, und die Rüstkammer, und erklärte mir, welch frohes und glükliches Leben in der Zukunft unsrer warte, wenn erst Friede und Ruhe hergestellt seyn würde. Darob vergaß ich alles, was mich zuvor betrübt hatte, und freute mich meines tapfern und frommen Ritters. Aber all’ die eitlen Hofnungen, die ich mir leichten Sinnes gemacht hatte, verschwanden wie Wasserblasen, als Kraft abends

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-10-29T10:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-10-29T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-10-29T10:30:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/pahl_bertha_1794
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/pahl_bertha_1794/75
Zitationshilfe: Pahl, Johann Gottfried: Bertha von Wöllstein. Eine Reihe von Briefen aus dem Mittelalter. Nördlingen, 1794, S. 71. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pahl_bertha_1794/75>, abgerufen am 21.11.2024.