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Otto-Peters, Louise: Ein Bauernsohn. Leipzig, 1849.

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er viel zu wichtig und wenn er auch immer redet und
thut als wär' er unsres Gleichen -- man muß es sagen,
er behandelt den geringsten Burschen nicht anders -- so
juckt ihn doch innerlich der Hochmuth und er denkt ge-
wiß: ich bin viel klüger und viel mehr als ihr Alle, da-
rum wohn' ich auch in der Burg und ihr müßt's Euch
alle sehr zur Ehre anrechnen, daß ich mit Euch vertrau-
lich umgehe."

"Das ist's ja eben, was mich am allermeisten ver-
drießt," sagte Damme, der reiche Gutsbesitzer, "und warf
sich dabei ganz gewaltig in die Brust, er behandelt Alle
gleich! Neulich kam er auch, wie es schien nur so im
Vorbeigehen hatt' ich die Ehre," lachte er höhnisch, "mit
zu mir herein und sprach, wie man nur so mit seines
Gleichen spricht, daß er besonders herzlich gewesen wäre,
wie hier sonst immer Alles von ihm schreit, könnt' ich ge-
rade nicht sagen. Aber wir redeten doch ein vernünftiges
Wort mit einander und wie er ging, geh' ich mit ihm
hinaus. Da läßt er mich stehen und läuft auf meinen
Knecht zu, den Jacob, ein wahrer Lump ist's, den ich
nur so aus Barmherzigkeit nahm, weil sein Vater im
Gemeindehaus ist. Johannes läuft auf den Jacob zu,
klopft ihm ganz freundschaftlich auf die Schulter und
sagte: J Jacob, bist Du auch noch hier im Dorfe?
ich dachte schon, ich würde gar nicht die Freude haben,

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er viel zu wichtig und wenn er auch immer redet und
thut als waͤr’ er unſres Gleichen — man muß es ſagen,
er behandelt den geringſten Burſchen nicht anders — ſo
juckt ihn doch innerlich der Hochmuth und er denkt ge-
wiß: ich bin viel kluͤger und viel mehr als ihr Alle, da-
rum wohn’ ich auch in der Burg und ihr muͤßt’s Euch
alle ſehr zur Ehre anrechnen, daß ich mit Euch vertrau-
lich umgehe.“

„Das iſt’s ja eben, was mich am allermeiſten ver-
drießt,“ ſagte Damme, der reiche Gutsbeſitzer, „und warf
ſich dabei ganz gewaltig in die Bruſt, er behandelt Alle
gleich! Neulich kam er auch, wie es ſchien nur ſo im
Vorbeigehen hatt’ ich die Ehre,“ lachte er hoͤhniſch, „mit
zu mir herein und ſprach, wie man nur ſo mit ſeines
Gleichen ſpricht, daß er beſonders herzlich geweſen waͤre,
wie hier ſonſt immer Alles von ihm ſchreit, koͤnnt’ ich ge-
rade nicht ſagen. Aber wir redeten doch ein vernuͤnftiges
Wort mit einander und wie er ging, geh’ ich mit ihm
hinaus. Da laͤßt er mich ſtehen und laͤuft auf meinen
Knecht zu, den Jacob, ein wahrer Lump iſt’s, den ich
nur ſo aus Barmherzigkeit nahm, weil ſein Vater im
Gemeindehaus iſt. Johannes laͤuft auf den Jacob zu,
klopft ihm ganz freundſchaftlich auf die Schulter und
ſagte: J Jacob, biſt Du auch noch hier im Dorfe?
ich dachte ſchon, ich wuͤrde gar nicht die Freude haben,

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[131/0139] er viel zu wichtig und wenn er auch immer redet und thut als waͤr’ er unſres Gleichen — man muß es ſagen, er behandelt den geringſten Burſchen nicht anders — ſo juckt ihn doch innerlich der Hochmuth und er denkt ge- wiß: ich bin viel kluͤger und viel mehr als ihr Alle, da- rum wohn’ ich auch in der Burg und ihr muͤßt’s Euch alle ſehr zur Ehre anrechnen, daß ich mit Euch vertrau- lich umgehe.“ „Das iſt’s ja eben, was mich am allermeiſten ver- drießt,“ ſagte Damme, der reiche Gutsbeſitzer, „und warf ſich dabei ganz gewaltig in die Bruſt, er behandelt Alle gleich! Neulich kam er auch, wie es ſchien nur ſo im Vorbeigehen hatt’ ich die Ehre,“ lachte er hoͤhniſch, „mit zu mir herein und ſprach, wie man nur ſo mit ſeines Gleichen ſpricht, daß er beſonders herzlich geweſen waͤre, wie hier ſonſt immer Alles von ihm ſchreit, koͤnnt’ ich ge- rade nicht ſagen. Aber wir redeten doch ein vernuͤnftiges Wort mit einander und wie er ging, geh’ ich mit ihm hinaus. Da laͤßt er mich ſtehen und laͤuft auf meinen Knecht zu, den Jacob, ein wahrer Lump iſt’s, den ich nur ſo aus Barmherzigkeit nahm, weil ſein Vater im Gemeindehaus iſt. Johannes laͤuft auf den Jacob zu, klopft ihm ganz freundſchaftlich auf die Schulter und ſagte: J Jacob, biſt Du auch noch hier im Dorfe? ich dachte ſchon, ich wuͤrde gar nicht die Freude haben, 9 *

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Zitationshilfe: Otto-Peters, Louise: Ein Bauernsohn. Leipzig, 1849, S. 131. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/otto_bauernsohn_1849/139>, abgerufen am 29.11.2024.