Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Opitz, Martin: Buch von der Deutschen Poeterey. Breslau u. a., 1624.

Bild:
<< vorherige Seite

sie in beschreibung der bäche vnd wäßer wol nütze machen/ als:
Der klare brunnen quilt mitt lieblichem gerausche etc.

Wie nun bißweilen eine solche zuesammenstoßung der buch-
staben recht vnd guet ist; soll man sie doch sonsien mitt einander
so wißen zue vermengen/ das nicht die rede dadurch garzue raw
oder zue unde werde. Eben dieses ist es auch/ wann eine syllabe
oder wort zue offte wiederholet wird, als Die die dir diese
dinge sagen.

Jtem/ Es siehet nicht wol auß/ wenn ein Verß in lauter
eynsylbigen wörtern bestehet. Deßen exempel Ronsard giebet:

le vy le liel si beau, si pur et net.

Wiewol wir deutschen/ wegen der menge der einsylbigen
wörter die wir haben/ es zuezeiten kaum vermeiden können.

Hergegen sollen die verß/ sonderlich die Masculini (wie wir
sie im folgenden Capitel nennen werden) sich nicht mit viel syl-
bigen wörtern enden.

Jch wil euch williglich mit vnterthänigkeit
Zue dienste sein/ Hertzlieb/ bey der gelegenheit.

Dann die verß gar zue grob vnd harte dadurch gemacht
werden.

Das ansehen vnd die dignitet der Poetischen rede anlangt/
bestehet dieselbe in den tropis vnnd fchematibus, wenn wir
nemblich ein wort von seiner eigentlichen bedeutung auff einan-
dere ziehen. Dieser figuren abtheilung/ eigenschafft vnd zuege-
hör allhier zue beschreiben/ achte ich darumb vnvonnöthen/ weil
wir im deutschen hiervon mehr nicht als was die Lateiner zue
mercken haben/ vnd also genungsamen vnterricht hiervon ne-
ben den exempeln aus Scaligers vnnd anderer gelehrten leute
büchern nemen können. Dessen wil ich nur erinnern/ das für
allen dingen nötig sey/ höchste mögligkeit zue versuchen/ wie
man die epitheta; an denen bißher bey vns grosser mangel ge-

wesen/

ſie in beſchreibung der baͤche vnd waͤßer wol nuͤtze machen/ als:
Der klare brunnen quilt mitt lieblichem gerauſche ꝛc.

Wie nun bißweilen eine ſolche zueſammenſtoßung der buch-
ſtaben recht vnd guet iſt; ſoll man ſie doch ſonſien mitt einander
ſo wißen zue vermengen/ das nicht die rede dadurch garzue raw
oder zue unde werde. Eben dieſes iſt es auch/ wann eine ſyllabe
oder wort zue offte wiederholet wird, als Die die dir dieſe
dinge ſagen.

Jtem/ Es ſiehet nicht wol auß/ wenn ein Verß in lauter
eynſylbigen woͤrtern beſtehet. Deßen exempel Ronſard giebet:

le vy le liel ſi beau, ſi pur et net.

Wiewol wir deutſchen/ wegen der menge der einſylbigen
woͤrter die wir haben/ es zuezeiten kaum vermeiden koͤnnen.

Hergegen ſollen die verß/ ſonderlich die Maſculini (wie wir
ſie im folgenden Capitel nennen werden) ſich nicht mit viel ſyl-
bigen woͤrtern enden.

Jch wil euch williglich mit vnterthaͤnigkeit
Zue dienſte ſein/ Hertzlieb/ bey der gelegenheit.

Dann die verß gar zue grob vnd harte dadurch gemacht
werden.

Das anſehen vnd die dignitet der Poetiſchen rede anlangt/
beſtehet dieſelbe in den tropis vnnd fchematibus, wenn wir
nemblich ein wort von ſeiner eigentlichen bedeutung auff einan-
dere ziehen. Dieſer figuren abtheilung/ eigenſchafft vnd zuege-
hoͤr allhier zue beſchreiben/ achte ich darumb vnvonnoͤthen/ weil
wir im deutſchen hiervon mehr nicht als was die Lateiner zue
mercken haben/ vnd alſo genungſamen vnterricht hiervon ne-
ben den exempeln aus Scaligers vnnd anderer gelehrten leute
buͤchern nemen koͤnnen. Deſſen wil ich nur erinnern/ das fuͤr
allen dingen noͤtig ſey/ hoͤchſte moͤgligkeit zue verſuchen/ wie
man die epitheta; an denen bißher bey vns groſſer mangel ge-

