Pahl, Johann Gottfried: Bertha von Wöllstein. Eine Reihe von Briefen aus dem Mittelalter. Nördlingen, 1794.widerwärtiges zu hinterbringen hat. Ein Leutpriester von Ellwangen, der erst angekommen seyn mochte, saß bei ihm auf der Bank. "Heute, sprach mein Vater, indem er mich bei der Hand faßte, ich aber angstvoll zitterte, heute, Bertha! ist Albani Tag, und heute bist du neunzehn Jahr alt. Du weißt, wie schmerzhaft du mir und deiner seligen Mutter geworden bist. Sie gebahr dich mir, um sich selbst von mir zu trennen." Hier fieng ich überlaut an zu weinen. - "Ich glaubte schon, sie sey dem Tod entrissen; aber sie fühlte es besser als wir, daß sie schon in seinen Händen sey. Ich kam vier Tage und vier Nächte nicht von ihrem Bette." "Bleibe bei mir, sagte sie, Hans! du wirst mich so nicht mehr lange haben! Hans, ich sterbe!" "und am fünften Tage, als die Sonne aufgieng, verschied sie. In dieser letzten Nacht - ach! es war mir eine schwere, kummervolle Nacht! - hieß sie die Leute alle hinausgehen, und mich allein bleiben." "Hans, sprach sie, versprich mir nur noch eins, eh' widerwärtiges zu hinterbringen hat. Ein Leutpriester von Ellwangen, der erst angekommen seyn mochte, saß bei ihm auf der Bank. „Heute, sprach mein Vater, indem er mich bei der Hand faßte, ich aber angstvoll zitterte, heute, Bertha! ist Albani Tag, und heute bist du neunzehn Jahr alt. Du weißt, wie schmerzhaft du mir und deiner seligen Mutter geworden bist. Sie gebahr dich mir, um sich selbst von mir zu trennen.“ Hier fieng ich überlaut an zu weinen. – „Ich glaubte schon, sie sey dem Tod entrissen; aber sie fühlte es besser als wir, daß sie schon in seinen Händen sey. Ich kam vier Tage und vier Nächte nicht von ihrem Bette.“ „Bleibe bei mir, sagte sie, Hans! du wirst mich so nicht mehr lange haben! Hans, ich sterbe!“ „und am fünften Tage, als die Sonne aufgieng, verschied sie. In dieser letzten Nacht – ach! es war mir eine schwere, kummervolle Nacht! – hieß sie die Leute alle hinausgehen, und mich allein bleiben.“ „Hans, sprach sie, versprich mir nur noch eins, eh’ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0042" n="38"/> widerwärtiges zu hinterbringen hat. Ein Leutpriester von <hi rendition="#g">Ellwangen</hi>, der erst angekommen seyn mochte, saß bei ihm auf der Bank.</p> <p>„Heute, sprach mein Vater, indem er mich bei der Hand faßte, ich aber angstvoll zitterte, heute, <hi rendition="#g">Bertha</hi>! ist <hi rendition="#g">Albani</hi> Tag, und heute bist du neunzehn Jahr alt. Du weißt, wie schmerzhaft du mir und deiner seligen Mutter geworden bist. Sie gebahr dich mir, um sich selbst von mir zu trennen.“ Hier fieng ich überlaut an zu weinen. – „Ich glaubte schon, sie sey dem Tod entrissen; aber sie fühlte es besser als wir, daß sie schon in seinen Händen sey. Ich kam vier Tage und vier Nächte nicht von ihrem Bette.“ „Bleibe bei mir, sagte sie, <hi rendition="#g">Hans</hi>! du wirst mich so nicht mehr lange haben! <hi rendition="#g">Hans</hi>, ich sterbe!“ „und am fünften Tage, als die Sonne aufgieng, verschied sie. In dieser letzten Nacht – ach! es war mir eine schwere, kummervolle Nacht! – hieß sie die Leute alle hinausgehen, und mich allein bleiben.“ „<hi rendition="#g">Hans</hi>, sprach sie, versprich mir nur noch eins, eh’ </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [38/0042]
widerwärtiges zu hinterbringen hat. Ein Leutpriester von Ellwangen, der erst angekommen seyn mochte, saß bei ihm auf der Bank.
„Heute, sprach mein Vater, indem er mich bei der Hand faßte, ich aber angstvoll zitterte, heute, Bertha! ist Albani Tag, und heute bist du neunzehn Jahr alt. Du weißt, wie schmerzhaft du mir und deiner seligen Mutter geworden bist. Sie gebahr dich mir, um sich selbst von mir zu trennen.“ Hier fieng ich überlaut an zu weinen. – „Ich glaubte schon, sie sey dem Tod entrissen; aber sie fühlte es besser als wir, daß sie schon in seinen Händen sey. Ich kam vier Tage und vier Nächte nicht von ihrem Bette.“ „Bleibe bei mir, sagte sie, Hans! du wirst mich so nicht mehr lange haben! Hans, ich sterbe!“ „und am fünften Tage, als die Sonne aufgieng, verschied sie. In dieser letzten Nacht – ach! es war mir eine schwere, kummervolle Nacht! – hieß sie die Leute alle hinausgehen, und mich allein bleiben.“ „Hans, sprach sie, versprich mir nur noch eins, eh’
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax.
(2012-10-29T10:30:31Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2012-10-29T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat.
(2012-10-29T10:30:31Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |