Otto, Louise: Schloß und Fabrik, Bd. 2. Leipzig, 1846.sie ehrte ihn als ihren Freund, und ihr Gefühl für ihn war ein bleibendes, unveränderliches, aber einfaches Immergrün, während sie wohl für Andere stärkere Gefühle hegte, die aber eben so schnell wieder abblühten, als sie sich vorher entfaltet hatten und aufgewuchert waren. So konnte sie jetzt neben Einem ihrer Anbeter, der ihr von Frankreich gefolgt war, die lebhafteste Freude empfinden, das verlorne Bild des Deutschen Freundes wieder zu erlangen; so konnte es sie überraschend beglücken, hier plötzlich sein Lob von jugendlich begeisterten Lippen zu hören. Sie nahm jetzt das Bild aus der zitternden Hand des jungen Mannes und sagte: "So habe also ich das Vergnügen, Deutsche Landsleute hier zu finden und diesen dankbar verpflichtet zu werden? Darf ich vielleicht um den Namen des Freundes des Grafen Szariny bitten -- dem ich so viel verdanke?" "Eduin von Golzenau!" sagte dieser schüchtern und stand da wie trunken, verloren in Bella's Anblick. Draußen aber fuhr ein Wagen vor -- es war der Bella's, der Franzose ergriff ihren Arm, um sie an diesen zu führen. Sie zog eine Karte aus einer Brieftasche, gab sie Eduin und sagte: "Ich darf jetzt nicht länger säumen, sonst verfehl ich die Eilpost, mit welcher ich weiter reisen muß sie ehrte ihn als ihren Freund, und ihr Gefühl für ihn war ein bleibendes, unveränderliches, aber einfaches Immergrün, während sie wohl für Andere stärkere Gefühle hegte, die aber eben so schnell wieder abblühten, als sie sich vorher entfaltet hatten und aufgewuchert waren. So konnte sie jetzt neben Einem ihrer Anbeter, der ihr von Frankreich gefolgt war, die lebhafteste Freude empfinden, das verlorne Bild des Deutschen Freundes wieder zu erlangen; so konnte es sie überraschend beglücken, hier plötzlich sein Lob von jugendlich begeisterten Lippen zu hören. Sie nahm jetzt das Bild aus der zitternden Hand des jungen Mannes und sagte: „So habe also ich das Vergnügen, Deutsche Landsleute hier zu finden und diesen dankbar verpflichtet zu werden? Darf ich vielleicht um den Namen des Freundes des Grafen Szariny bitten — dem ich so viel verdanke?“ „Eduin von Golzenau!“ sagte dieser schüchtern und stand da wie trunken, verloren in Bella’s Anblick. Draußen aber fuhr ein Wagen vor — es war der Bella’s, der Franzose ergriff ihren Arm, um sie an diesen zu führen. Sie zog eine Karte aus einer Brieftasche, gab sie Eduin und sagte: „Ich darf jetzt nicht länger säumen, sonst verfehl ich die Eilpost, mit welcher ich weiter reisen muß <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0163" n="157"/> sie ehrte ihn als ihren Freund, und ihr Gefühl für ihn war ein bleibendes, unveränderliches, aber einfaches Immergrün, während sie wohl für Andere stärkere Gefühle hegte, die aber eben so schnell wieder abblühten, als sie sich vorher entfaltet hatten und aufgewuchert waren. So konnte sie jetzt neben Einem ihrer Anbeter, der ihr von Frankreich gefolgt war, die lebhafteste Freude empfinden, das verlorne Bild des Deutschen Freundes wieder zu erlangen; so konnte es sie überraschend beglücken, hier plötzlich sein Lob von jugendlich begeisterten Lippen zu hören.</p> <p>Sie nahm jetzt das Bild aus der zitternden Hand des jungen Mannes und sagte: „So habe also ich das Vergnügen, Deutsche Landsleute hier zu finden und diesen dankbar verpflichtet zu werden? Darf ich vielleicht um den Namen des Freundes des Grafen Szariny bitten — dem ich so viel verdanke?“</p> <p>„Eduin von Golzenau!“ sagte dieser schüchtern und stand da wie trunken, verloren in Bella’s Anblick.</p> <p>Draußen aber fuhr ein Wagen vor — es war der Bella’s, der Franzose ergriff ihren Arm, um sie an diesen zu führen. Sie zog eine Karte aus einer Brieftasche, gab sie Eduin und sagte: „Ich darf jetzt nicht länger säumen, sonst verfehl ich die Eilpost, mit welcher ich weiter reisen muß </p> </div> </body> </text> </TEI> [157/0163]
sie ehrte ihn als ihren Freund, und ihr Gefühl für ihn war ein bleibendes, unveränderliches, aber einfaches Immergrün, während sie wohl für Andere stärkere Gefühle hegte, die aber eben so schnell wieder abblühten, als sie sich vorher entfaltet hatten und aufgewuchert waren. So konnte sie jetzt neben Einem ihrer Anbeter, der ihr von Frankreich gefolgt war, die lebhafteste Freude empfinden, das verlorne Bild des Deutschen Freundes wieder zu erlangen; so konnte es sie überraschend beglücken, hier plötzlich sein Lob von jugendlich begeisterten Lippen zu hören.
Sie nahm jetzt das Bild aus der zitternden Hand des jungen Mannes und sagte: „So habe also ich das Vergnügen, Deutsche Landsleute hier zu finden und diesen dankbar verpflichtet zu werden? Darf ich vielleicht um den Namen des Freundes des Grafen Szariny bitten — dem ich so viel verdanke?“
„Eduin von Golzenau!“ sagte dieser schüchtern und stand da wie trunken, verloren in Bella’s Anblick.
Draußen aber fuhr ein Wagen vor — es war der Bella’s, der Franzose ergriff ihren Arm, um sie an diesen zu führen. Sie zog eine Karte aus einer Brieftasche, gab sie Eduin und sagte: „Ich darf jetzt nicht länger säumen, sonst verfehl ich die Eilpost, mit welcher ich weiter reisen muß
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