weſen/
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0045"/>
&#x017F;ie in be&#x017F;chreibung der ba&#x0364;che vnd wa&#x0364;ßer wol nu&#x0364;tze machen/ als:<lb/><hi rendition="#fr">Der klare brunnen quilt mitt lieblichem gerau&#x017F;che &#xA75B;c.</hi></p><lb/>
        <p>Wie nun bißweilen eine &#x017F;olche zue&#x017F;ammen&#x017F;toßung der buch-<lb/>
&#x017F;taben recht vnd guet i&#x017F;t; &#x017F;oll man &#x017F;ie doch &#x017F;on&#x017F;ien mitt einander<lb/>
&#x017F;o wißen zue vermengen/ das nicht die rede dadurch garzue raw<lb/>
oder zue unde werde. Eben die&#x017F;es i&#x017F;t es auch/ wann eine &#x017F;yllabe<lb/>
oder wort zue offte wiederholet wird, als <hi rendition="#fr">Die die dir die&#x017F;e<lb/>
dinge &#x017F;agen.</hi></p><lb/>
        <p>Jtem/ Es &#x017F;iehet nicht wol auß/ wenn ein Verß in lauter<lb/>
eyn&#x017F;ylbigen wo&#x0364;rtern be&#x017F;tehet. Deßen exempel Ron&#x017F;ard giebet:</p><lb/>
        <cit>
          <quote> <hi rendition="#aq">le vy le liel &#x017F;i beau, &#x017F;i pur et net.</hi> </quote>
        </cit><lb/>
        <p>Wiewol wir deut&#x017F;chen/ wegen der menge der ein&#x017F;ylbigen<lb/>
wo&#x0364;rter die wir haben/ es zuezeiten kaum vermeiden ko&#x0364;nnen.</p><lb/>
        <p>Hergegen &#x017F;ollen die verß/ &#x017F;onderlich die Ma&#x017F;culini (wie wir<lb/>
&#x017F;ie im folgenden Capitel nennen werden) &#x017F;ich nicht mit viel &#x017F;yl-<lb/>
bigen wo&#x0364;rtern enden.</p><lb/>
        <lg type="poem">
          <l> <hi rendition="#fr">Jch wil euch williglich mit vntertha&#x0364;nigkeit</hi> </l><lb/>
          <l> <hi rendition="#fr">Zue dien&#x017F;te &#x017F;ein/ Hertzlieb/ bey der gelegenheit.</hi> </l>
        </lg><lb/>
        <p>Dann die verß gar zue grob vnd harte dadurch gemacht<lb/>
werden.</p><lb/>
        <p>Das an&#x017F;ehen vnd die dignitet der Poeti&#x017F;chen rede anlangt/<lb/>
be&#x017F;tehet die&#x017F;elbe in den <hi rendition="#aq">tropis</hi> vnnd <hi rendition="#aq">fchematibus,</hi> wenn wir<lb/>
nemblich ein wort von &#x017F;einer eigentlichen bedeutung auff einan-<lb/>
dere ziehen. Die&#x017F;er figuren abtheilung/ eigen&#x017F;chafft vnd zuege-<lb/>
ho&#x0364;r allhier zue be&#x017F;chreiben/ achte ich darumb vnvonno&#x0364;then/ weil<lb/>
wir im deut&#x017F;chen hiervon mehr nicht als was die Lateiner zue<lb/>
mercken haben/ vnd al&#x017F;o genung&#x017F;amen vnterricht hiervon ne-<lb/>
ben den exempeln aus Scaligers vnnd anderer gelehrten leute<lb/>
bu&#x0364;chern nemen ko&#x0364;nnen. De&#x017F;&#x017F;en wil ich nur erinnern/ das fu&#x0364;r<lb/>
allen dingen no&#x0364;tig &#x017F;ey/ ho&#x0364;ch&#x017F;te mo&#x0364;gligkeit zue ver&#x017F;uchen/ wie<lb/>
man die <hi rendition="#aq">epitheta;</hi> an denen bißher bey vns gro&#x017F;&#x017F;er mangel ge-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">we&#x017F;en/</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0045] ſie in beſchreibung der baͤche vnd waͤßer wol nuͤtze machen/ als: Der klare brunnen quilt mitt lieblichem gerauſche ꝛc. Wie nun bißweilen eine ſolche zueſammenſtoßung der buch- ſtaben recht vnd guet iſt; ſoll man ſie doch ſonſien mitt einander ſo wißen zue vermengen/ das nicht die rede dadurch garzue raw oder zue unde werde. Eben dieſes iſt es auch/ wann eine ſyllabe oder wort zue offte wiederholet wird, als Die die dir dieſe dinge ſagen. Jtem/ Es ſiehet nicht wol auß/ wenn ein Verß in lauter eynſylbigen woͤrtern beſtehet. Deßen exempel Ronſard giebet: le vy le liel ſi beau, ſi pur et net. Wiewol wir deutſchen/ wegen der menge der einſylbigen woͤrter die wir haben/ es zuezeiten kaum vermeiden koͤnnen. Hergegen ſollen die verß/ ſonderlich die Maſculini (wie wir ſie im folgenden Capitel nennen werden) ſich nicht mit viel ſyl- bigen woͤrtern enden. Jch wil euch williglich mit vnterthaͤnigkeit Zue dienſte ſein/ Hertzlieb/ bey der gelegenheit. Dann die verß gar zue grob vnd harte dadurch gemacht werden. Das anſehen vnd die dignitet der Poetiſchen rede anlangt/ beſtehet dieſelbe in den tropis vnnd fchematibus, wenn wir nemblich ein wort von ſeiner eigentlichen bedeutung auff einan- dere ziehen. Dieſer figuren abtheilung/ eigenſchafft vnd zuege- hoͤr allhier zue beſchreiben/ achte ich darumb vnvonnoͤthen/ weil wir im deutſchen hiervon mehr nicht als was die Lateiner zue mercken haben/ vnd alſo genungſamen vnterricht hiervon ne- ben den exempeln aus Scaligers vnnd anderer gelehrten leute buͤchern nemen koͤnnen. Deſſen wil ich nur erinnern/ das fuͤr allen dingen noͤtig ſey/ hoͤchſte moͤgligkeit zue verſuchen/ wie man die epitheta; an denen bißher bey vns groſſer mangel ge- weſen/

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/opitz_buch_1624
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/opitz_buch_1624/45
Zitationshilfe: Opitz, Martin: Buch von der Deutschen Poeterey. Breslau u. a., 1624, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/opitz_buch_1624/45>, abgerufen am 12.10.2024.