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Otto-Peters, Louise: Ein Bauernsohn. Leipzig, 1849.

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men -- und alle diese Willkürlichkeiten hat der Herr
Pfarrer zugelassen -- man weiß gar nicht mehr, was
man denken soll."

"Jch will wetten, der Pfarrer ist bei der Singerei auf
der Burg heute auch mit, denn er scheint an dem Johan-
nes auch einen wahren Narren gefressen zu haben," sagte
Martin wieder. "Jch begreife die Leute nicht, was sie an
dem Burschen haben, ein Zierbengel ist er mit seinem
schwarzen Sammtrock und den langen Locken, mir soll
er nur kommen! Und die Mädchen sind auch alle ganz
närrisch in ihn -- neulich ist er mit der Laura und
Richters Suschen die halbe Nacht herumgelaufen, ich bin
ihnen selber begegnet. Christlieb, Jhr wollt auch immer
gern Hahn im Korbe sein -- nehmt Euch vor dem Jo-
hanes bei den Mädels in Acht."

"Treff' ich ihn nur, wo ich ihn nicht haben mag und
nicht zu leiden brauch'," sagte Christlieb drohend, "da setzt's
Püffe -- mir darf er nicht kommen!"

"Dem Himmel sei's geklagt!" sagte der alte Berthold,
"meine Jule ist auch ganz verliebt in ihn, obwohl ich
glaube, er hat noch nicht zehn Worte mit ihr geredet --
aber sie läuft allemal an die Thür oder an's Fenster,
wenn er sich blicken läßt."

"Er wird ihnen Allen die Köpfe verdrehen und
nehmen wird er doch keine!" lachte Martin, "dazu thut

men — und alle dieſe Willkuͤrlichkeiten hat der Herr
Pfarrer zugelaſſen — man weiß gar nicht mehr, was
man denken ſoll.“

„Jch will wetten, der Pfarrer iſt bei der Singerei auf
der Burg heute auch mit, denn er ſcheint an dem Johan-
nes auch einen wahren Narren gefreſſen zu haben,“ ſagte
Martin wieder. „Jch begreife die Leute nicht, was ſie an
dem Burſchen haben, ein Zierbengel iſt er mit ſeinem
ſchwarzen Sammtrock und den langen Locken, mir ſoll
er nur kommen! Und die Maͤdchen ſind auch alle ganz
naͤrriſch in ihn — neulich iſt er mit der Laura und
Richters Suschen die halbe Nacht herumgelaufen, ich bin
ihnen ſelber begegnet. Chriſtlieb, Jhr wollt auch immer
gern Hahn im Korbe ſein — nehmt Euch vor dem Jo-
hanes bei den Maͤdels in Acht.“

„Treff’ ich ihn nur, wo ich ihn nicht haben mag und
nicht zu leiden brauch’,“ ſagte Chriſtlieb drohend, „da ſetzt’s
Puͤffe — mir darf er nicht kommen!“

„Dem Himmel ſei’s geklagt!“ ſagte der alte Berthold,
„meine Jule iſt auch ganz verliebt in ihn, obwohl ich
glaube, er hat noch nicht zehn Worte mit ihr geredet —
aber ſie laͤuft allemal an die Thuͤr oder an’s Fenſter,
wenn er ſich blicken laͤßt.“

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[130/0138] men — und alle dieſe Willkuͤrlichkeiten hat der Herr Pfarrer zugelaſſen — man weiß gar nicht mehr, was man denken ſoll.“ „Jch will wetten, der Pfarrer iſt bei der Singerei auf der Burg heute auch mit, denn er ſcheint an dem Johan- nes auch einen wahren Narren gefreſſen zu haben,“ ſagte Martin wieder. „Jch begreife die Leute nicht, was ſie an dem Burſchen haben, ein Zierbengel iſt er mit ſeinem ſchwarzen Sammtrock und den langen Locken, mir ſoll er nur kommen! Und die Maͤdchen ſind auch alle ganz naͤrriſch in ihn — neulich iſt er mit der Laura und Richters Suschen die halbe Nacht herumgelaufen, ich bin ihnen ſelber begegnet. Chriſtlieb, Jhr wollt auch immer gern Hahn im Korbe ſein — nehmt Euch vor dem Jo- hanes bei den Maͤdels in Acht.“ „Treff’ ich ihn nur, wo ich ihn nicht haben mag und nicht zu leiden brauch’,“ ſagte Chriſtlieb drohend, „da ſetzt’s Puͤffe — mir darf er nicht kommen!“ „Dem Himmel ſei’s geklagt!“ ſagte der alte Berthold, „meine Jule iſt auch ganz verliebt in ihn, obwohl ich glaube, er hat noch nicht zehn Worte mit ihr geredet — aber ſie laͤuft allemal an die Thuͤr oder an’s Fenſter, wenn er ſich blicken laͤßt.“ „Er wird ihnen Allen die Koͤpfe verdrehen und nehmen wird er doch keine!“ lachte Martin, „dazu thut

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Zitationshilfe: Otto-Peters, Louise: Ein Bauernsohn. Leipzig, 1849, S. 130. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/otto_bauernsohn_1849/138>, abgerufen am 29.11.2024.