Otto, Louise: Schloß und Fabrik, Bd. 1. Leipzig, 1846.Erdwinkel der einzige Kurgast einer Wasserheilanstalt zu sein." "Man muß bedenken, wie früh es noch im Jahre ist," sagte der Doctor sehr ernst. "Und daß eine Schwalbe noch keinen Sommer macht," fiel Waldow ein. "Aber wahrhaftig," fuhr er begütigend fort, "ich versichere Ihnen, mein Herr Hofrath, Ihre Anstalt muß berühmt, von vielen Fremden besucht werden -- es soll in der feinen Welt bald zum guten Ton gehören, ein paar Wochen in Hohenheim zu leben. -- Alles kommt ganz darauf an, ob mein Freund, Graf Szariny, will: -- erklärt er Hohenheim für berühmt, so wird es dasselbe auch in Kurzem sein -- und daß ein Engländer gerade schon da ist, wird uns sehr zum Nutzen gereichen, man braucht da weniger aufzuschneiden. -- Was meinen Sie, mein Freund?" Jaromir hatte nur scheinbar dem Gespräch zugehört, seine Gedanken waren anders beschäftigt gewesen, er glaubte jetzt den Kern des Gespräches ganz richtig erfaßt zu haben, als er antwortete: "Man wird doch in Deutschland nicht immer so bornirt sein, alles dumme Zeug nachzuäffen, was ein Engländer angiebt." Der Hofrath stand entrüstet auf. Die gnädige Frau war unbeschreiblich verlegen. Der Rittmeister nöthigte zum Trinken. Erdwinkel der einzige Kurgast einer Wasserheilanstalt zu sein.“ „Man muß bedenken, wie früh es noch im Jahre ist,“ sagte der Doctor sehr ernst. „Und daß eine Schwalbe noch keinen Sommer macht,“ fiel Waldow ein. „Aber wahrhaftig,“ fuhr er begütigend fort, „ich versichere Ihnen, mein Herr Hofrath, Ihre Anstalt muß berühmt, von vielen Fremden besucht werden — es soll in der feinen Welt bald zum guten Ton gehören, ein paar Wochen in Hohenheim zu leben. — Alles kommt ganz darauf an, ob mein Freund, Graf Szariny, will: — erklärt er Hohenheim für berühmt, so wird es dasselbe auch in Kurzem sein — und daß ein Engländer gerade schon da ist, wird uns sehr zum Nutzen gereichen, man braucht da weniger aufzuschneiden. — Was meinen Sie, mein Freund?“ Jaromir hatte nur scheinbar dem Gespräch zugehört, seine Gedanken waren anders beschäftigt gewesen, er glaubte jetzt den Kern des Gespräches ganz richtig erfaßt zu haben, als er antwortete: „Man wird doch in Deutschland nicht immer so bornirt sein, alles dumme Zeug nachzuäffen, was ein Engländer angiebt.“ Der Hofrath stand entrüstet auf. Die gnädige Frau war unbeschreiblich verlegen. Der Rittmeister nöthigte zum Trinken. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0180" n="170"/> Erdwinkel der einzige Kurgast einer Wasserheilanstalt zu sein.“</p> <p>„Man muß bedenken, wie früh es noch im Jahre ist,“ sagte der Doctor sehr ernst.</p> <p>„Und daß eine Schwalbe noch keinen Sommer macht,“ fiel Waldow ein. „Aber wahrhaftig,“ fuhr er begütigend fort, „ich versichere Ihnen, mein Herr Hofrath, Ihre Anstalt muß berühmt, von vielen Fremden besucht werden — es soll in der feinen Welt bald zum guten Ton gehören, ein paar Wochen in Hohenheim zu leben. — Alles kommt ganz darauf an, ob mein Freund, Graf Szariny, will: — erklärt er Hohenheim für berühmt, so wird es dasselbe auch in Kurzem sein — und daß ein Engländer gerade schon da ist, wird uns sehr zum Nutzen gereichen, man braucht da weniger aufzuschneiden. — Was meinen Sie, mein Freund?“</p> <p>Jaromir hatte nur scheinbar dem Gespräch zugehört, seine Gedanken waren anders beschäftigt gewesen, er glaubte jetzt den Kern des Gespräches ganz richtig erfaßt zu haben, als er antwortete: „Man wird doch in Deutschland nicht immer so bornirt sein, alles dumme Zeug nachzuäffen, was ein Engländer angiebt.“</p> <p>Der Hofrath stand entrüstet auf.</p> <p>Die gnädige Frau war unbeschreiblich verlegen.</p> <p>Der Rittmeister nöthigte zum Trinken.</p> </div> </body> </text> </TEI> [170/0180]
Erdwinkel der einzige Kurgast einer Wasserheilanstalt zu sein.“
„Man muß bedenken, wie früh es noch im Jahre ist,“ sagte der Doctor sehr ernst.
„Und daß eine Schwalbe noch keinen Sommer macht,“ fiel Waldow ein. „Aber wahrhaftig,“ fuhr er begütigend fort, „ich versichere Ihnen, mein Herr Hofrath, Ihre Anstalt muß berühmt, von vielen Fremden besucht werden — es soll in der feinen Welt bald zum guten Ton gehören, ein paar Wochen in Hohenheim zu leben. — Alles kommt ganz darauf an, ob mein Freund, Graf Szariny, will: — erklärt er Hohenheim für berühmt, so wird es dasselbe auch in Kurzem sein — und daß ein Engländer gerade schon da ist, wird uns sehr zum Nutzen gereichen, man braucht da weniger aufzuschneiden. — Was meinen Sie, mein Freund?“
Jaromir hatte nur scheinbar dem Gespräch zugehört, seine Gedanken waren anders beschäftigt gewesen, er glaubte jetzt den Kern des Gespräches ganz richtig erfaßt zu haben, als er antwortete: „Man wird doch in Deutschland nicht immer so bornirt sein, alles dumme Zeug nachzuäffen, was ein Engländer angiebt.“
Der Hofrath stand entrüstet auf.
Die gnädige Frau war unbeschreiblich verlegen.
Der Rittmeister nöthigte zum Trinken.
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Zitationshilfe: | Otto, Louise: Schloß und Fabrik, Bd. 1. Leipzig, 1846, S. 170. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/otto_schloss01_1846/180>, abgerufen am 22.07.2024. |