Nyland, Petrus: Desz Schauplatzes Irdischer Geschöpffe. Bd. 2. Osnabrück, 1687.Speise. In Nova Hispania lauret er von den Bäumen an den Üfern der Revieren auff die Crocodillen/ die er unversehens überfället und umbbringt. Wann er einigen Raub bekommen/ seuget er zu erst das Blut darauß/ dann er über alle Massen blutgierig ist/ und darnach frist er das Fleisch. Die Versamblung mit dem Weibchen geschicht wie von andern vierfüssigen Thieren / und das nicht allemahl mit denen von seinen Geschlecht sondern auch bißweilen mit andern. Der Tyger erreichet ein ziembliches Alter/ ist darinnen von dem Leuwen wenig unterschieden. Er ist von sehr grimmiger Art/ und nicht wohl zu zähmen; Jedennoch hat der Käiser Augustus einen gezähmeten Tyger/ in einen Kasten beschlossen/ zu Rom vorgezeiget. Nochmehr aber ist zu verwundern/ daß Heliogabalus dieselben so zahm gemachet/ daß er sie vor seinen Wagen konte spannen lassen. Lindschot erzehlet/ daß die Tyger in West-Indien die Spanier nicht beschädigen / sondern nur die Indianer anfallen; und daß sie auff der Insul Bamba die weisse Menschen nicht/ sondern nur die schwartzen Mooren überfallen. In den Umbkreiß in West-Indien/ Guajana genant/ und zwischen Peru und Brasil belegen/ seyn tyger Thire/ welche die Einwohner nicht beschädigen/ sondern die Frembden/ so dorthin kommen/ zerreisten und verschlingen sie grausamlich. Man findet auch bey einigen Scribenten verzeichnet/ daß die tyger Thiere die mohrische Schiffe wol auff 20. Meil Weges/ langes des Üfers verfolgen/ umb so Jemand auß dem Schiff zu Lande kähme/ denselben zu zerreissen; Oder sie springen des Nachts in die Schiffe/ und erwürgen die unvorsichtigen Schifleute. Hievon wird ein sonderliches Exempel erzehlet/ so in Bengala sich begeben: Da einen sichern mohrischen Schlaven geträumet/ das er von einen Tyger weggeführet wurde/ weswegen er die folgende Nacht unter den Vorstäben des Schiffes / darinnen er wahr/ sich verborgen; Und nach dem ihm seyn Herr der Ursach halber befraget/ habe er demselben seinen Traum erzehlet/ dessen Wahrheit/ der Außgang der folgenden Nacht erwiesen/ da ein Tyger/ in dem sie alle schlieffen / ohne jemands Beschädigung/ den Mooren auß seinem verborgenen Orte herauß geholet und hinweg geführet. Glücklicher aber nicht weniger gefährlich war/ waß sich mit einen andern Mooren begeben/ welcher nicht weit von Strande in seinen Kahn von hin- Speise. In Nova Hispania lauret er von den Bäumen an den Üfern der Revieren auff die Crocodillen/ die er unversehens überfället und umbbringt. Wann er einigen Raub bekommen/ seuget er zu erst das Blut darauß/ dann er über alle Massen blutgierig ist/ und darnach frist er das Fleisch. Die Versamblung mit dem Weibchen geschicht wie von andern vierfüssigen Thieren / und das nicht allemahl mit denen von seinen Geschlecht sondern auch bißweilen mit andern. Der Tyger erreichet ein ziembliches Alter/ ist darinnen von dem Leuwen wenig unterschieden. Er ist von sehr grimmiger Art/ und nicht wohl zu zähmen; Jedennoch hat der Käiser Augustus einen gezähmeten Tyger/ in einen Kasten beschlossen/ zu Rom vorgezeiget. Nochmehr aber ist zu verwundern/ daß Heliogabalus dieselben so zahm gemachet/ daß er sie vor seinen Wagen konte spannen lassen. Lindschot