frauen aus dem Dorf saßen da versammelt und wanden noch Kränze, weil sie am Abend zuvor, wo sie erst spät hatten anfangen können, da es noch allerhand zu sorgen und zu ordnen gegeben, nicht mit allen fertig geworden waren. Laura, die Schwester des Schulmeisters bringt eben noch einen Korb frisch geschnittener Blumen herbei. Jhr Bruder selbst darf sich jetzt nicht sehen lassen, er würde die Mädchen nur stören. Einige von ihnen wer- fen zuweilen verstohlene Blicke nach dem kleinen Fen- ster hinauf, hinter dem er jetzt wohl arbeiten mag, denn er hat viel zu thun und muß auch die frühen Sonntag- morgen, ehe er in die Kirche geht, mit dazu nehmen. Suschen, die Tochter des Richters, erröthet jedesmal, wenn sie sich selbst beim träumerischen Hinaufschauen ertappt -- dann will es bei ihr mit dem Kranzwinden immer nicht recht vorwärts gehen, sie wickelt zuweilen ein Stücklein wieder auf, wo die Blumen zu dick oder zu dünn geworden sind. Die andern Mädchen schäkern darüber.
Jetzt kommen die Burschen, die auf dem Berge ge- schossen haben, wieder herab und grüßend an dem Gärt- lein vorüber.
"Gelt, das knallte und platzte?" fragt der Eine von ihnen die Mädchen.
"Das ist ein lustiger Brauch!" antwortete Laura,
frauen aus dem Dorf ſaßen da verſammelt und wanden noch Kraͤnze, weil ſie am Abend zuvor, wo ſie erſt ſpaͤt hatten anfangen koͤnnen, da es noch allerhand zu ſorgen und zu ordnen gegeben, nicht mit allen fertig geworden waren. Laura, die Schweſter des Schulmeiſters bringt eben noch einen Korb friſch geſchnittener Blumen herbei. Jhr Bruder ſelbſt darf ſich jetzt nicht ſehen laſſen, er wuͤrde die Maͤdchen nur ſtoͤren. Einige von ihnen wer- fen zuweilen verſtohlene Blicke nach dem kleinen Fen- ſter hinauf, hinter dem er jetzt wohl arbeiten mag, denn er hat viel zu thun und muß auch die fruͤhen Sonntag- morgen, ehe er in die Kirche geht, mit dazu nehmen. Suschen, die Tochter des Richters, erroͤthet jedesmal, wenn ſie ſich ſelbſt beim traͤumeriſchen Hinaufſchauen ertappt — dann will es bei ihr mit dem Kranzwinden immer nicht recht vorwaͤrts gehen, ſie wickelt zuweilen ein Stuͤcklein wieder auf, wo die Blumen zu dick oder zu duͤnn geworden ſind. Die andern Maͤdchen ſchaͤkern daruͤber.
Jetzt kommen die Burſchen, die auf dem Berge ge- ſchoſſen haben, wieder herab und gruͤßend an dem Gaͤrt- lein voruͤber.
„Gelt, das knallte und platzte?“ fragt der Eine von ihnen die Maͤdchen.
„Das iſt ein luſtiger Brauch!“ antwortete Laura,
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0024"n="16"/>
frauen aus dem Dorf ſaßen da verſammelt und wanden<lb/>
noch Kraͤnze, weil ſie am Abend zuvor, wo ſie erſt ſpaͤt<lb/>
hatten anfangen koͤnnen, da es noch allerhand zu ſorgen<lb/>
und zu ordnen gegeben, nicht mit allen fertig geworden<lb/>
waren. <hirendition="#g">Laura,</hi> die Schweſter des Schulmeiſters bringt<lb/>
eben noch einen Korb friſch geſchnittener Blumen herbei.<lb/>
Jhr Bruder ſelbſt darf ſich jetzt nicht ſehen laſſen, er<lb/>
wuͤrde die Maͤdchen nur ſtoͤren. Einige von ihnen wer-<lb/>
fen zuweilen verſtohlene Blicke nach dem kleinen Fen-<lb/>ſter hinauf, hinter dem er jetzt wohl arbeiten mag, denn<lb/>
er hat viel zu thun und muß auch die fruͤhen Sonntag-<lb/>
morgen, ehe er in die Kirche geht, mit dazu nehmen.<lb/><hirendition="#g">Suschen,</hi> die Tochter des Richters, erroͤthet jedesmal,<lb/>
wenn ſie ſich ſelbſt beim traͤumeriſchen Hinaufſchauen<lb/>
ertappt — dann will es bei ihr mit dem Kranzwinden<lb/>
immer nicht recht vorwaͤrts gehen, ſie wickelt zuweilen<lb/>
ein Stuͤcklein wieder auf, wo die Blumen zu dick oder<lb/>
zu duͤnn geworden ſind. Die andern Maͤdchen ſchaͤkern<lb/>
daruͤber.</p><lb/><p>Jetzt kommen die Burſchen, die auf dem Berge ge-<lb/>ſchoſſen haben, wieder herab und gruͤßend an dem Gaͤrt-<lb/>
lein voruͤber.</p><lb/><p>„Gelt, das knallte und platzte?“ fragt der Eine von<lb/>
ihnen die Maͤdchen.</p><lb/><p>„Das iſt ein luſtiger Brauch!“ antwortete Laura,<lb/></p></div></body></text></TEI>
[16/0024]
frauen aus dem Dorf ſaßen da verſammelt und wanden
noch Kraͤnze, weil ſie am Abend zuvor, wo ſie erſt ſpaͤt
hatten anfangen koͤnnen, da es noch allerhand zu ſorgen
und zu ordnen gegeben, nicht mit allen fertig geworden
waren. Laura, die Schweſter des Schulmeiſters bringt
eben noch einen Korb friſch geſchnittener Blumen herbei.
Jhr Bruder ſelbſt darf ſich jetzt nicht ſehen laſſen, er
wuͤrde die Maͤdchen nur ſtoͤren. Einige von ihnen wer-
fen zuweilen verſtohlene Blicke nach dem kleinen Fen-
ſter hinauf, hinter dem er jetzt wohl arbeiten mag, denn
er hat viel zu thun und muß auch die fruͤhen Sonntag-
morgen, ehe er in die Kirche geht, mit dazu nehmen.
Suschen, die Tochter des Richters, erroͤthet jedesmal,
wenn ſie ſich ſelbſt beim traͤumeriſchen Hinaufſchauen
ertappt — dann will es bei ihr mit dem Kranzwinden
immer nicht recht vorwaͤrts gehen, ſie wickelt zuweilen
ein Stuͤcklein wieder auf, wo die Blumen zu dick oder
zu duͤnn geworden ſind. Die andern Maͤdchen ſchaͤkern
daruͤber.
Jetzt kommen die Burſchen, die auf dem Berge ge-
ſchoſſen haben, wieder herab und gruͤßend an dem Gaͤrt-
lein voruͤber.
„Gelt, das knallte und platzte?“ fragt der Eine von
ihnen die Maͤdchen.
„Das iſt ein luſtiger Brauch!“ antwortete Laura,
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Otto-Peters, Louise: Ein Bauernsohn. Leipzig, 1849, S. 16. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/otto_bauernsohn_1849/24>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.