Otto, Louise: Schloß und Fabrik, Bd. 3. Leipzig, 1846.ein großes goldenes Medaillon. Auf einer beigefügten Karte stand nur: "Ich wünsche Ihnen zu ihrer Verbindung Glück und übergebe das Bild, das ich bisher an meinem Halse trug, dem Herzen, das jetzt dem Original vertraut! -- Bella." Sie öffnete das Medaillon -- es war Jaromir's Bild. Durch die rückhaltlose Unterredung über die Freundin war jetzt auf ein Mal das Band des Vertrauens innig geknüpft zwischen diesen Beiden, darum faßte sie wieder seine Hand und sagte flehend und stürmisch: "Von Ihnen allein kann ich einen Rath fordern -- mein Vertrauen in Jaromir war nicht erschüttert -- wenn er vor mir geliebt, was habe ich davon Rechenschaft zu fordern? -- Aber gestern Eduins Worte und nun dieser Brief -- Wenn er eine Andere um mich betrogen hätte -- wenn ich daran Schuld wäre? Ich hätte es ihm verbergen sollen, daß ich ihn liebte -- aber ich wußte es ja selbst nicht eher, bis das Wort ausgesprochen war! -- Und wenn ich nun die Ursache geworden, daß ein anderes Herz um ihn bräche?" Er sah vor sich nieder und schwieg -- was sollte er auch sagen? War Jaromir dieser vertrauenden Liebe werth -- er, den eine leichtfertige Schauspielerin bethören konnte? Und sollte er ihn verklagen -- konnte er es, ja durfte gerade er es? War er es nicht, der ihm, wenn gleich ohne ein großes goldenes Medaillon. Auf einer beigefügten Karte stand nur: „Ich wünsche Ihnen zu ihrer Verbindung Glück und übergebe das Bild, das ich bisher an meinem Halse trug, dem Herzen, das jetzt dem Original vertraut! — Bella.“ Sie öffnete das Medaillon — es war Jaromir’s Bild. Durch die rückhaltlose Unterredung über die Freundin war jetzt auf ein Mal das Band des Vertrauens innig geknüpft zwischen diesen Beiden, darum faßte sie wieder seine Hand und sagte flehend und stürmisch: „Von Ihnen allein kann ich einen Rath fordern — mein Vertrauen in Jaromir war nicht erschüttert — wenn er vor mir geliebt, was habe ich davon Rechenschaft zu fordern? — Aber gestern Eduins Worte und nun dieser Brief — Wenn er eine Andere um mich betrogen hätte — wenn ich daran Schuld wäre? Ich hätte es ihm verbergen sollen, daß ich ihn liebte — aber ich wußte es ja selbst nicht eher, bis das Wort ausgesprochen war! — Und wenn ich nun die Ursache geworden, daß ein anderes Herz um ihn bräche?“ Er sah vor sich nieder und schwieg — was sollte er auch sagen? War Jaromir dieser vertrauenden Liebe werth — er, den eine leichtfertige Schauspielerin bethören konnte? Und sollte er ihn verklagen — konnte er es, ja durfte gerade er es? War er es nicht, der ihm, wenn gleich ohne <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0148" n="144"/> ein großes goldenes Medaillon. Auf einer beigefügten Karte stand nur:</p> <p>„Ich wünsche Ihnen zu ihrer Verbindung Glück und übergebe das Bild, das ich bisher an meinem Halse trug, dem Herzen, das jetzt dem Original vertraut! — Bella.“</p> <p>Sie öffnete das Medaillon — es war Jaromir’s Bild.</p> <p>Durch die rückhaltlose Unterredung über die Freundin war jetzt auf ein Mal das Band des Vertrauens innig geknüpft zwischen diesen Beiden, darum faßte sie wieder seine Hand und sagte flehend und stürmisch:</p> <p>„Von Ihnen allein kann ich einen Rath fordern — mein Vertrauen in Jaromir war nicht erschüttert — wenn er vor mir geliebt, was habe ich davon Rechenschaft zu fordern? — Aber gestern Eduins Worte und nun dieser Brief — Wenn er eine Andere um mich betrogen hätte — wenn ich daran Schuld wäre? Ich hätte es ihm verbergen sollen, daß ich ihn liebte — aber ich wußte es ja selbst nicht eher, bis das Wort ausgesprochen war! — Und wenn ich nun die Ursache geworden, daß ein anderes Herz um ihn bräche?“</p> <p>Er sah vor sich nieder und schwieg — was sollte er auch sagen? War Jaromir dieser vertrauenden Liebe werth — er, den eine leichtfertige Schauspielerin bethören konnte? Und sollte er ihn verklagen — konnte er es, ja durfte gerade <hi rendition="#g">er</hi> es? War er es nicht, der ihm, wenn gleich ohne </p> </div> </body> </text> </TEI> [144/0148]
ein großes goldenes Medaillon. Auf einer beigefügten Karte stand nur:
„Ich wünsche Ihnen zu ihrer Verbindung Glück und übergebe das Bild, das ich bisher an meinem Halse trug, dem Herzen, das jetzt dem Original vertraut! — Bella.“
Sie öffnete das Medaillon — es war Jaromir’s Bild.
Durch die rückhaltlose Unterredung über die Freundin war jetzt auf ein Mal das Band des Vertrauens innig geknüpft zwischen diesen Beiden, darum faßte sie wieder seine Hand und sagte flehend und stürmisch:
„Von Ihnen allein kann ich einen Rath fordern — mein Vertrauen in Jaromir war nicht erschüttert — wenn er vor mir geliebt, was habe ich davon Rechenschaft zu fordern? — Aber gestern Eduins Worte und nun dieser Brief — Wenn er eine Andere um mich betrogen hätte — wenn ich daran Schuld wäre? Ich hätte es ihm verbergen sollen, daß ich ihn liebte — aber ich wußte es ja selbst nicht eher, bis das Wort ausgesprochen war! — Und wenn ich nun die Ursache geworden, daß ein anderes Herz um ihn bräche?“
Er sah vor sich nieder und schwieg — was sollte er auch sagen? War Jaromir dieser vertrauenden Liebe werth — er, den eine leichtfertige Schauspielerin bethören konnte? Und sollte er ihn verklagen — konnte er es, ja durfte gerade er es? War er es nicht, der ihm, wenn gleich ohne
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