erzehlet/ daß die Tyger in West-Indien die Spanier nicht beschädigen / sondern nur die Indianer anfallen; und daß sie auff der Insul Bamba die weisse Menschen nicht/ sondern nur die schwartzen Mooren überfallen. In den Umbkreiß in West-Indien/ Guajana genant/ und zwischen Peru und Brasil belegen/ seyn tyger Thire/ welche die Einwohner nicht beschädigen/ sondern die Frembden/ so dorthin kommen/ zerreisten und verschlingen sie grausamlich. Man findet auch bey einigen Scribenten verzeichnet/ daß die tyger Thiere die mohrische Schiffe wol auff 20. Meil Weges/ langes des Üfers verfolgen/ umb so Jemand auß dem Schiff zu Lande kähme/ denselben zu zerreissen; Oder sie springen des Nachts in die Schiffe/ und erwürgen die unvorsichtigen Schifleute. Hievon wird ein sonderliches Exempel erzehlet/ so in Bengala sich begeben: Da einen sichern mohrischen Schlaven geträumet/ das er von einen Tyger weggeführet wurde/ weswegen er die folgende Nacht unter den Vorstäben des Schiffes / darinnen er wahr/ sich verborgen; Und nach dem ihm seyn Herr der Ursach halber befraget/ habe er demselben seinen Traum erzehlet/ dessen Wahrheit/ der Außgang der folgenden Nacht erwiesen/ da ein Tyger/ in dem sie alle schlieffen / ohne jemands Beschädigung/ den Mooren auß seinem verborgenen Orte herauß geholet und hinweg geführet. Glücklicher aber nicht weniger gefährlich war/ waß sich mit einen andern Mooren begeben/ welcher nicht weit von Strande in seinen Kahn von hin- <TEI> <text> <body> <div> <p><pb facs="#f0049" n="45"/> Speise. In Nova Hispania lauret er von den Bäumen an den Üfern der Revieren auff die Crocodillen/ die er unversehens überfället und umbbringt. Wann er einigen Raub bekommen/ seuget er zu erst das Blut darauß/ dann er über alle Massen blutgierig ist/ und darnach frist er das Fleisch.</p> <p>Die Versamblung mit dem Weibchen geschicht wie von andern vierfüssigen Thieren / und das nicht allemahl mit denen von seinen Geschlecht sondern auch bißweilen mit andern.</p> <p>Der Tyger erreichet ein ziembliches Alter/ ist darinnen von dem Leuwen wenig unterschieden.</p> <p>Er ist von sehr grimmiger Art/ und nicht wohl zu zähmen; Jedennoch hat der Käiser Augustus einen gezähmeten Tyger/ in einen Kasten beschlossen/ zu Rom vorgezeiget. Nochmehr aber ist zu verwundern/ daß Heliogabalus dieselben so zahm gemachet/ daß er sie vor seinen Wagen konte spannen lassen.</p> <p>Lindschot erzehlet/ daß die Tyger in West-Indien die Spanier nicht beschädigen / sondern nur die Indianer anfallen; und daß sie auff der Insul Bamba die weisse Menschen nicht/ sondern nur die schwartzen Mooren überfallen.</p> <p>In den Umbkreiß in West-Indien/ Guajana genant/ und zwischen Peru und Brasil belegen/ seyn tyger Thire/ welche die Einwohner nicht beschädigen/ sondern die Frembden/ so dorthin kommen/ zerreisten und verschlingen sie grausamlich. Man findet auch bey einigen Scribenten verzeichnet/ daß die tyger Thiere die mohrische Schiffe wol auff 20. Meil Weges/ langes des Üfers verfolgen/ umb so Jemand auß dem Schiff zu Lande kähme/ denselben zu zerreissen; Oder sie springen des Nachts in die Schiffe/ und erwürgen die unvorsichtigen Schifleute. Hievon wird ein sonderliches Exempel erzehlet/ so in Bengala sich begeben: Da einen sichern mohrischen Schlaven geträumet/ das er von einen Tyger weggeführet wurde/ weswegen er die folgende Nacht unter den Vorstäben des Schiffes / darinnen er wahr/ sich verborgen; Und nach dem ihm seyn Herr der Ursach halber befraget/ habe er demselben seinen Traum erzehlet/ dessen Wahrheit/ der Außgang der folgenden Nacht erwiesen/ da ein Tyger/ in dem sie alle schlieffen / ohne jemands Beschädigung/ den Mooren auß seinem verborgenen Orte herauß geholet und hinweg geführet.