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Otto-Peters, Louise: Ein Bauernsohn. Leipzig, 1849.

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besondern Haken," sagte der Förster, "aber darauf verlaßt
Euch: ich schreibe gleich morgen des Tages, und wer mir
noch mehr Stoff zu dem Briefe zu geben weiß, der mag
mir's nur in Zeiten melden."

"Aber, liebe Gevattern," sagte der alte Herr Damme,
"in allen solchen Fällen ist Schweigen die Hauptsache.
Laßt ja gegen Niemand Etwas von Eurem Vorhaben
verlauten, werther Förster -- sie könnten uns sonst wohl
gar auf geschickte Art entgegenarbeiten und wir verlören
das Spiel. Auch gegen den Schenkenwirth wollen wir
ja Nichts verlauten lassen; ich traue ihm nicht mehr.
Er hält's jetzt auch halb und halb mit dem Johannes,
seitdem er Profit von ihm hat. Sag' ja also Keiner
einer Seele Etwas, es bleibt Alles unter uns."

"Daß die Singerei und nun gar die Turnerei im
Dorfe nicht weiter wie ein schädliches Fieber um sich fres-
sen, muß man doch Etwas dagegen thun," sagte Christ-
lieb. "Jch habe heute unsern sämmtlichen Knechten an-
gekündigt: Wer von ihnen das Turnen mit anfangen
will, der ist am längsten bei uns gewesen und kann sehen,
wo er einen andern Dienst findet. Zwei von den Leuten
waren vernünftig und sagten, sie machten das dumme Zeug
so nicht mit, ich könne mich darauf verlassen. Dem Knecht
Jacob aber sah ich die innerliche Wuth an, er ward ganz
roth vor Aerger, wagte aber doch kein Wort zu sagen --

beſondern Haken,“ ſagte der Foͤrſter, „aber darauf verlaßt
Euch: ich ſchreibe gleich morgen des Tages, und wer mir
noch mehr Stoff zu dem Briefe zu geben weiß, der mag
mir’s nur in Zeiten melden.“

„Aber, liebe Gevattern,“ ſagte der alte Herr Damme,
„in allen ſolchen Faͤllen iſt Schweigen die Hauptſache.
Laßt ja gegen Niemand Etwas von Eurem Vorhaben
verlauten, werther Foͤrſter — ſie koͤnnten uns ſonſt wohl
gar auf geſchickte Art entgegenarbeiten und wir verloͤren
das Spiel. Auch gegen den Schenkenwirth wollen wir
ja Nichts verlauten laſſen; ich traue ihm nicht mehr.
Er haͤlt’s jetzt auch halb und halb mit dem Johannes,
ſeitdem er Profit von ihm hat. Sag’ ja alſo Keiner
einer Seele Etwas, es bleibt Alles unter uns.“

„Daß die Singerei und nun gar die Turnerei im
Dorfe nicht weiter wie ein ſchaͤdliches Fieber um ſich freſ-
ſen, muß man doch Etwas dagegen thun,“ ſagte Chriſt-
lieb. „Jch habe heute unſern ſaͤmmtlichen Knechten an-
gekuͤndigt: Wer von ihnen das Turnen mit anfangen
will, der iſt am laͤngſten bei uns geweſen und kann ſehen,
wo er einen andern Dienſt findet. Zwei von den Leuten
waren vernuͤnftig und ſagten, ſie machten das dumme Zeug
ſo nicht mit, ich koͤnne mich darauf verlaſſen. Dem Knecht
Jacob aber ſah ich die innerliche Wuth an, er ward ganz
roth vor Aerger, wagte aber doch kein Wort zu ſagen —

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[228/0236] beſondern Haken,“ ſagte der Foͤrſter, „aber darauf verlaßt Euch: ich ſchreibe gleich morgen des Tages, und wer mir noch mehr Stoff zu dem Briefe zu geben weiß, der mag mir’s nur in Zeiten melden.“ „Aber, liebe Gevattern,“ ſagte der alte Herr Damme, „in allen ſolchen Faͤllen iſt Schweigen die Hauptſache. Laßt ja gegen Niemand Etwas von Eurem Vorhaben verlauten, werther Foͤrſter — ſie koͤnnten uns ſonſt wohl gar auf geſchickte Art entgegenarbeiten und wir verloͤren das Spiel. Auch gegen den Schenkenwirth wollen wir ja Nichts verlauten laſſen; ich traue ihm nicht mehr. Er haͤlt’s jetzt auch halb und halb mit dem Johannes, ſeitdem er Profit von ihm hat. Sag’ ja alſo Keiner einer Seele Etwas, es bleibt Alles unter uns.“ „Daß die Singerei und nun gar die Turnerei im Dorfe nicht weiter wie ein ſchaͤdliches Fieber um ſich freſ- ſen, muß man doch Etwas dagegen thun,“ ſagte Chriſt- lieb. „Jch habe heute unſern ſaͤmmtlichen Knechten an- gekuͤndigt: Wer von ihnen das Turnen mit anfangen will, der iſt am laͤngſten bei uns geweſen und kann ſehen, wo er einen andern Dienſt findet. Zwei von den Leuten waren vernuͤnftig und ſagten, ſie machten das dumme Zeug ſo nicht mit, ich koͤnne mich darauf verlaſſen. Dem Knecht Jacob aber ſah ich die innerliche Wuth an, er ward ganz roth vor Aerger, wagte aber doch kein Wort zu ſagen —

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Zitationshilfe: Otto-Peters, Louise: Ein Bauernsohn. Leipzig, 1849, S. 228. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/otto_bauernsohn_1849/236>, abgerufen am 03.05.2024.