man schämt sich ordentlich mit ihr umzugehen -- ich weich' ihr allemal auf zwanzig Schritt' aus, wenn ich sie nur kommen sehe."
"Nun bitt' ich einen Menschen! spracht ihr denn wirklich von Richters Suschen?" rief Eva ganz erstaunt und stämmte herausfordernd beide Arme in die Seiten.
"Von keinem andern Menschen sonst!" betheuerte Julie, "ich dächte doch, wie sie Euerm Johannes nachläuft, müß- tet Jhr selber sehen; mit dem Schulmeister hat sie's auch arg genug getrieben und mit dem Christlieb kommt sie gar in der Nacht zusammen -- es ist ein Spektakel -- wenn's Eine mit Dreien zugleich halten will, das ist doch gar zu arg!"
"Was das nur für Sachen sind!" rief Eva. "Jch glaube, Jhr lästert noch das Blaue vom Himmel herunter, wenn's Euch just einfällt. Kann gar kein sittiger Mäd- chen geben im ganzen Dorfe als die Suschen, und Jhr wollt ihr auf einmal die schlechtesten Dinge nachreden. Wäre auch nur ein wahres Wort daran, so müßt ich doch auch Etwas davon wissen!"
"Das ist nun noch nicht ausgemacht!" erwiderte Ju- lie, die so zimperlich thut, hat es gerade am Meisten hinter den Ohren! -- Warum hätte sie's denn just so eingerichtet, daß ihre Gluckhenne, die Spitzenkrause, in Schulmeisters Schuppen brütete, wenn sie nicht einen
man ſchaͤmt ſich ordentlich mit ihr umzugehen — ich weich’ ihr allemal auf zwanzig Schritt’ aus, wenn ich ſie nur kommen ſehe.“
„Nun bitt’ ich einen Menſchen! ſpracht ihr denn wirklich von Richters Suschen?“ rief Eva ganz erſtaunt und ſtaͤmmte herausfordernd beide Arme in die Seiten.
„Von keinem andern Menſchen ſonſt!“ betheuerte Julie, „ich daͤchte doch, wie ſie Euerm Johannes nachlaͤuft, muͤß- tet Jhr ſelber ſehen; mit dem Schulmeiſter hat ſie’s auch arg genug getrieben und mit dem Chriſtlieb kommt ſie gar in der Nacht zuſammen — es iſt ein Spektakel — wenn’s Eine mit Dreien zugleich halten will, das iſt doch gar zu arg!“
„Was das nur fuͤr Sachen ſind!“ rief Eva. „Jch glaube, Jhr laͤſtert noch das Blaue vom Himmel herunter, wenn’s Euch juſt einfaͤllt. Kann gar kein ſittiger Maͤd- chen geben im ganzen Dorfe als die Suschen, und Jhr wollt ihr auf einmal die ſchlechteſten Dinge nachreden. Waͤre auch nur ein wahres Wort daran, ſo muͤßt ich doch auch Etwas davon wiſſen!“
„Das iſt nun noch nicht ausgemacht!“ erwiderte Ju- lie, die ſo zimperlich thut, hat es gerade am Meiſten hinter den Ohren! — Warum haͤtte ſie’s denn juſt ſo eingerichtet, daß ihre Gluckhenne, die Spitzenkrauſe, in Schulmeiſters Schuppen bruͤtete, wenn ſie nicht einen
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0182"n="174"/>
man ſchaͤmt ſich ordentlich mit ihr umzugehen — ich<lb/>
weich’ ihr allemal auf zwanzig Schritt’ aus, wenn ich<lb/>ſie nur kommen ſehe.“</p><lb/><p>„Nun bitt’ ich einen Menſchen! ſpracht ihr denn<lb/>
wirklich von Richters Suschen?“ rief Eva ganz erſtaunt<lb/>
und ſtaͤmmte herausfordernd beide Arme in die Seiten.</p><lb/><p>„Von keinem andern Menſchen ſonſt!“ betheuerte Julie,<lb/>„ich daͤchte doch, wie ſie Euerm Johannes nachlaͤuft, muͤß-<lb/>
tet Jhr ſelber ſehen; mit dem Schulmeiſter hat ſie’s auch<lb/>
arg genug getrieben und mit dem Chriſtlieb kommt ſie gar in<lb/>
der Nacht zuſammen — es iſt ein Spektakel — wenn’s<lb/>
Eine mit Dreien zugleich halten will, das iſt doch gar<lb/>
zu arg!“</p><lb/><p>„Was das nur fuͤr Sachen ſind!“ rief Eva. „Jch<lb/>
glaube, Jhr laͤſtert noch das Blaue vom Himmel herunter,<lb/>
wenn’s Euch juſt einfaͤllt. Kann gar kein ſittiger Maͤd-<lb/>
chen geben im ganzen Dorfe als die Suschen, und Jhr<lb/>
wollt ihr auf einmal die ſchlechteſten Dinge nachreden.<lb/>
Waͤre auch nur ein wahres Wort daran, ſo muͤßt ich<lb/>
doch auch Etwas davon wiſſen!“</p><lb/><p>„Das iſt nun noch nicht ausgemacht!“ erwiderte Ju-<lb/>
lie, die ſo zimperlich thut, hat es gerade am Meiſten<lb/>
hinter den Ohren! — Warum haͤtte ſie’s denn juſt ſo<lb/>
eingerichtet, daß ihre Gluckhenne, die Spitzenkrauſe, in<lb/>
Schulmeiſters Schuppen bruͤtete, wenn ſie nicht einen<lb/></p></div></body></text></TEI>
[174/0182]
man ſchaͤmt ſich ordentlich mit ihr umzugehen — ich
weich’ ihr allemal auf zwanzig Schritt’ aus, wenn ich
ſie nur kommen ſehe.“
„Nun bitt’ ich einen Menſchen! ſpracht ihr denn
wirklich von Richters Suschen?“ rief Eva ganz erſtaunt
und ſtaͤmmte herausfordernd beide Arme in die Seiten.
„Von keinem andern Menſchen ſonſt!“ betheuerte Julie,
„ich daͤchte doch, wie ſie Euerm Johannes nachlaͤuft, muͤß-
tet Jhr ſelber ſehen; mit dem Schulmeiſter hat ſie’s auch
arg genug getrieben und mit dem Chriſtlieb kommt ſie gar in
der Nacht zuſammen — es iſt ein Spektakel — wenn’s
Eine mit Dreien zugleich halten will, das iſt doch gar
zu arg!“
„Was das nur fuͤr Sachen ſind!“ rief Eva. „Jch
glaube, Jhr laͤſtert noch das Blaue vom Himmel herunter,
wenn’s Euch juſt einfaͤllt. Kann gar kein ſittiger Maͤd-
chen geben im ganzen Dorfe als die Suschen, und Jhr
wollt ihr auf einmal die ſchlechteſten Dinge nachreden.
Waͤre auch nur ein wahres Wort daran, ſo muͤßt ich
doch auch Etwas davon wiſſen!“
„Das iſt nun noch nicht ausgemacht!“ erwiderte Ju-
lie, die ſo zimperlich thut, hat es gerade am Meiſten
hinter den Ohren! — Warum haͤtte ſie’s denn juſt ſo
eingerichtet, daß ihre Gluckhenne, die Spitzenkrauſe, in
Schulmeiſters Schuppen bruͤtete, wenn ſie nicht einen
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Otto-Peters, Louise: Ein Bauernsohn. Leipzig, 1849, S. 174. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/otto_bauernsohn_1849/182>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.