Der Vogt oben auf der Burg schüttelte mit dem Kopf, wenn er im Garten die wunderlichen Stangen, Leitern und Gestelle betrachtete, welche Johannes dort hatte vor wenig Tagen anbringen lassen. Daß die große Wind- harfe stark besaitet und glockenrein von Johannes selbst gestimmt, wieder am Gemäuer schwebte, ließ sich unser Vogt schon eher gefallen. Er wußte noch die Zeit, wo sie dort gewesen, bis sie eines Tages herabgestürzt und in Stücken gegangen war, daß man sie in die Rumpelkam- mer geworfen hatte zu anderm unbrauchbaren Gerill und Geröll -- und der Herr Graf hatte ja in seinem letz- ten Schreiben ausdrücklich ihrer erwähnt; das war also ganz in der Ordnung; -- aber mit den Stangen und Gestellen! da fand unser Vogt, daß die Sache nicht im Geringsten in der Ordnung war. Doch hatte er sich fügen müssen, als die Zimmerleute auf Johannes Geheiß
Johannistag.
Der Vogt oben auf der Burg ſchuͤttelte mit dem Kopf, wenn er im Garten die wunderlichen Stangen, Leitern und Geſtelle betrachtete, welche Johannes dort hatte vor wenig Tagen anbringen laſſen. Daß die große Wind- harfe ſtark beſaitet und glockenrein von Johannes ſelbſt geſtimmt, wieder am Gemaͤuer ſchwebte, ließ ſich unſer Vogt ſchon eher gefallen. Er wußte noch die Zeit, wo ſie dort geweſen, bis ſie eines Tages herabgeſtuͤrzt und in Stuͤcken gegangen war, daß man ſie in die Rumpelkam- mer geworfen hatte zu anderm unbrauchbaren Gerill und Geroͤll — und der Herr Graf hatte ja in ſeinem letz- ten Schreiben ausdruͤcklich ihrer erwaͤhnt; das war alſo ganz in der Ordnung; — aber mit den Stangen und Geſtellen! da fand unſer Vogt, daß die Sache nicht im Geringſten in der Ordnung war. Doch hatte er ſich fuͤgen muͤſſen, als die Zimmerleute auf Johannes Geheiß
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[[187]/0195]
Johannistag.
Der Vogt oben auf der Burg ſchuͤttelte mit dem Kopf,
wenn er im Garten die wunderlichen Stangen, Leitern
und Geſtelle betrachtete, welche Johannes dort hatte vor
wenig Tagen anbringen laſſen. Daß die große Wind-
harfe ſtark beſaitet und glockenrein von Johannes ſelbſt
geſtimmt, wieder am Gemaͤuer ſchwebte, ließ ſich unſer
Vogt ſchon eher gefallen. Er wußte noch die Zeit, wo ſie
dort geweſen, bis ſie eines Tages herabgeſtuͤrzt und in
Stuͤcken gegangen war, daß man ſie in die Rumpelkam-
mer geworfen hatte zu anderm unbrauchbaren Gerill und
Geroͤll — und der Herr Graf hatte ja in ſeinem letz-
ten Schreiben ausdruͤcklich ihrer erwaͤhnt; das war
alſo ganz in der Ordnung; — aber mit den Stangen
und Geſtellen! da fand unſer Vogt, daß die Sache nicht
im Geringſten in der Ordnung war. Doch hatte er ſich
fuͤgen muͤſſen, als die Zimmerleute auf Johannes Geheiß
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Otto-Peters, Louise: Ein Bauernsohn. Leipzig, 1849, S. [187]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/otto_bauernsohn_1849/195>, abgerufen am 03.05.2024.
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