Pachelbel-Gehag, Johann Christoph von: Ausführliche Beschreibung Des Fichtel-Berges, Jn Norgau liegend. Leipzig, 1716.Beschreibung des Fichtelbergs. den Fichtelberg zu finden; zumahlen ist N. wegen der Zaubereysehr beschriehen/ und welches nachdencklich/ findet man unter dem Weibes-Volck daselbst kaum eine einige/ die nicht einen Fehler oder Gebrechen irgendwo am Leib habe/ dann sie haben entweder Kröpf- fe am Halß/ oder es fehlet ihnen an Augen/ Ohren/ Händen oder Füßen etwas/ oder sie haben wenigstens genug Wartzen und Krä- hen-Augen an sich. Wegen der Rauhigkeit so wohl der Menschen/Warum sie die kleine Tartarey genennet wird? als der Gelegenheit des Orts wird diese Gegend von vielen die klei- ne Tartarey oder Türckey genennet. Es ist auch gewiß/ daß ob wohl diese 2. Dörffer mehr gegen Süd-Westen liegen/ als Wun- sidel und Weissenstadt/ welche in Ansehen derselben besser Nord- und Ostwärts liegen/ gleichwohl die Erndte mehrentheils gantzerSpäte Erndte da- selbst. 14. Tage/ ja gar sehr offt 4. völlige Wochen später in jenen als die- sen sich ereignet/ ungeachtet die Situation theils nur eine/ theils an- derthalb Meilen von einander entfernet. Diese späte Erndte trä- get sich zwar mehrmahlen auch in andern Dörffern nahe am Ge- bürg/ und mithin auch selbst zu Bischoffsgrün nicht selten zu. Ob nun schon die Nitrosisch- und Schwefelische Dämpffe viele Entzün-Viel Blitz/ Donner/ und Hagel in der Fichtelber- gischen Ge- gend. dungen/ Blitz/ Donner/ Hagel/etc. in der Fichtelbergischen Lufft verursachen/ so giebt doch die Erfahrung/ daß nichts desto minder dieselbe gesund und selten von bösen Dünsten inficirt ist/ welches end- lich auch kein Wunder: Dann Salpeter und Schwefel sind jedes vor sich gar heilsame und in der Artzney-Kunst unentbehrliche Mit-Warum des- sen ungeach- tet dannoch die Lufft gesund? tel/ wann sie aber zusammen aufs genauste vereinigt werden/ so ent- stehet ebenfalls daraus ein gar nützliches und zu aller dreyer Rei- chen Fruchtbarkeit sehr dienliches Sulphurisch-Laugenhafftes Saltz/ ob gleich unter währender Vereinigung wegen Hinausstossung der flüchtig sauern und untermischten Mercurialischen wässerigen Gei- ster ein solcher Tumult und Getöß oder Donnern und Blitzen so wohl in der Natur und Lufft/ als auch in der Kunst der Artzneyi-Thau/ Regen/ Schnee und Eiß. schen Bereitung erreget wird. Gleichwie es aber im Sommer Thau/ und Regen zur Genüge giebt/ also fehlet es auch im Winter an Schnee und Eiß nicht. Der Frühling und Herbst geben Reiff und Nebel nebst der Sultzichten Materie der Stern-Geschoßen/ daReiff und Nebel. statt dieser hingegen der Sommer offt gar häuffig das so genannteStern-Ge- schoß. gelbe R
Beſchreibung des Fichtelbergs. den Fichtelberg zu finden; zumahlen iſt N. wegen der Zaubereyſehr beſchriehen/ und welches nachdencklich/ findet man unter dem Weibes-Volck daſelbſt kaum eine einige/ die nicht einen Fehler oder Gebrechen irgendwo am Leib habe/ dann ſie haben entweder Kroͤpf- fe am Halß/ oder es fehlet ihnen an Augen/ Ohren/ Haͤnden oder Fuͤßen etwas/ oder ſie haben wenigſtens genug Wartzen und Kraͤ- hen-Augen an ſich. Wegen der Rauhigkeit ſo wohl der Menſchen/Warum ſie die kleine Tartarey genennet wird? als der Gelegenheit des Orts wird dieſe Gegend von vielen die klei- ne Tartarey oder Tuͤrckey genennet. Es iſt auch gewiß/ daß ob wohl dieſe 2. Doͤrffer mehr gegen Suͤd-Weſten liegen/ als Wun- ſidel und Weiſſenſtadt/ welche in Anſehen derſelben beſſer Nord- und Oſtwaͤrts liegen/ gleichwohl die Erndte mehrentheils gantzerSpaͤte Erndte da- ſelbſt. 14. Tage/ ja gar ſehr offt 4. voͤllige Wochen ſpaͤter in jenen als die- ſen ſich ereignet/ ungeachtet die Situation theils nur eine/ theils an- derthalb Meilen von einander entfernet. Dieſe ſpaͤte Erndte traͤ- get ſich zwar mehrmahlen auch in andern Doͤrffern nahe am Ge- buͤrg/ und mithin auch ſelbſt zu Biſchoffsgruͤn nicht ſelten zu. Ob nun ſchon die Nitroſiſch- und Schwefeliſche Daͤmpffe viele Entzuͤn-Viel Blitz/ Donneꝛ/ und Hagel in der Fichtelber- giſchen Ge- gend. dungen/ Blitz/ Donner/ Hagel/ꝛc. in der Fichtelbergiſchen Lufft verurſachen/ ſo giebt doch die Erfahrung/ daß nichts deſto minder dieſelbe geſund und ſelten von boͤſen Duͤnſten inficirt iſt/ welches end- lich auch kein Wunder: Dann Salpeter und Schwefel ſind jedes vor ſich gar heilſame und in der Artzney-Kunſt unentbehrliche Mit-Warum deſ- ſen ungeach- tet dannoch die Lufft geſund? tel/ wann ſie aber zuſammen aufs genauſte vereinigt werden/ ſo ent- ſtehet ebenfalls daraus ein gar nuͤtzliches und zu aller dreyer Rei- chen Fruchtbarkeit ſehr dienliches Sulphuriſch-Laugenhafftes Saltz/ ob gleich unter waͤhrender Vereinigung wegen Hinausſtoſſung der fluͤchtig ſauern und untermiſchten Mercurialiſchen waͤſſerigen Gei- ſter ein ſolcher Tumult und Getoͤß oder Donnern und Blitzen ſo wohl in der Natur und Lufft/ als auch in der Kunſt der Artzneyi-Thau/ Regen/ Schnee und Eiß. ſchen Bereitung erreget wird. Gleichwie es aber im Sommer Thau/ und Regen zur Genuͤge giebt/ alſo fehlet es auch im Winter an Schnee und Eiß nicht. Der Fruͤhling und Herbſt geben Reiff und Nebel nebſt der Sultzichten Materie der Stern-Geſchoßen/ daReiff und Nebel. ſtatt dieſer hingegen der Sommer offt gar haͤuffig das ſo genannteStern-Ge- ſchoß. gelbe R
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Beſchreibung des Fichtelbergs.
