Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Oken, Lorenz: Abriß des Systems der Biologie. Göttingen, 1805.

Bild:
<< vorherige Seite

Rükgrats wie bei den Insecten rükwärts;
auch der Oxydationsprocess ist nicht ihr
Hauptorgan, wie es sich aus der Kleinheit
ihrer Kiemen, aus der unbedeutenden
Wärme, und dem kaum verschieden ge-
färbten Blute zeigt. Sie entziehen dem
Wasser mittels der Kiemen das Säureprin-
cip, wie man vor undenklichen Zei-
ten glaubte, seit aber die Luftchymie die
Oberhand gewonnen, wagt niemand mehr,
der alten Meinung zu sein, von nun an
mussten sie den Sauerstoff der im Wasser
mechanisch vertheilten atmosphärischen Luft
einathmen! -- aber warum athmen sie denn
nicht den Sauerstoff der Atmosphäre selbst,
und wählen lieber den Tod als aus diesem
Gefässe die doch gleiche Speise zu ge-
niessen? Es ist nicht abzusehen, warum
das Wasser nicht auch solches Schwere-
oder Säureprincip enthalten könne, wel-
ches ihm durch Athmen oder durch Ko-
chen entzogen werden kann, wodurch die
Fische in ihm erstiken; in verschlossnem
Wasser aber dürfte sie wohl das durch den
Athmungsprocess entstehende Wasserstoff-
gas und die Kohlensäure tödten, aber nicht
der Mangel der atmosphärischen Luft.

Die

Rükgrats wie bei den Inſecten rükwärts;
auch der Oxydationsproceſs iſt nicht ihr
Hauptorgan, wie es sich aus der Kleinheit
ihrer Kiemen, aus der unbedeutenden
Wärme, und dem kaum verſchieden ge-
färbten Blute zeigt. Sie entziehen dem
Waſſer mittels der Kiemen das Säureprin-
cip, wie man vor undenklichen Zei-
ten glaubte, seit aber die Luftchymie die
Oberhand gewonnen, wagt niemand mehr,
der alten Meinung zu sein, von nun an
muſsten sie den Sauerſtoff der im Waſſer
mechaniſch vertheilten atmoſphäriſchen Luft
einathmen! — aber warum athmen ſie denn
nicht den Sauerſtoff der Atmoſphäre selbſt,
und wählen lieber den Tod als aus dieſem
Gefäſse die doch gleiche Speiſe zu ge-
nieſsen? Es iſt nicht abzusehen, warum
das Waſſer nicht auch solches Schwere-
oder Säureprincip enthalten könne, wel-
ches ihm durch Athmen oder durch Ko-
chen entzogen werden kann, wodurch die
Fiſche in ihm erſtiken; in verſchloſsnem
Waſſer aber dürfte sie wohl das durch den
Athmungsproceſs entſtehende Waſſerſtoff-
gas und die Kohlenſäure tödten, aber nicht
der Mangel der atmoſphäriſchen Luft.

Die
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0183" n="165"/>
Rükgrats wie bei den In&#x017F;ecten rükwärts;<lb/>
auch der Oxydationsproce&#x017F;s i&#x017F;t nicht ihr<lb/>
Hauptorgan, wie es sich aus der Kleinheit<lb/>
ihrer Kiemen, aus der unbedeutenden<lb/>
Wärme, und dem kaum ver&#x017F;chieden ge-<lb/>
färbten Blute zeigt. Sie entziehen dem<lb/>
Wa&#x017F;&#x017F;er mittels der Kiemen das Säureprin-<lb/>
cip, wie man vor undenklichen Zei-<lb/>
ten glaubte, seit aber die Luftchymie die<lb/>
Oberhand gewonnen, wagt niemand mehr,<lb/>
der alten Meinung zu sein, von nun an<lb/>
mu&#x017F;sten sie den Sauer&#x017F;toff der im Wa&#x017F;&#x017F;er<lb/>
mechani&#x017F;ch vertheilten atmo&#x017F;phäri&#x017F;chen Luft<lb/>
einathmen! &#x2014; aber warum athmen &#x017F;ie denn<lb/>
nicht den Sauer&#x017F;toff der Atmo&#x017F;phäre selb&#x017F;t,<lb/>
und wählen lieber den Tod als aus die&#x017F;em<lb/>
Gefä&#x017F;se die doch gleiche Spei&#x017F;e zu ge-<lb/>
nie&#x017F;sen? Es i&#x017F;t nicht abzusehen, warum<lb/>
das Wa&#x017F;&#x017F;er nicht auch solches Schwere-<lb/>
oder Säureprincip enthalten könne, wel-<lb/>
ches ihm <choice><sic>dnrch</sic><corr>durch</corr></choice> Athmen oder durch Ko-<lb/>
chen entzogen werden kann, wodurch die<lb/>
Fi&#x017F;che in ihm er&#x017F;tiken; in ver&#x017F;chlo&#x017F;snem<lb/>
Wa&#x017F;&#x017F;er aber dürfte sie wohl das durch den<lb/>
Athmungsproce&#x017F;s ent&#x017F;tehende Wa&#x017F;&#x017F;er&#x017F;toff-<lb/>
gas und die Kohlen&#x017F;äure tödten, aber nicht<lb/>
der Mangel der atmo&#x017F;phäri&#x017F;chen Luft.</p><lb/>
          <fw place="bottom" type="catch">Die</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[165/0183] Rükgrats wie bei den Inſecten rükwärts; auch der Oxydationsproceſs iſt nicht ihr Hauptorgan, wie es sich aus der Kleinheit ihrer Kiemen, aus der unbedeutenden Wärme, und dem kaum verſchieden ge- färbten Blute zeigt. Sie entziehen dem Waſſer mittels der Kiemen das Säureprin- cip, wie man vor undenklichen Zei- ten glaubte, seit aber die Luftchymie die Oberhand gewonnen, wagt niemand mehr, der alten Meinung zu sein, von nun an muſsten sie den Sauerſtoff der im Waſſer mechaniſch vertheilten atmoſphäriſchen Luft einathmen! — aber warum athmen ſie denn nicht den Sauerſtoff der Atmoſphäre selbſt, und wählen lieber den Tod als aus dieſem Gefäſse die doch gleiche Speiſe zu ge- nieſsen? Es iſt nicht abzusehen, warum das Waſſer nicht auch solches Schwere- oder Säureprincip enthalten könne, wel- ches ihm durch Athmen oder durch Ko- chen entzogen werden kann, wodurch die Fiſche in ihm erſtiken; in verſchloſsnem Waſſer aber dürfte sie wohl das durch den Athmungsproceſs entſtehende Waſſerſtoff- gas und die Kohlenſäure tödten, aber nicht der Mangel der atmoſphäriſchen Luft. Die

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/oken_biologie_1805
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/oken_biologie_1805/183
Zitationshilfe: Oken, Lorenz: Abriß des Systems der Biologie. Göttingen, 1805, S. 165. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/oken_biologie_1805/183>, abgerufen am 27.04.2024.