die Schneke seine noch abgetrennte Hand, der Vogel sein werdendes Ohr und so fort? Als es die Natur versuchte, eine Bedekung und eine Lippe für den Menschen zu pro- duciren, ist ihr der Wurm entstanden, sie wollte seine Haut und das Auge machen, und ein Insect geht ihr unter der Hand hervor, die erste Lunge und Hand erschien der Natur als Schneke, der erste Knochen und das Ohr als Vogel, die Nase und die Zunge der Natur sind endlich die Fische und Amphibien. So entwikelt sich vom untersten Thiere herauf ein Organ um das andere, nicht blos die der Sinne, sondern auch die des Rumpfes, daher bricht in je- dem Thiere mit jedem neuen Sinne auch eine neue Function des Rumpfes hervor. Jede Thierklasse bringt ein neues Organ zu seinem Hirne, vom Wurme fängt diese Entwiklung an und steigt bis dahin, wo alle diese Organe vereinigt sind, aber nicht in Einer Linie steigt sie herauf, sondern in dreien und doch nur einer zugleich. Nach dem Getast ist ein Ruhepunkt, von dem die Sinne mit einer neuen Linie be- ginnen, aber sobald das Ohr geformt ist,
wird
die Schneke seine noch abgetrennte Hand, der Vogel sein werdendes Ohr und so fort? Als es die Natur verſuchte, eine Bedekung und eine Lippe für den Menſchen zu pro- duciren, iſt ihr der Wurm entſtanden, sie wollte seine Haut und das Auge machen, und ein Inſect geht ihr unter der Hand hervor, die erſte Lunge und Hand erſchien der Natur als Schneke, der erſte Knochen und das Ohr als Vogel, die Naſe und die Zunge der Natur sind endlich die Fiſche und Amphibien. So entwikelt sich vom unterſten Thiere herauf ein Organ um das andere, nicht blos die der Sinne, sondern auch die des Rumpfes, daher bricht in je- dem Thiere mit jedem neuen Sinne auch eine neue Function des Rumpfes hervor. Jede Thierklaſſe bringt ein neues Organ zu seinem Hirne, vom Wurme fängt dieſe Entwiklung an und ſteigt bis dahin, wo alle dieſe Organe vereinigt sind, aber nicht in Einer Linie ſteigt ſie herauf, sondern in dreien und doch nur einer zugleich. Nach dem Getaſt iſt ein Ruhepunkt, von dem die Sinne mit einer neuen Linie be- ginnen, aber sobald das Ohr geformt iſt,
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[200/0218]
die Schneke seine noch abgetrennte Hand,
der Vogel sein werdendes Ohr und so fort?
Als es die Natur verſuchte, eine Bedekung
und eine Lippe für den Menſchen zu pro-
duciren, iſt ihr der Wurm entſtanden, sie
wollte seine Haut und das Auge machen,
und ein Inſect geht ihr unter der Hand
hervor, die erſte Lunge und Hand erſchien
der Natur als Schneke, der erſte Knochen
und das Ohr als Vogel, die Naſe und die
Zunge der Natur sind endlich die Fiſche
und Amphibien. So entwikelt sich vom
unterſten Thiere herauf ein Organ um das
andere, nicht blos die der Sinne, sondern
auch die des Rumpfes, daher bricht in je-
dem Thiere mit jedem neuen Sinne auch
eine neue Function des Rumpfes hervor.
Jede Thierklaſſe bringt ein neues Organ
zu seinem Hirne, vom Wurme fängt dieſe
Entwiklung an und ſteigt bis dahin, wo
alle dieſe Organe vereinigt sind, aber nicht
in Einer Linie ſteigt ſie herauf, sondern
in dreien und doch nur einer zugleich.
Nach dem Getaſt iſt ein Ruhepunkt, von
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Oken, Lorenz: Abriß des Systems der Biologie. Göttingen, 1805, S. 200. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/oken_biologie_1805/218>, abgerufen am 16.07.2024.
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