Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Novalis: Heinrich von Ofterdingen. Berlin, 1802.

Bild:
<< vorherige Seite

Aus des feuchten Abgrunds Betten,
Aus den Gräbern und Ruinen,
Himmelsrosen auf den Wangen
Schwebt in's bunte Fabelreich.

Könnten doch die Menschen wissen,
Unsre künftigen Genossen,
Daß bei allen ihren Freuden
Wir geschäftig sind:
Jauchzend würden sie verscheiden,
Gern das bleiche Daseyn missen, --
O! die Zeit ist bald verflossen,
Kommt Geliebte doch geschwind!
Helft uns nur den Erdgeist binden,
Lernt den Sinn des Todes fassen
Und das Wort des Lebens finden;
Einmal kehrt euch um.
Deine Macht muß bald verschwinden,
Dein erborgtes Licht verblassen,

Aus des feuchten Abgrunds Betten,
Aus den Gräbern und Ruinen,
Himmelsroſen auf den Wangen
Schwebt in's bunte Fabelreich.

Könnten doch die Menſchen wiſſen,
Unſre künftigen Genoſſen,
Daß bei allen ihren Freuden
Wir geſchäftig ſind:
Jauchzend würden ſie verſcheiden,
Gern das bleiche Daſeyn miſſen, —
O! die Zeit iſt bald verfloſſen,
Kommt Geliebte doch geſchwind!
Helft uns nur den Erdgeiſt binden,
Lernt den Sinn des Todes faſſen
Und das Wort des Lebens finden;
Einmal kehrt euch um.
Deine Macht muß bald verſchwinden,
Dein erborgtes Licht verblaſſen,
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <lg type="poem">
                <lg n="13">
                  <pb facs="#f0408" n="62"/>
                  <l>Aus des feuchten Abgrunds Betten,</l><lb/>
                  <l>Aus den Gräbern und Ruinen,</l><lb/>
                  <l>Himmelsro&#x017F;en auf den Wangen</l><lb/>
                  <l>Schwebt in's bunte Fabelreich.</l><lb/>
                </lg>
                <lg n="14">
                  <l>Könnten doch die Men&#x017F;chen wi&#x017F;&#x017F;en,</l><lb/>
                  <l>Un&#x017F;re künftigen Geno&#x017F;&#x017F;en,</l><lb/>
                  <l>Daß bei allen ihren Freuden</l><lb/>
                  <l>Wir ge&#x017F;chäftig &#x017F;ind:</l><lb/>
                  <l>Jauchzend würden &#x017F;ie ver&#x017F;cheiden,</l><lb/>
                  <l>Gern das bleiche Da&#x017F;eyn mi&#x017F;&#x017F;en, &#x2014;</l><lb/>
                  <l>O! die Zeit i&#x017F;t bald verflo&#x017F;&#x017F;en,</l><lb/>
                  <l>Kommt Geliebte doch ge&#x017F;chwind!</l><lb/>
                </lg>
                <lg n="15">
                  <l>Helft uns nur den Erdgei&#x017F;t binden,</l><lb/>
                  <l>Lernt den Sinn des Todes fa&#x017F;&#x017F;en</l><lb/>
                  <l>Und das Wort des Lebens finden;</l><lb/>
                  <l>Einmal kehrt euch um.</l><lb/>
                  <l>Deine Macht muß bald ver&#x017F;chwinden,</l><lb/>
                  <l>Dein erborgtes Licht verbla&#x017F;&#x017F;en,</l><lb/>
                </lg>
              </lg>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[62/0408] Aus des feuchten Abgrunds Betten, Aus den Gräbern und Ruinen, Himmelsroſen auf den Wangen Schwebt in's bunte Fabelreich. Könnten doch die Menſchen wiſſen, Unſre künftigen Genoſſen, Daß bei allen ihren Freuden Wir geſchäftig ſind: Jauchzend würden ſie verſcheiden, Gern das bleiche Daſeyn miſſen, — O! die Zeit iſt bald verfloſſen, Kommt Geliebte doch geſchwind! Helft uns nur den Erdgeiſt binden, Lernt den Sinn des Todes faſſen Und das Wort des Lebens finden; Einmal kehrt euch um. Deine Macht muß bald verſchwinden, Dein erborgtes Licht verblaſſen,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/novalis_ofterdingen_1802
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/novalis_ofterdingen_1802/408
Zitationshilfe: Novalis: Heinrich von Ofterdingen. Berlin, 1802, S. 62. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/novalis_ofterdingen_1802/408>, abgerufen am 06.05.2024.