Manne; warum sollte sie nicht die Hand bieten, daß wieder ein glückliches Paar würde, zumal sie Suschen so lieb hatte und der schmucke Schulmeister ihr selbst gar wohlgefiel? Merken aber ließ Käthe, das junge Weib, gar nichts von dem Plänchen, das sie sich in ihrem eigenen Kopf ganz still zurecht gelegt. Mit dem Merken lassen wußte sie, hätte sie Alles von vorn her- ein verdorben. Denn Suschen war gar schämig und sittig und hätte eher alles Andere mit sich thun lassen, als daß sie selbst nur einen kleinen Finger dazu ge- geben hätte, um ein Kränzlein in's Haar und dann ein Häuschen zu bekommen. Suschen hatte ihr Köpfchen in allen Stücken ganz für sich, in dem aber zumeist. Das bedachte Käthe wohl. Deshalb sagte sie auch ih- rem Manne kein Wort davon; denn sie wußte wie dann die Männer sind, die können nachher so ein Späs- chen nicht lassen, zumal wenn sie nur erst ein Wenig tief in's Glas geguckt haben, was bei einer Kindtaufe gewöhnlich nicht unterbleibt. --
Wie nun der Kindtaufvater zu unserm Schulmeister kam, um ihn in aller Form in eigener Person einzu- laden, erschrack dieser nicht wenig und hatte Mühe, Schreck und Verlegenheit hinter einer Miene und vielen Worten freudiger Ueberraschung zu verbergen. Warum er erschrack? als wenn's nicht Jedermann wüßte und
Manne; warum ſollte ſie nicht die Hand bieten, daß wieder ein gluͤckliches Paar wuͤrde, zumal ſie Suschen ſo lieb hatte und der ſchmucke Schulmeiſter ihr ſelbſt gar wohlgefiel? Merken aber ließ Kaͤthe, das junge Weib, gar nichts von dem Plaͤnchen, das ſie ſich in ihrem eigenen Kopf ganz ſtill zurecht gelegt. Mit dem Merken laſſen wußte ſie, haͤtte ſie Alles von vorn her- ein verdorben. Denn Suschen war gar ſchaͤmig und ſittig und haͤtte eher alles Andere mit ſich thun laſſen, als daß ſie ſelbſt nur einen kleinen Finger dazu ge- geben haͤtte, um ein Kraͤnzlein in’s Haar und dann ein Haͤuschen zu bekommen. Suschen hatte ihr Koͤpfchen in allen Stuͤcken ganz fuͤr ſich, in dem aber zumeiſt. Das bedachte Kaͤthe wohl. Deshalb ſagte ſie auch ih- rem Manne kein Wort davon; denn ſie wußte wie dann die Maͤnner ſind, die koͤnnen nachher ſo ein Spaͤs- chen nicht laſſen, zumal wenn ſie nur erſt ein Wenig tief in’s Glas geguckt haben, was bei einer Kindtaufe gewoͤhnlich nicht unterbleibt. —
Wie nun der Kindtaufvater zu unſerm Schulmeiſter kam, um ihn in aller Form in eigener Perſon einzu- laden, erſchrack dieſer nicht wenig und hatte Muͤhe, Schreck und Verlegenheit hinter einer Miene und vielen Worten freudiger Ueberraſchung zu verbergen. Warum er erſchrack? als wenn’s nicht Jedermann wuͤßte und
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Manne; warum ſollte ſie nicht die Hand bieten, daß
wieder ein gluͤckliches Paar wuͤrde, zumal ſie Suschen
ſo lieb hatte und der ſchmucke Schulmeiſter ihr ſelbſt
gar wohlgefiel? Merken aber ließ Kaͤthe, das junge
Weib, gar nichts von dem Plaͤnchen, das ſie ſich in
ihrem eigenen Kopf ganz ſtill zurecht gelegt. Mit dem
Merken laſſen wußte ſie, haͤtte ſie Alles von vorn her-
ein verdorben. Denn Suschen war gar ſchaͤmig und
ſittig und haͤtte eher alles Andere mit ſich thun laſſen,
als daß ſie ſelbſt nur einen kleinen Finger dazu ge-
geben haͤtte, um ein Kraͤnzlein in’s Haar und dann ein
Haͤuschen zu bekommen. Suschen hatte ihr Koͤpfchen
in allen Stuͤcken ganz fuͤr ſich, in dem aber zumeiſt.
Das bedachte Kaͤthe wohl. Deshalb ſagte ſie auch ih-
rem Manne kein Wort davon; denn ſie wußte wie
dann die Maͤnner ſind, die koͤnnen nachher ſo ein Spaͤs-
chen nicht laſſen, zumal wenn ſie nur erſt ein Wenig
tief in’s Glas geguckt haben, was bei einer Kindtaufe
gewoͤhnlich nicht unterbleibt. —
Wie nun der Kindtaufvater zu unſerm Schulmeiſter
kam, um ihn in aller Form in eigener Perſon einzu-
laden, erſchrack dieſer nicht wenig und hatte Muͤhe,
Schreck und Verlegenheit hinter einer Miene und vielen
Worten freudiger Ueberraſchung zu verbergen. Warum
er erſchrack? als wenn’s nicht Jedermann wuͤßte und
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Otto-Peters, Louise: Ein Bauernsohn. Leipzig, 1849, S. 32. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/otto_bauernsohn_1849/40>, abgerufen am 24.11.2024.
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