Oest, Johann Friedrich: Nöthige Belehrung und Warnung für Jüngling und solche Knaben. In: Allgemeine Revision des gesammten Schul- und Erziehungswesens: von einer Gesellschaft practischer Erzieher, Bd. 6. Wolfenbüttel, 1787. S. 293-434zu seyn, was man thut, und warum man es thut. Bei dieser Stellung konnte es nicht fehlen, daß er nicht oft, selbst unvorsetzlich, diejenigen Theile seines Körpers berührte, von denen ich euch schon gesagt habe, daß sie so leicht zu verletzen sind. Weil er indessen keinen Schmerz, vielmehr ein Vergnügen dabei empfand, so glaubte er auch, dies könne ihm nicht schaden; denn Kinder beurtheilen oft Dinge bloß nach dem ersten Eindruck, den sie auf ihre Empfindung machen. Endlich gerieth er darauf, sich zu entblößen und sich noch öfter zu berühren. Und in kurzer Zeit war er mit der unseligen Gewohnheit so vertraut, daß er sie fast täglich ausübte. Durch sie ward er so entnervt, so ganz seiner Menschheit beraubt, daß ihm kaum die menschliche Gestalt noch übrig blieb. Der theilnehmende bekümmerte Prediger wandte nun alles an, dem unglücklichen Verbrecher die Gefahr seines Zustandes recht vor Augen zu stellen. Hoffnung, ihm seine Gesundheit wieder zu verschaffen, konnte er freilich nur wenig haben; aber er wünschte ihn doch dahin zu bringen, daß er seine That bereuen, Gott diese unerkannte Sünde abbitten und sich fest entschließen mögte, sie nie wieder zu begehen. zu seyn, was man thut, und warum man es thut. Bei dieser Stellung konnte es nicht fehlen, daß er nicht oft, selbst unvorsetzlich, diejenigen Theile seines Körpers berührte, von denen ich euch schon gesagt habe, daß sie so leicht zu verletzen sind. Weil er indessen keinen Schmerz, vielmehr ein Vergnügen dabei empfand, so glaubte er auch, dies könne ihm nicht schaden; denn Kinder beurtheilen oft Dinge bloß nach dem ersten Eindruck, den sie auf ihre Empfindung machen. Endlich gerieth er darauf, sich zu entblößen und sich noch öfter zu berühren. Und in kurzer Zeit war er mit der unseligen Gewohnheit so vertraut, daß er sie fast täglich ausübte. Durch sie ward er so entnervt, so ganz seiner Menschheit beraubt, daß ihm kaum die menschliche Gestalt noch übrig blieb. Der theilnehmende bekümmerte Prediger wandte nun alles an, dem unglücklichen Verbrecher die Gefahr seines Zustandes recht vor Augen zu stellen. Hoffnung, ihm seine Gesundheit wieder zu verschaffen, konnte er freilich nur wenig haben; aber er wünschte ihn doch dahin zu bringen, daß er seine That bereuen, Gott diese unerkannte Sünde abbitten und sich fest entschließen mögte, sie nie wieder zu begehen. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0017" n="309"/> zu seyn, was man thut, und warum man es thut. Bei dieser Stellung konnte es nicht fehlen, daß er nicht oft, selbst unvorsetzlich, diejenigen Theile seines Körpers berührte, von denen ich euch schon gesagt habe, daß sie so leicht zu verletzen sind. Weil er indessen keinen Schmerz, vielmehr ein Vergnügen dabei empfand, so glaubte er auch, dies könne ihm nicht schaden; denn Kinder beurtheilen oft Dinge bloß nach dem ersten Eindruck, den sie auf ihre Empfindung machen. Endlich gerieth er darauf, sich zu entblößen und sich noch öfter zu berühren. Und in kurzer Zeit war er mit der unseligen Gewohnheit so vertraut, daß er sie fast täglich ausübte. Durch sie ward er so entnervt, so ganz seiner Menschheit beraubt, daß ihm kaum die menschliche Gestalt noch übrig blieb.</p> <p>Der theilnehmende bekümmerte Prediger wandte nun alles an, dem unglücklichen Verbrecher die Gefahr seines Zustandes recht vor Augen zu stellen. Hoffnung, ihm seine Gesundheit wieder zu verschaffen, konnte er freilich nur wenig haben; aber er wünschte ihn doch dahin zu bringen, daß er seine That bereuen, Gott diese unerkannte Sünde abbitten und sich fest entschließen mögte, sie nie wieder zu begehen.</p> </div> </body> </text> </TEI> [309/0017]
zu seyn, was man thut, und warum man es thut. Bei dieser Stellung konnte es nicht fehlen, daß er nicht oft, selbst unvorsetzlich, diejenigen Theile seines Körpers berührte, von denen ich euch schon gesagt habe, daß sie so leicht zu verletzen sind. Weil er indessen keinen Schmerz, vielmehr ein Vergnügen dabei empfand, so glaubte er auch, dies könne ihm nicht schaden; denn Kinder beurtheilen oft Dinge bloß nach dem ersten Eindruck, den sie auf ihre Empfindung machen. Endlich gerieth er darauf, sich zu entblößen und sich noch öfter zu berühren. Und in kurzer Zeit war er mit der unseligen Gewohnheit so vertraut, daß er sie fast täglich ausübte. Durch sie ward er so entnervt, so ganz seiner Menschheit beraubt, daß ihm kaum die menschliche Gestalt noch übrig blieb.
Der theilnehmende bekümmerte Prediger wandte nun alles an, dem unglücklichen Verbrecher die Gefahr seines Zustandes recht vor Augen zu stellen. Hoffnung, ihm seine Gesundheit wieder zu verschaffen, konnte er freilich nur wenig haben; aber er wünschte ihn doch dahin zu bringen, daß er seine That bereuen, Gott diese unerkannte Sünde abbitten und sich fest entschließen mögte, sie nie wieder zu begehen.
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