der, mit Leuten von gleicher, geistiger Bildung zu verkeh- ren, von ihnen und mit ihnen zu lernen und zu empfan- gen, während er hier nur immer der gewesen war, der Andere von seinem geistigen Reichthum gegeben hatte, ohne dafür etwas Andres einzutauschen als treue, lie- bende Anhänglichkeit, die ihm freilich auch viel und werth war, die aber nur sein Herz, nicht seinen Geist stärken und reifen konnte; dieser so nicht gefördert ward in höherer Erkenntniß und neuen Anschauungen. Er sehnte sich wieder zu seinen Kameraden und geistigen Kampfgenossen, die in großen Zeitschriften für die gute Sache thätig waren. Aber es that ihm auch weh, sein Heimathdorf zu verlassen, und wenn er an seine traute Mutter dachte, so blutete sein Herz. Er hatte noch nicht den Muth gehabt, ihr zu sagen, daß er bald, längstens in ein paar Wochen gehen müsse. Heute hatte er es erst gewollt -- aber weil er sich doch auch wieder nicht dazu entschließen konnte, so war er lieber gar nicht hinab- gegangen zu ihr und hatte sie den ganzen Tag nicht ge- sehen. Sie wird wehklagen und keine frohe Minute mehr haben, sagte er zu sich selbst, es ist am Besten, ich rede gar nicht davon, bis der Tag des Abschieds wirklich kommt; so übersteht sie's wohl noch am Leichtesten, sonst verderb' ich ihr auch die Zeit noch, die ich bei ihr bin, wenn sie
der, mit Leuten von gleicher, geiſtiger Bildung zu verkeh- ren, von ihnen und mit ihnen zu lernen und zu empfan- gen, waͤhrend er hier nur immer der geweſen war, der Andere von ſeinem geiſtigen Reichthum gegeben hatte, ohne dafuͤr etwas Andres einzutauſchen als treue, lie- bende Anhaͤnglichkeit, die ihm freilich auch viel und werth war, die aber nur ſein Herz, nicht ſeinen Geiſt ſtaͤrken und reifen konnte; dieſer ſo nicht gefoͤrdert ward in hoͤherer Erkenntniß und neuen Anſchauungen. Er ſehnte ſich wieder zu ſeinen Kameraden und geiſtigen Kampfgenoſſen, die in großen Zeitſchriften fuͤr die gute Sache thaͤtig waren. Aber es that ihm auch weh, ſein Heimathdorf zu verlaſſen, und wenn er an ſeine traute Mutter dachte, ſo blutete ſein Herz. Er hatte noch nicht den Muth gehabt, ihr zu ſagen, daß er bald, laͤngſtens in ein paar Wochen gehen muͤſſe. Heute hatte er es erſt gewollt — aber weil er ſich doch auch wieder nicht dazu entſchließen konnte, ſo war er lieber gar nicht hinab- gegangen zu ihr und hatte ſie den ganzen Tag nicht ge- ſehen. Sie wird wehklagen und keine frohe Minute mehr haben, ſagte er zu ſich ſelbſt, es iſt am Beſten, ich rede gar nicht davon, bis der Tag des Abſchieds wirklich kommt; ſo uͤberſteht ſie’s wohl noch am Leichteſten, ſonſt verderb’ ich ihr auch die Zeit noch, die ich bei ihr bin, wenn ſie
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der, mit Leuten von gleicher, geiſtiger Bildung zu verkeh-
ren, von ihnen und mit ihnen zu lernen und zu empfan-
gen, waͤhrend er hier nur immer der geweſen war, der
Andere von ſeinem geiſtigen Reichthum gegeben hatte,
ohne dafuͤr etwas Andres einzutauſchen als treue, lie-
bende Anhaͤnglichkeit, die ihm freilich auch viel und
werth war, die aber nur ſein Herz, nicht ſeinen Geiſt
ſtaͤrken und reifen konnte; dieſer ſo nicht gefoͤrdert ward
in hoͤherer Erkenntniß und neuen Anſchauungen. Er
ſehnte ſich wieder zu ſeinen Kameraden und geiſtigen
Kampfgenoſſen, die in großen Zeitſchriften fuͤr die gute
Sache thaͤtig waren. Aber es that ihm auch weh, ſein
Heimathdorf zu verlaſſen, und wenn er an ſeine traute
Mutter dachte, ſo blutete ſein Herz. Er hatte noch nicht
den Muth gehabt, ihr zu ſagen, daß er bald, laͤngſtens
in ein paar Wochen gehen muͤſſe. Heute hatte er es
erſt gewollt — aber weil er ſich doch auch wieder nicht
dazu entſchließen konnte, ſo war er lieber gar nicht hinab-
gegangen zu ihr und hatte ſie den ganzen Tag nicht ge-
ſehen. Sie wird wehklagen und keine frohe Minute mehr
haben, ſagte er zu ſich ſelbſt, es iſt am Beſten, ich rede
gar nicht davon, bis der Tag des Abſchieds wirklich kommt;
ſo uͤberſteht ſie’s wohl noch am Leichteſten, ſonſt verderb’
ich ihr auch die Zeit noch, die ich bei ihr bin, wenn ſie
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Otto-Peters, Louise: Ein Bauernsohn. Leipzig, 1849, S. 252. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/otto_bauernsohn_1849/260>, abgerufen am 25.11.2024.
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