</p> <p>Glücklicher aber nicht weniger gefährlich war/ waß sich mit einen andern Mooren begeben/ welcher nicht weit von Strande in seinen Kahn von hin- </p> </div> </body> </text> </TEI> [45/0049]
Speise. In Nova Hispania lauret er von den Bäumen an den Üfern der Revieren auff die Crocodillen/ die er unversehens überfället und umbbringt. Wann er einigen Raub bekommen/ seuget er zu erst das Blut darauß/ dann er über alle Massen blutgierig ist/ und darnach frist er das Fleisch.
Die Versamblung mit dem Weibchen geschicht wie von andern vierfüssigen Thieren / und das nicht allemahl mit denen von seinen Geschlecht sondern auch bißweilen mit andern.
Der Tyger erreichet ein ziembliches Alter/ ist darinnen von dem Leuwen wenig unterschieden.
Er ist von sehr grimmiger Art/ und nicht wohl zu zähmen; Jedennoch hat der Käiser Augustus einen gezähmeten Tyger/ in einen Kasten beschlossen/ zu Rom vorgezeiget. Nochmehr aber ist zu verwundern/ daß Heliogabalus dieselben so zahm gemachet/ daß er sie vor seinen Wagen konte spannen lassen.
Lindschot erzehlet/ daß die Tyger in West-Indien die Spanier nicht beschädigen / sondern nur die Indianer anfallen; und daß sie auff der Insul Bamba die weisse Menschen nicht/ sondern nur die schwartzen Mooren überfallen.
In den Umbkreiß in West-Indien/ Guajana genant/ und zwischen Peru und Brasil belegen/ seyn tyger Thire/ welche die Einwohner nicht beschädigen/ sondern die Frembden/ so dorthin kommen/ zerreisten und verschlingen sie grausamlich. Man findet auch bey einigen Scribenten verzeichnet/ daß die tyger Thiere die mohrische Schiffe wol auff 20. Meil Weges/ langes des Üfers verfolgen/ umb so Jemand auß dem Schiff zu Lande kähme/ denselben zu zerreissen; Oder sie springen des Nachts in die Schiffe/ und erwürgen die unvorsichtigen Schifleute. Hievon wird ein sonderliches Exempel erzehlet/ so in Bengala sich begeben: Da einen sichern mohrischen Schlaven geträumet/ das er von einen Tyger weggeführet wurde/ weswegen er die folgende Nacht unter den Vorstäben des Schiffes / darinnen er wahr/ sich verborgen; Und nach dem ihm seyn Herr der Ursach halber befraget/ habe er demselben seinen Traum erzehlet/ dessen Wahrheit/ der Außgang der folgenden Nacht erwiesen/ da ein Tyger/ in dem sie alle schlieffen / ohne jemands Beschädigung/ den Mooren auß seinem verborgenen Orte herauß geholet und hinweg geführet.
Glücklicher aber nicht weniger gefährlich war/ waß sich mit einen andern Mooren begeben/ welcher nicht weit von Strande in seinen Kahn von hin-
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Zitationshilfe: | Nyland, Petrus: Desz Schauplatzes Irdischer Geschöpffe. Bd. 2. Osnabrück, 1687, S. 45. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nylandt_schauplatz02_1678/49>, abgerufen am 16.07.2024. |