Otto, Louise: Schloß und Fabrik, Bd. 2. Leipzig, 1846.Volke werden wohl von alle Denen gehört, für welche sie laut werden, welche das geschilderte Elend theilen, aber nicht von Denen, welche es verbreiten, und Denen, welche die Macht und Pflicht haben es aufzuheben und zu lindern. Darum fiel er mir weinend um den Hals, als wir von einander Abschied nahmen und sagte: Leb' wohl Du -- nun doppelt mein Bruder, wenn Du derselben Sache dienen willst, welcher ich mich geweiht habe!" Diesen Brief wollte der unberufene Leser erst in seine Brieftasche schieben -- er besann sich aber anders und notirte nur die angezogene Stelle stenographisch. In den andern Briefen fand er nichts Beachtenswerthes, außer daß er sich den jedesmaligen Ort anmerkte, von welchem aus sie geschrieben waren. Jetzt griff er nach einem kleinen hölzernen Kästchen, zwischen dessen Schluß unterhalb des Deckels ein Stückchen beschriebenes Papier hervorschimmerte. "Hier sind auch Briefe darin --" sagte er. "Das Kästchen ist verschlossen -- es thut mir leid -- aber ich muß um den Schlüssel bitten." "Das ist unmöglich," rief Amalie. "Ich kann es beschwören, daß es der Polizei ganz gleich sein kann, den Inhalt dieses Kästchens zu erfahren -- und wenn Sie gekommen sind, um nach Papieren von Franz, von meinem Gatten in meinen Sachen herum zu spüren, so wiederhole Volke werden wohl von alle Denen gehört, für welche sie laut werden, welche das geschilderte Elend theilen, aber nicht von Denen, welche es verbreiten, und Denen, welche die Macht und Pflicht haben es aufzuheben und zu lindern. Darum fiel er mir weinend um den Hals, als wir von einander Abschied nahmen und sagte: Leb’ wohl Du — nun doppelt mein Bruder, wenn Du derselben Sache dienen willst, welcher ich mich geweiht habe!“ Diesen Brief wollte der unberufene Leser erst in seine Brieftasche schieben — er besann sich aber anders und notirte nur die angezogene Stelle stenographisch. In den andern Briefen fand er nichts Beachtenswerthes, außer daß er sich den jedesmaligen Ort anmerkte, von welchem aus sie geschrieben waren. Jetzt griff er nach einem kleinen hölzernen Kästchen, zwischen dessen Schluß unterhalb des Deckels ein Stückchen beschriebenes Papier hervorschimmerte. „Hier sind auch Briefe darin —“ sagte er. „Das Kästchen ist verschlossen — es thut mir leid — aber ich muß um den Schlüssel bitten.“ „Das ist unmöglich,“ rief Amalie. „Ich kann es beschwören, daß es der Polizei ganz gleich sein kann, den Inhalt dieses Kästchens zu erfahren — und wenn Sie gekommen sind, um nach Papieren von Franz, von meinem Gatten in meinen Sachen herum zu spüren, so wiederhole <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0041" n="35"/> Volke werden wohl von alle Denen gehört, für welche sie laut werden, welche das geschilderte Elend theilen, aber nicht von Denen, welche es verbreiten, und Denen, welche die Macht und Pflicht haben es aufzuheben und zu lindern. Darum fiel er mir weinend um den Hals, als wir von einander Abschied nahmen und sagte: Leb’ wohl Du — nun doppelt mein Bruder, wenn Du derselben Sache dienen willst, welcher ich mich geweiht habe!“</p> <p>Diesen Brief wollte der unberufene Leser erst in seine Brieftasche schieben — er besann sich aber anders und notirte nur die angezogene Stelle stenographisch. In den andern Briefen fand er nichts Beachtenswerthes, außer daß er sich den jedesmaligen Ort anmerkte, von welchem aus sie geschrieben waren. Jetzt griff er nach einem kleinen hölzernen Kästchen, zwischen dessen Schluß unterhalb des Deckels ein Stückchen beschriebenes Papier hervorschimmerte. „Hier sind auch Briefe darin —“ sagte er. „Das Kästchen ist verschlossen — es thut mir leid — aber ich muß um den Schlüssel bitten.“</p> <p>„Das ist unmöglich,“ rief Amalie. „Ich kann es beschwören, daß es der Polizei ganz gleich sein kann, den Inhalt dieses Kästchens zu erfahren — und wenn Sie gekommen sind, um nach Papieren von Franz, von meinem Gatten in meinen Sachen herum zu spüren, so wiederhole </p> </div> </body> </text> </TEI> [35/0041]
Volke werden wohl von alle Denen gehört, für welche sie laut werden, welche das geschilderte Elend theilen, aber nicht von Denen, welche es verbreiten, und Denen, welche die Macht und Pflicht haben es aufzuheben und zu lindern. Darum fiel er mir weinend um den Hals, als wir von einander Abschied nahmen und sagte: Leb’ wohl Du — nun doppelt mein Bruder, wenn Du derselben Sache dienen willst, welcher ich mich geweiht habe!“
Diesen Brief wollte der unberufene Leser erst in seine Brieftasche schieben — er besann sich aber anders und notirte nur die angezogene Stelle stenographisch. In den andern Briefen fand er nichts Beachtenswerthes, außer daß er sich den jedesmaligen Ort anmerkte, von welchem aus sie geschrieben waren. Jetzt griff er nach einem kleinen hölzernen Kästchen, zwischen dessen Schluß unterhalb des Deckels ein Stückchen beschriebenes Papier hervorschimmerte. „Hier sind auch Briefe darin —“ sagte er. „Das Kästchen ist verschlossen — es thut mir leid — aber ich muß um den Schlüssel bitten.“
„Das ist unmöglich,“ rief Amalie. „Ich kann es beschwören, daß es der Polizei ganz gleich sein kann, den Inhalt dieses Kästchens zu erfahren — und wenn Sie gekommen sind, um nach Papieren von Franz, von meinem Gatten in meinen Sachen herum zu spüren, so wiederhole
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