den Fichtelberg zu finden; zumahlen iſt N. wegen der Zauberey
ſehr beſchriehen/ und welches nachdencklich/ findet man unter dem
Weibes-Volck daſelbſt kaum eine einige/ die nicht einen Fehler oder
Gebrechen irgendwo am Leib habe/ dann ſie haben entweder Kroͤpf-
fe am Halß/ oder es fehlet ihnen an Augen/ Ohren/ Haͤnden oder
Fuͤßen etwas/ oder ſie haben wenigſtens genug Wartzen und Kraͤ-
hen-Augen an ſich. Wegen der Rauhigkeit ſo wohl der Menſchen/
als der Gelegenheit des Orts wird dieſe Gegend von vielen die klei-
ne Tartarey oder Tuͤrckey genennet. Es iſt auch gewiß/ daß ob
wohl dieſe 2. Doͤrffer mehr gegen Suͤd-Weſten liegen/ als Wun-
ſidel und Weiſſenſtadt/ welche in Anſehen derſelben beſſer Nord-
und Oſtwaͤrts liegen/ gleichwohl die Erndte mehrentheils gantzer
14. Tage/ ja gar ſehr offt 4. voͤllige Wochen ſpaͤter in jenen als die-
ſen ſich ereignet/ ungeachtet die Situation theils nur eine/ theils an-
derthalb Meilen von einander entfernet. Dieſe ſpaͤte Erndte traͤ-
get ſich zwar mehrmahlen auch in andern Doͤrffern nahe am Ge-
buͤrg/ und mithin auch ſelbſt zu Biſchoffsgruͤn nicht ſelten zu. Ob
nun ſchon die Nitroſiſch- und Schwefeliſche Daͤmpffe viele Entzuͤn-
dungen/ Blitz/ Donner/ Hagel/ꝛc. in der Fichtelbergiſchen Lufft
verurſachen/ ſo giebt doch die Erfahrung/ daß nichts deſto minder
dieſelbe geſund und ſelten von boͤſen Duͤnſten inficirt iſt/ welches end-
lich auch kein Wunder: Dann Salpeter und Schwefel ſind jedes
vor ſich gar heilſame und in der Artzney-Kunſt unentbehrliche Mit-
tel/ wann ſie aber zuſammen aufs genauſte vereinigt werden/ ſo ent-
ſtehet ebenfalls daraus ein gar nuͤtzliches und zu aller dreyer Rei-
chen Fruchtbarkeit ſehr dienliches Sulphuriſch-Laugenhafftes Saltz/
ob gleich unter waͤhrender Vereinigung wegen Hinausſtoſſung der
fluͤchtig ſauern und untermiſchten Mercurialiſchen waͤſſerigen Gei-
ſter ein ſolcher Tumult und Getoͤß oder Donnern und Blitzen ſo
wohl in der Natur und Lufft/ als auch in der Kunſt der Artzneyi-
ſchen Bereitung erreget wird. Gleichwie es aber im Sommer
Thau/ und Regen zur Genuͤge giebt/ alſo fehlet es auch im Winter
an Schnee und Eiß nicht. Der Fruͤhling und Herbſt geben Reiff
und Nebel nebſt der Sultzichten Materie der Stern-Geſchoßen/ da
ſtatt dieſer hingegen der Sommer offt gar haͤuffig das ſo genannte
gelbe
Warum ſie
die kleine
Tartarey
genennet
wird?
Spaͤte
Erndte da-
ſelbſt.
Viel Blitz/
Donneꝛ/ und
Hagel in der
Fichtelber-
giſchen Ge-
gend.
Warum deſ-
ſen ungeach-
tet dannoch
die Lufft
geſund?
Thau/
Regen/
Schnee und
Eiß.
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Nebel.
Stern-Ge-
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Zitationshilfe: | Pachelbel-Gehag, Johann Christoph von: Ausführliche Beschreibung Des Fichtel-Berges, Jn Norgau liegend. Leipzig, 1716, S. 129. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pachelbel_fichtelberg_1716/164>, abgerufen am 16.02.2025. |