Opitz, Martin: Buch von der Deutschen Poeterey. Breslau u. a., 1624.des Poetennamens nie geschämet haben. Jch köndte auch son- ter B iij
des Poetennamens nie geſchaͤmet haben. Jch koͤndte auch ſon- ter B iij
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0019"/> des Poetennamens nie geſchaͤmet haben. Jch koͤndte auch ſon-<lb/> ſten viel vortreffliche leute erzehlen/ die anff dieſe kunſt (wo ich<lb/> ſie eine kunſt nennen ſoll) jhren hoͤchſten fleiß gewendet haben/<lb/> vnd dennoch dem gemeinen nutze mit vnſterblichem lobe vorge-<lb/> gangen ſind. So iſt auch ferner nichts naͤrriſcher/ als wann<lb/> ſie meinen/ die Poeterey beſtehe bloß in ihr ſelber; die doch alle<lb/> andere kuͤnſte vnd wiſſenſchafften in ſich helt. Apuleius nen-<lb/> net den Homerus einen viel wiſſenden vnnd aller dinge erfahre-<lb/> nen Menſchen; Tertullianus von der Seele: einen Vater der<lb/> freyen kuͤnſte. Plato/ welcher im Tragedien ſchreiben ſo weit<lb/> kommen/ das er auch andern kampff anbitten doͤrffen/ hat ver-<lb/> miſchet/ wie Proclus von jhm ſaget/ <gap reason="fm" unit="chars" quantity="18"/><lb/><gap reason="fm" unit="chars" quantity="18"/>, die Pythagoriſche vnnd Socratiſche ei-<lb/> genſchafft/ hat die Geometrie vom Theodorus Cyreneus/ die<lb/> wiſſenſchafft des Geſtirnes von den Egyptiſchen Prieſtern er-<lb/> lernet/ vnd iſt aller dinge kuͤndig geweſen. So hat man vnſere<lb/> Muſen zue mahlen pflegen/ als ſie mitt zueſammen gehenckten<lb/> huͤnden in einem reyen tantzten/ jhnen auch den namen <gap reason="fm" unit="chars" quantity="5"/>/<lb/> gleichſam als <gap reason="fm" unit="chars" quantity="6"/>/ gegeben/ das gemeine bandt vnd ver-<lb/> wandſchafft aller kuͤnſte hierdurch an zue deuten. Wann auch<lb/> die verſe nur bloſſe worte ſindt/ (wiewol das ſo wenig moͤglich<lb/> iſt/ als das der Coͤrper ohne die Seele beſtehen koͤnne) was iſt es<lb/> denn das Eratoſthenes ein getichte von beſchreibung der Welt/<lb/> ſo Hermus geheiſſen/ das Parmenides vnnd Empedoeles von<lb/> natur der dinge/ das Seruilius vnd Heliodorus/ derer Gale-<lb/> nus erwehnet/ von der aͤrtzney geſchrieben haben? Oder/ wer<lb/> kan leugnen/ das nicht Virgilius ein gutter Ackersman/ Lucre-<lb/> tius ein vornemer naturkuͤndiger/ Mareilius ein Aſtronomus/<lb/> Lucanus ein Hiſtorienſchreiber/ Oppianus ein Jaͤgermeiſter/<lb/> vnd einer vnd der andere der Philoſophie obriſten ſein/ da ſie<lb/> doch nichts als Poeten ſein. Es ſey denn das wir glauben wol-<lb/> len/ Theocritus habe Schaffe getrieben/ vnd Heſiodus ſey hin-<lb/> <fw place="bottom" type="sig">B iij</fw><fw place="bottom" type="catch">ter</fw><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0019]
des Poetennamens nie geſchaͤmet haben. Jch koͤndte auch ſon-
ſten viel vortreffliche leute erzehlen/ die anff dieſe kunſt (wo ich
ſie eine kunſt nennen ſoll) jhren hoͤchſten fleiß gewendet haben/
vnd dennoch dem gemeinen nutze mit vnſterblichem lobe vorge-
gangen ſind. So iſt auch ferner nichts naͤrriſcher/ als wann
ſie meinen/ die Poeterey beſtehe bloß in ihr ſelber; die doch alle
andere kuͤnſte vnd wiſſenſchafften in ſich helt. Apuleius nen-
net den Homerus einen viel wiſſenden vnnd aller dinge erfahre-
nen Menſchen; Tertullianus von der Seele: einen Vater der
freyen kuͤnſte. Plato/ welcher im Tragedien ſchreiben ſo weit
kommen/ das er auch andern kampff anbitten doͤrffen/ hat ver-
miſchet/ wie Proclus von jhm ſaget/ __________________
__________________, die Pythagoriſche vnnd Socratiſche ei-
genſchafft/ hat die Geometrie vom Theodorus Cyreneus/ die
wiſſenſchafft des Geſtirnes von den Egyptiſchen Prieſtern er-
lernet/ vnd iſt aller dinge kuͤndig geweſen. So hat man vnſere
Muſen zue mahlen pflegen/ als ſie mitt zueſammen gehenckten
huͤnden in einem reyen tantzten/ jhnen auch den namen _____/
gleichſam als ______/ gegeben/ das gemeine bandt vnd ver-
wandſchafft aller kuͤnſte hierdurch an zue deuten. Wann auch
die verſe nur bloſſe worte ſindt/ (wiewol das ſo wenig moͤglich
iſt/ als das der Coͤrper ohne die Seele beſtehen koͤnne) was iſt es
denn das Eratoſthenes ein getichte von beſchreibung der Welt/
ſo Hermus geheiſſen/ das Parmenides vnnd Empedoeles von
natur der dinge/ das Seruilius vnd Heliodorus/ derer Gale-
nus erwehnet/ von der aͤrtzney geſchrieben haben? Oder/ wer
kan leugnen/ das nicht Virgilius ein gutter Ackersman/ Lucre-
tius ein vornemer naturkuͤndiger/ Mareilius ein Aſtronomus/
Lucanus ein Hiſtorienſchreiber/ Oppianus ein Jaͤgermeiſter/
vnd einer vnd der andere der Philoſophie obriſten ſein/ da ſie
doch nichts als Poeten ſein. Es ſey denn das wir glauben wol-
len/ Theocritus habe Schaffe getrieben/ vnd Heſiodus ſey hin-
ter
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Zitationshilfe: | Opitz, Martin: Buch von der Deutschen Poeterey. Breslau u. a., 1624, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/opitz_buch_1624/19>, abgerufen am 16.07.2024. |