Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Otto, Louise: Schloß und Fabrik, Bd. 3. Leipzig, 1846.

Bild:
<< vorherige Seite

"welches Aarens in mich setzt -- aber der Wunsch, Ihnen, theurer Freund, einen Dienst leisten zu können, läßt mich alle andern Rücksichten vergessen."

"Ich bitte," antwortete Jaromir kalt und stolz, "beschweren Sie meinetwegen Ihr Gewissen nicht."

"Sie werden bald anders denken -- Aarens flüsterte mir zu, daß er gestern vom Grafen Hohenthal und seiner Gemahlin das Jawort zu einer Verbindung mit ihrer Tochter erhalten habe."

"Wie? -- Das ist nicht möglich!"

"Er versichert es auf seine Ehre."

"Das ist seine gewöhnliche Redensart."

"Aber bedenken Sie, Graf."

"Es ist unmöglich! Das ist Alles, was ich bedenken kann!"

"Dennoch -- bedenken Sie -- wie kann er heute erzählen, was ihn, wenn er es widerrufen müßte, in den Augen aller Welt lächerlich machte? -- Dazu ist er viel zu stolz und eitel."

"Seine Eitelkeit verführt ihn selbst, sich das als gewiß zu denken, was er wünschen mag."

"Sprechen Sie vielleicht aus Erfahrung?"

"Herr Geheimrath!"

"Ereifern Sie Sich nicht -- glauben Sie mir, Ihrem alten Freund, ich meine es aufrichtig mit Ihnen und sehe

„welches Aarens in mich setzt — aber der Wunsch, Ihnen, theurer Freund, einen Dienst leisten zu können, läßt mich alle andern Rücksichten vergessen.“

„Ich bitte,“ antwortete Jaromir kalt und stolz, „beschweren Sie meinetwegen Ihr Gewissen nicht.“

„Sie werden bald anders denken — Aarens flüsterte mir zu, daß er gestern vom Grafen Hohenthal und seiner Gemahlin das Jawort zu einer Verbindung mit ihrer Tochter erhalten habe.“

„Wie? — Das ist nicht möglich!“

„Er versichert es auf seine Ehre.“

„Das ist seine gewöhnliche Redensart.“

„Aber bedenken Sie, Graf.“

„Es ist unmöglich! Das ist Alles, was ich bedenken kann!“

„Dennoch — bedenken Sie — wie kann er heute erzählen, was ihn, wenn er es widerrufen müßte, in den Augen aller Welt lächerlich machte? — Dazu ist er viel zu stolz und eitel.“

„Seine Eitelkeit verführt ihn selbst, sich das als gewiß zu denken, was er wünschen mag.“

„Sprechen Sie vielleicht aus Erfahrung?“

„Herr Geheimrath!“

„Ereifern Sie Sich nicht — glauben Sie mir, Ihrem alten Freund, ich meine es aufrichtig mit Ihnen und sehe

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0065" n="61"/>
&#x201E;welches Aarens in mich setzt &#x2014; aber der Wunsch, Ihnen, theurer Freund, einen Dienst leisten zu können, läßt mich alle andern Rücksichten vergessen.&#x201C;</p>
        <p>&#x201E;Ich bitte,&#x201C; antwortete Jaromir kalt und stolz, &#x201E;beschweren Sie meinetwegen Ihr Gewissen nicht.&#x201C;</p>
        <p>&#x201E;Sie werden bald anders denken &#x2014; Aarens flüsterte mir zu, daß er gestern vom Grafen Hohenthal und seiner Gemahlin das Jawort zu einer Verbindung mit ihrer Tochter erhalten habe.&#x201C;</p>
        <p>&#x201E;Wie? &#x2014; Das ist nicht möglich!&#x201C;</p>
        <p>&#x201E;Er versichert es auf seine Ehre.&#x201C;</p>
        <p>&#x201E;Das ist seine gewöhnliche Redensart.&#x201C;</p>
        <p>&#x201E;Aber bedenken Sie, Graf.&#x201C;</p>
        <p>&#x201E;Es ist unmöglich! Das ist Alles, was ich bedenken kann!&#x201C;</p>
        <p>&#x201E;Dennoch &#x2014; bedenken Sie &#x2014; wie kann er heute erzählen, was ihn, wenn er es widerrufen müßte, in den Augen aller Welt lächerlich machte? &#x2014; Dazu ist er viel zu stolz und eitel.&#x201C;</p>
        <p>&#x201E;Seine Eitelkeit verführt ihn selbst, sich das als gewiß zu denken, was er wünschen mag.&#x201C;</p>
        <p>&#x201E;Sprechen Sie vielleicht aus Erfahrung?&#x201C;</p>
        <p>&#x201E;Herr Geheimrath!&#x201C;</p>
        <p>&#x201E;Ereifern Sie Sich nicht &#x2014; glauben Sie mir, Ihrem alten Freund, ich meine es aufrichtig mit Ihnen und sehe
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[61/0065] „welches Aarens in mich setzt — aber der Wunsch, Ihnen, theurer Freund, einen Dienst leisten zu können, läßt mich alle andern Rücksichten vergessen.“ „Ich bitte,“ antwortete Jaromir kalt und stolz, „beschweren Sie meinetwegen Ihr Gewissen nicht.“ „Sie werden bald anders denken — Aarens flüsterte mir zu, daß er gestern vom Grafen Hohenthal und seiner Gemahlin das Jawort zu einer Verbindung mit ihrer Tochter erhalten habe.“ „Wie? — Das ist nicht möglich!“ „Er versichert es auf seine Ehre.“ „Das ist seine gewöhnliche Redensart.“ „Aber bedenken Sie, Graf.“ „Es ist unmöglich! Das ist Alles, was ich bedenken kann!“ „Dennoch — bedenken Sie — wie kann er heute erzählen, was ihn, wenn er es widerrufen müßte, in den Augen aller Welt lächerlich machte? — Dazu ist er viel zu stolz und eitel.“ „Seine Eitelkeit verführt ihn selbst, sich das als gewiß zu denken, was er wünschen mag.“ „Sprechen Sie vielleicht aus Erfahrung?“ „Herr Geheimrath!“ „Ereifern Sie Sich nicht — glauben Sie mir, Ihrem alten Freund, ich meine es aufrichtig mit Ihnen und sehe

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Repository TextGrid: Bereitstellung der Texttranskription. (2013-08-23T11:52:15Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Christoph Leijser, Frederike Neuber: Bearbeitung der digitalen Edition. (2013-08-23T11:52:15Z)
Google Books: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-08-23T11:52:15Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert
  • langes s (ſ): als s transkribiert
  • rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/otto_schloss03_1846
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/otto_schloss03_1846/65
Zitationshilfe: Otto, Louise: Schloß und Fabrik, Bd. 3. Leipzig, 1846, S. 61. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/otto_schloss03_1846/65>, abgerufen am 13.05.2024.