Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Oest, Johann Friedrich: Nöthige Belehrung und Warnung für Jüngling und solche Knaben. In: Allgemeine Revision des gesammten Schul- und Erziehungswesens: von einer Gesellschaft practischer Erzieher, Bd. 6. Wolfenbüttel, 1787. S. 293-434

Bild:
<< vorherige Seite

Er erzählte ihm zu dem Ende die Geschichte eines anderen Selbstschwächers, der in seinem frühesten Alter an der fallenden Sucht starb; einer Krankheit, durch die der Leib mit schmerzhaften Krämpfen gefoltert wird; und eines Jünglings, der durch ähnliche Vergehungen sich einen um sich fressenden Krebsschaden an den gemißbrauchten Theilen seines Körpers zugezogen hatte. Diese Beispiele, hoffte er, würden Wilhelms Seele erschüttern und gegen sein verübtes Laster mit Abscheu erfüllen. Dabei bat er ihn auch recht inständig, daß er doch bedenken mögte, wie sehr er Gott beleidigen und seine Eltern betrüben würde, wenn er von nun an auch nur ein einziges mal die Sünde wieder begehen würde.

Aber Wilhelm war nicht so glücklich, daß diese Vorstellungen recht würksam bei ihm werden konnten, so sehr war sein Verstand zerrüttet; und dies, meine Lieben, ist gerade das traurigste, was aus der Selbstschwächung erfolgt, daß die Seele nicht so viel Stärke übrig behält, als nöthig ist, die Gefahr und Abscheulichkeit dieser Sünde recht einzusehen und sich von ihr loszumachen. Wilhelm konnte sich nichts im Zusammenhang denken. Zuweilen war er gerührt und fing an zu weinen; dann sah er wieder

Er erzählte ihm zu dem Ende die Geschichte eines anderen Selbstschwächers, der in seinem frühesten Alter an der fallenden Sucht starb; einer Krankheit, durch die der Leib mit schmerzhaften Krämpfen gefoltert wird; und eines Jünglings, der durch ähnliche Vergehungen sich einen um sich fressenden Krebsschaden an den gemißbrauchten Theilen seines Körpers zugezogen hatte. Diese Beispiele, hoffte er, würden Wilhelms Seele erschüttern und gegen sein verübtes Laster mit Abscheu erfüllen. Dabei bat er ihn auch recht inständig, daß er doch bedenken mögte, wie sehr er Gott beleidigen und seine Eltern betrüben würde, wenn er von nun an auch nur ein einziges mal die Sünde wieder begehen würde.

Aber Wilhelm war nicht so glücklich, daß diese Vorstellungen recht würksam bei ihm werden konnten, so sehr war sein Verstand zerrüttet; und dies, meine Lieben, ist gerade das traurigste, was aus der Selbstschwächung erfolgt, daß die Seele nicht so viel Stärke übrig behält, als nöthig ist, die Gefahr und Abscheulichkeit dieser Sünde recht einzusehen und sich von ihr loszumachen. Wilhelm konnte sich nichts im Zusammenhang denken. Zuweilen war er gerührt und fing an zu weinen; dann sah er wieder

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0018" n="310"/>
        <p> Er erzählte ihm zu dem Ende die Geschichte eines anderen Selbstschwächers, der in seinem frühesten Alter an der fallenden Sucht starb; einer Krankheit, durch die der Leib mit schmerzhaften Krämpfen gefoltert wird; und eines Jünglings, der durch ähnliche Vergehungen sich einen um sich fressenden Krebsschaden an den gemißbrauchten Theilen seines Körpers zugezogen hatte. Diese Beispiele, hoffte er, würden Wilhelms Seele erschüttern und gegen sein verübtes Laster mit Abscheu erfüllen. Dabei bat er ihn auch recht inständig, daß er doch bedenken mögte, wie sehr er Gott beleidigen und seine Eltern betrüben würde, wenn er von nun an auch nur ein einziges mal die Sünde wieder begehen würde.</p>
        <p>Aber Wilhelm war nicht so glücklich, daß diese Vorstellungen recht würksam bei ihm werden konnten, so sehr war sein Verstand zerrüttet; und dies, meine Lieben, ist gerade das traurigste, was aus der Selbstschwächung erfolgt, daß die Seele nicht so viel Stärke übrig behält, als nöthig ist, die Gefahr und Abscheulichkeit dieser Sünde recht einzusehen und sich von ihr loszumachen. Wilhelm konnte sich nichts im Zusammenhang denken. Zuweilen war er gerührt und fing an zu weinen; dann sah er wieder
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[310/0018] Er erzählte ihm zu dem Ende die Geschichte eines anderen Selbstschwächers, der in seinem frühesten Alter an der fallenden Sucht starb; einer Krankheit, durch die der Leib mit schmerzhaften Krämpfen gefoltert wird; und eines Jünglings, der durch ähnliche Vergehungen sich einen um sich fressenden Krebsschaden an den gemißbrauchten Theilen seines Körpers zugezogen hatte. Diese Beispiele, hoffte er, würden Wilhelms Seele erschüttern und gegen sein verübtes Laster mit Abscheu erfüllen. Dabei bat er ihn auch recht inständig, daß er doch bedenken mögte, wie sehr er Gott beleidigen und seine Eltern betrüben würde, wenn er von nun an auch nur ein einziges mal die Sünde wieder begehen würde. Aber Wilhelm war nicht so glücklich, daß diese Vorstellungen recht würksam bei ihm werden konnten, so sehr war sein Verstand zerrüttet; und dies, meine Lieben, ist gerade das traurigste, was aus der Selbstschwächung erfolgt, daß die Seele nicht so viel Stärke übrig behält, als nöthig ist, die Gefahr und Abscheulichkeit dieser Sünde recht einzusehen und sich von ihr loszumachen. Wilhelm konnte sich nichts im Zusammenhang denken. Zuweilen war er gerührt und fing an zu weinen; dann sah er wieder

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription. (2013-06-18T07:52:44Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Frederike Neuber: Bearbeitung der digitalen Edition. (2013-06-18T07:52:44Z)
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-06-18T07:52:44Z)

Weitere Informationen:

Als Grundlage dienen die Wikisource-Editionsrichtlinien.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/oest_knaben_1787
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/oest_knaben_1787/18
Zitationshilfe: Oest, Johann Friedrich: Nöthige Belehrung und Warnung für Jüngling und solche Knaben. In: Allgemeine Revision des gesammten Schul- und Erziehungswesens: von einer Gesellschaft practischer Erzieher, Bd. 6. Wolfenbüttel, 1787. S. 293-434, S. 310. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/oest_knaben_1787/18>, abgerufen am 21.11.2024.