Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Pahl, Johann Gottfried: Bertha von Wöllstein. Eine Reihe von Briefen aus dem Mittelalter. Nördlingen, 1794.

Bild:
<< vorherige Seite

nicht länger den Tempel des heiligen Geistes." Darob erschrak ich, daß mir die Füsse brachen, und sank vor dem Stuhle nieder.

Mein Vater, dem die Weise des Pfaffen auch nicht behagen mochte, drükte ihn mit der Hand zurüke, und stellte sich mit einem schreklichen Ernst, und mit funkelnden Augen vor mich hin. "Es bedarf nun weiter, sagte er, keine Umschweife mehr; kurz - du mußt ins Kloster, du magst dich widersetzen, wie du willst. Um deines Eigensinns willen, soll meine Seele keinen Schaden leiden." Er ergrief den Pfaffen beim Aermel, zog ihn mit sich zur Kammer hinaus, und schlug die Thüre zu, daß die Wände zitterten.

Ich war froh, daß ich wieder allein war, und mich den Ausbrüchen meines Kummers ungehemmt überlassen konnte. Ich legte mich wieder auf das Bett nieder, und weinte, betete, seufzte, und schrie auch wohl gar laut auf, je nachdem eine Empfindung mein peinvolles Herz durchkreuzte. Allmählich sank ich in eine gewisse gefühllose Stumpfheit des Geistes,

nicht länger den Tempel des heiligen Geistes.“ Darob erschrak ich, daß mir die Füsse brachen, und sank vor dem Stuhle nieder.

Mein Vater, dem die Weise des Pfaffen auch nicht behagen mochte, drükte ihn mit der Hand zurüke, und stellte sich mit einem schreklichen Ernst, und mit funkelnden Augen vor mich hin. „Es bedarf nun weiter, sagte er, keine Umschweife mehr; kurz – du mußt ins Kloster, du magst dich widersetzen, wie du willst. Um deines Eigensinns willen, soll meine Seele keinen Schaden leiden.“ Er ergrief den Pfaffen beim Aermel, zog ihn mit sich zur Kammer hinaus, und schlug die Thüre zu, daß die Wände zitterten.

Ich war froh, daß ich wieder allein war, und mich den Ausbrüchen meines Kummers ungehemmt überlassen konnte. Ich legte mich wieder auf das Bett nieder, und weinte, betete, seufzte, und schrie auch wohl gar laut auf, je nachdem eine Empfindung mein peinvolles Herz durchkreuzte. Allmählich sank ich in eine gewisse gefühllose Stumpfheit des Geistes,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0052" n="48"/>
nicht länger den Tempel des heiligen Geistes.&#x201C; Darob erschrak ich, daß mir die Füsse brachen, und sank vor dem Stuhle nieder.</p>
          <p>Mein Vater, dem die Weise des Pfaffen auch nicht behagen mochte, drükte ihn mit der Hand zurüke, und stellte sich mit einem schreklichen Ernst, und mit funkelnden Augen vor mich hin. &#x201E;Es bedarf nun weiter, sagte er, keine Umschweife mehr; kurz &#x2013; du mußt ins Kloster, du magst dich widersetzen, wie du willst. Um deines Eigensinns willen, soll meine Seele keinen Schaden leiden.&#x201C; Er ergrief den Pfaffen beim Aermel, zog ihn mit sich zur Kammer hinaus, und schlug die Thüre zu, daß die Wände zitterten.</p>
          <p>Ich war froh, daß ich wieder allein war, und mich den Ausbrüchen meines Kummers ungehemmt überlassen konnte. Ich legte mich wieder auf das Bett nieder, und weinte, betete, seufzte, und schrie auch wohl gar laut auf, je nachdem eine Empfindung mein peinvolles Herz durchkreuzte. Allmählich sank ich in eine gewisse gefühllose Stumpfheit des Geistes,
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[48/0052] nicht länger den Tempel des heiligen Geistes.“ Darob erschrak ich, daß mir die Füsse brachen, und sank vor dem Stuhle nieder. Mein Vater, dem die Weise des Pfaffen auch nicht behagen mochte, drükte ihn mit der Hand zurüke, und stellte sich mit einem schreklichen Ernst, und mit funkelnden Augen vor mich hin. „Es bedarf nun weiter, sagte er, keine Umschweife mehr; kurz – du mußt ins Kloster, du magst dich widersetzen, wie du willst. Um deines Eigensinns willen, soll meine Seele keinen Schaden leiden.“ Er ergrief den Pfaffen beim Aermel, zog ihn mit sich zur Kammer hinaus, und schlug die Thüre zu, daß die Wände zitterten. Ich war froh, daß ich wieder allein war, und mich den Ausbrüchen meines Kummers ungehemmt überlassen konnte. Ich legte mich wieder auf das Bett nieder, und weinte, betete, seufzte, und schrie auch wohl gar laut auf, je nachdem eine Empfindung mein peinvolles Herz durchkreuzte. Allmählich sank ich in eine gewisse gefühllose Stumpfheit des Geistes,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-10-29T10:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-10-29T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-10-29T10:30:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/pahl_bertha_1794
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/pahl_bertha_1794/52
Zitationshilfe: Pahl, Johann Gottfried: Bertha von Wöllstein. Eine Reihe von Briefen aus dem Mittelalter. Nördlingen, 1794, S. 48. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pahl_bertha_1794/52>, abgerufen am 21.11.2024.