im Loche noch ganz ausführlich!" lachte der Gens- darme. --
Johannes achtete auf Nichts mehr, denn er fühlte plötzlich, wie seine Hand, die in der Mutter Eva's lag, krampfhaft gepreßt ward und wie diese mit einem lauten, furchtbaren Schrei an seiner Seite zusammenstürzte -- Johannes warf sich mit dem Herz zerreißenden Ruf: "meine Mutter!" über sie.
Der Fübrer der Turner trat vor und herrschte dem Amtsboten zu: "Wir dulden diese willkürliche Verhaftung nicht und haften Alle mit unserm Kopfe für seine Un- schuld!"
Ein spöttisches Gelächter antwortete ihm, die andern Turner umringten Johannes, wie um ihn zu schützen, zugleich schrie aber Christlieb: "Sie vergreifen sich an den Diener des Gesetzes! Helft! Und dies war das Zeichen für die trunkenen Kerle, die mit Stöcken auf die Turner einhieben -- diese wehrten sich natürlich und so entstand eine allgemeine Prügelei. Der Richter und Schulmeister mahnten vergeblich zum Frieden, weil ja so die Sache für Johannes, wie für das ganze Dorf noch schlimmer werde.
Johannes sprang auf und rief: "Um Gottes Willen haltet ein -- ich gehe mit den Gensdarmen -- gewiß komme ich morgen schon gerechtfertigt wieder -- sorgt
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im Loche noch ganz ausfuͤhrlich!“ lachte der Gens- darme. —
Johannes achtete auf Nichts mehr, denn er fuͤhlte ploͤtzlich, wie ſeine Hand, die in der Mutter Eva’s lag, krampfhaft gepreßt ward und wie dieſe mit einem lauten, furchtbaren Schrei an ſeiner Seite zuſammenſtuͤrzte — Johannes warf ſich mit dem Herz zerreißenden Ruf: „meine Mutter!“ uͤber ſie.
Der Fuͤbrer der Turner trat vor und herrſchte dem Amtsboten zu: „Wir dulden dieſe willkuͤrliche Verhaftung nicht und haften Alle mit unſerm Kopfe fuͤr ſeine Un- ſchuld!“
Ein ſpoͤttiſches Gelaͤchter antwortete ihm, die andern Turner umringten Johannes, wie um ihn zu ſchuͤtzen, zugleich ſchrie aber Chriſtlieb: „Sie vergreifen ſich an den Diener des Geſetzes! Helft! Und dies war das Zeichen fuͤr die trunkenen Kerle, die mit Stoͤcken auf die Turner einhieben — dieſe wehrten ſich natuͤrlich und ſo entſtand eine allgemeine Pruͤgelei. Der Richter und Schulmeiſter mahnten vergeblich zum Frieden, weil ja ſo die Sache fuͤr Johannes, wie fuͤr das ganze Dorf noch ſchlimmer werde.
Johannes ſprang auf und rief: „Um Gottes Willen haltet ein — ich gehe mit den Gensdarmen — gewiß komme ich morgen ſchon gerechtfertigt wieder — ſorgt
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im Loche noch ganz ausfuͤhrlich!“ lachte der Gens-
darme. —
Johannes achtete auf Nichts mehr, denn er fuͤhlte
ploͤtzlich, wie ſeine Hand, die in der Mutter Eva’s lag,
krampfhaft gepreßt ward und wie dieſe mit einem lauten,
furchtbaren Schrei an ſeiner Seite zuſammenſtuͤrzte —
Johannes warf ſich mit dem Herz zerreißenden Ruf:
„meine Mutter!“ uͤber ſie.
Der Fuͤbrer der Turner trat vor und herrſchte dem
Amtsboten zu: „Wir dulden dieſe willkuͤrliche Verhaftung
nicht und haften Alle mit unſerm Kopfe fuͤr ſeine Un-
ſchuld!“
Ein ſpoͤttiſches Gelaͤchter antwortete ihm, die andern
Turner umringten Johannes, wie um ihn zu ſchuͤtzen,
zugleich ſchrie aber Chriſtlieb: „Sie vergreifen ſich an den
Diener des Geſetzes! Helft! Und dies war das Zeichen
fuͤr die trunkenen Kerle, die mit Stoͤcken auf die Turner
einhieben — dieſe wehrten ſich natuͤrlich und ſo entſtand
eine allgemeine Pruͤgelei. Der Richter und Schulmeiſter
mahnten vergeblich zum Frieden, weil ja ſo die Sache
fuͤr Johannes, wie fuͤr das ganze Dorf noch ſchlimmer
werde.
Johannes ſprang auf und rief: „Um Gottes Willen
haltet ein — ich gehe mit den Gensdarmen — gewiß
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Otto-Peters, Louise: Ein Bauernsohn. Leipzig, 1849, S. 273. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/otto_bauernsohn_1849/281>, abgerufen am 22.11.2024.
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