Otto, Louise: Schloß und Fabrik, Bd. 1. Leipzig, 1846.zu machen. Die Augen des Lesenden waren von einem dunklen Braun, aber so glänzend und hell bei dieser tiefen Dunkelheit, daß man oft nicht wußte, ob man sie licht oder dunkel nennen sollte. Lange Wimpern beschatteten sie, und gaben ihnen einen schwärmerischen Ausdruck. Die braunen Haare fielen zu beiden Seiten des blassen Gesichtes in leichten Wellenlinien, ringsum in gleicher Länge die Halsbinde berührend, herunter, ein kleiner Bart umgab den Mund, um welchen ein verächtliches Lächeln spielte. Eine malerische Unordnung herrschte in der Stube. Bücher lagen auf den Stühlen, ja hie und da auch darunter. Leere Cigarrenkistchen standen auf einem Bücherbreie, und mancher gelbe Glacehandschuh steckte seine fünf Finger aus einem Winkel des Schreibtisches, wie bedenklich drohend, hervor. Ein feiner schwarzer Filzhut saß verwegen genug auf einer weißen Büste Göthes, und eine gefüllte Geldbörse lag zu den Füßen einer niedlichen Statuette der Taglioni. Auf einem Seitentisch lagen Briefe, Visitenkarten, Journale u.s.w. wirr genug durcheinander. An den Fenstern hingen mehrere zierliche Diophonieen von Porzellan, an den buntgemalten Wänden hingen einige werthvolle Stahlstiche in goldenen Nahmen und manche niedliche Stickerei, die als irgend ein brauchbares Meubel diente. Luxus und Nachlässigkeit, die doch immer noch geschmackvoll und, wenn man will, ästhetisch blieb, reichten einander in diesem Zimmer zu machen. Die Augen des Lesenden waren von einem dunklen Braun, aber so glänzend und hell bei dieser tiefen Dunkelheit, daß man oft nicht wußte, ob man sie licht oder dunkel nennen sollte. Lange Wimpern beschatteten sie, und gaben ihnen einen schwärmerischen Ausdruck. Die braunen Haare fielen zu beiden Seiten des blassen Gesichtes in leichten Wellenlinien, ringsum in gleicher Länge die Halsbinde berührend, herunter, ein kleiner Bart umgab den Mund, um welchen ein verächtliches Lächeln spielte. Eine malerische Unordnung herrschte in der Stube. Bücher lagen auf den Stühlen, ja hie und da auch darunter. Leere Cigarrenkistchen standen auf einem Bücherbreie, und mancher gelbe Glacehandschuh steckte seine fünf Finger aus einem Winkel des Schreibtisches, wie bedenklich drohend, hervor. Ein feiner schwarzer Filzhut saß verwegen genug auf einer weißen Büste Göthes, und eine gefüllte Geldbörse lag zu den Füßen einer niedlichen Statuette der Taglioni. Auf einem Seitentisch lagen Briefe, Visitenkarten, Journale u.s.w. wirr genug durcheinander. An den Fenstern hingen mehrere zierliche Diophonieen von Porzellan, an den buntgemalten Wänden hingen einige werthvolle Stahlstiche in goldenen Nahmen und manche niedliche Stickerei, die als irgend ein brauchbares Meubel diente. Luxus und Nachlässigkeit, die doch immer noch geschmackvoll und, wenn man will, ästhetisch blieb, reichten einander in diesem Zimmer <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0046" n="36"/> zu machen. Die Augen des Lesenden waren von einem dunklen Braun, aber so glänzend und hell bei dieser tiefen Dunkelheit, daß man oft nicht wußte, ob man sie licht oder dunkel nennen sollte. Lange Wimpern beschatteten sie, und gaben ihnen einen schwärmerischen Ausdruck. Die braunen Haare fielen zu beiden Seiten des blassen Gesichtes in leichten Wellenlinien, ringsum in gleicher Länge die Halsbinde berührend, herunter, ein kleiner Bart umgab den Mund, um welchen ein verächtliches Lächeln spielte.</p> <p>Eine malerische Unordnung herrschte in der Stube. Bücher lagen auf den Stühlen, ja hie und da auch darunter. Leere Cigarrenkistchen standen auf einem Bücherbreie, und mancher gelbe Glacehandschuh steckte seine fünf Finger aus einem Winkel des Schreibtisches, wie bedenklich drohend, hervor. Ein feiner schwarzer Filzhut saß verwegen genug auf einer weißen Büste Göthes, und eine gefüllte Geldbörse lag zu den Füßen einer niedlichen Statuette der Taglioni. Auf einem Seitentisch lagen Briefe, Visitenkarten, Journale u.s.w. wirr genug durcheinander. An den Fenstern hingen mehrere zierliche Diophonieen von Porzellan, an den buntgemalten Wänden hingen einige werthvolle Stahlstiche in goldenen Nahmen und manche niedliche Stickerei, die als irgend ein brauchbares Meubel diente. Luxus und Nachlässigkeit, die doch immer noch geschmackvoll und, wenn man will, ästhetisch blieb, reichten einander in diesem Zimmer </p> </div> </body> </text> </TEI> [36/0046]
zu machen. Die Augen des Lesenden waren von einem dunklen Braun, aber so glänzend und hell bei dieser tiefen Dunkelheit, daß man oft nicht wußte, ob man sie licht oder dunkel nennen sollte. Lange Wimpern beschatteten sie, und gaben ihnen einen schwärmerischen Ausdruck. Die braunen Haare fielen zu beiden Seiten des blassen Gesichtes in leichten Wellenlinien, ringsum in gleicher Länge die Halsbinde berührend, herunter, ein kleiner Bart umgab den Mund, um welchen ein verächtliches Lächeln spielte.
Eine malerische Unordnung herrschte in der Stube. Bücher lagen auf den Stühlen, ja hie und da auch darunter. Leere Cigarrenkistchen standen auf einem Bücherbreie, und mancher gelbe Glacehandschuh steckte seine fünf Finger aus einem Winkel des Schreibtisches, wie bedenklich drohend, hervor. Ein feiner schwarzer Filzhut saß verwegen genug auf einer weißen Büste Göthes, und eine gefüllte Geldbörse lag zu den Füßen einer niedlichen Statuette der Taglioni. Auf einem Seitentisch lagen Briefe, Visitenkarten, Journale u.s.w. wirr genug durcheinander. An den Fenstern hingen mehrere zierliche Diophonieen von Porzellan, an den buntgemalten Wänden hingen einige werthvolle Stahlstiche in goldenen Nahmen und manche niedliche Stickerei, die als irgend ein brauchbares Meubel diente. Luxus und Nachlässigkeit, die doch immer noch geschmackvoll und, wenn man will, ästhetisch blieb, reichten einander in diesem Zimmer
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