Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Novalis: Heinrich von Ofterdingen. Berlin, 1802.

Bild:
<< vorherige Seite

pelndes Schilf hielt seinen Ungestüm auf,
und es stieß leise an das Ufer. Sie eilten
die breiten Treppen hinan. Die Liebe wun¬
derte sich über die königliche Stadt und ihre
Reichthümer. Im Hofe sprang der lebendig¬
gewordne Quell, der Hain bewegte sich mit
den süßesten Tönen, und ein wunderba¬
res Leben schien in seinen heißen Stäm¬
men und Blättern, in seinen funkelnden
Blumen und Früchten zu quellen und
zu treiben. Der alte Held empfing sie
an den Thoren des Pallastes. Ehrwür¬
diger Alter, sagte Fabel, Eros bedarf dein
Schwerdt. Gold hat ihm eine Kette gege¬
ben, die mit einem Ende in das Meer hin¬
unter reicht, und mit dem andern um seine
Brust geschlungen ist. Fasse sie mit mir an,
und führe uns in den Saal, wo die Prinzes¬
sin ruht. Eros nahm aus der Hand des
Alten das Schwerdt, setzte den Knopf auf

pelndes Schilf hielt ſeinen Ungeſtüm auf,
und es ſtieß leiſe an das Ufer. Sie eilten
die breiten Treppen hinan. Die Liebe wun¬
derte ſich über die königliche Stadt und ihre
Reichthümer. Im Hofe ſprang der lebendig¬
gewordne Quell, der Hain bewegte ſich mit
den ſüßeſten Tönen, und ein wunderba¬
res Leben ſchien in ſeinen heißen Stäm¬
men und Blättern, in ſeinen funkelnden
Blumen und Früchten zu quellen und
zu treiben. Der alte Held empfing ſie
an den Thoren des Pallaſtes. Ehrwür¬
diger Alter, ſagte Fabel, Eros bedarf dein
Schwerdt. Gold hat ihm eine Kette gege¬
ben, die mit einem Ende in das Meer hin¬
unter reicht, und mit dem andern um ſeine
Bruſt geſchlungen iſt. Faſſe ſie mit mir an,
und führe uns in den Saal, wo die Prinzeſ¬
ſin ruht. Eros nahm aus der Hand des
Alten das Schwerdt, ſetzte den Knopf auf

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0340" n="332"/>
pelndes Schilf hielt &#x017F;einen Unge&#x017F;tüm auf,<lb/>
und es &#x017F;tieß lei&#x017F;e an das Ufer. Sie eilten<lb/>
die breiten Treppen hinan. Die Liebe wun¬<lb/>
derte &#x017F;ich über die königliche Stadt und ihre<lb/>
Reichthümer. Im Hofe &#x017F;prang der lebendig¬<lb/>
gewordne Quell, der Hain bewegte &#x017F;ich mit<lb/>
den &#x017F;üße&#x017F;ten Tönen, und ein wunderba¬<lb/>
res Leben &#x017F;chien in &#x017F;einen heißen Stäm¬<lb/>
men und Blättern, in &#x017F;einen funkelnden<lb/>
Blumen und Früchten zu quellen und<lb/>
zu treiben. Der alte Held empfing &#x017F;ie<lb/>
an den Thoren des Palla&#x017F;tes. Ehrwür¬<lb/>
diger Alter, &#x017F;agte Fabel, Eros bedarf dein<lb/>
Schwerdt. Gold hat ihm eine Kette gege¬<lb/>
ben, die mit einem Ende in das Meer hin¬<lb/>
unter reicht, und mit dem andern um &#x017F;eine<lb/>
Bru&#x017F;t ge&#x017F;chlungen i&#x017F;t. Fa&#x017F;&#x017F;e &#x017F;ie mit mir an,<lb/>
und führe uns in den Saal, wo die Prinze&#x017F;¬<lb/>
&#x017F;in ruht. Eros nahm aus der Hand des<lb/>
Alten das Schwerdt, &#x017F;etzte den Knopf auf<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[332/0340] pelndes Schilf hielt ſeinen Ungeſtüm auf, und es ſtieß leiſe an das Ufer. Sie eilten die breiten Treppen hinan. Die Liebe wun¬ derte ſich über die königliche Stadt und ihre Reichthümer. Im Hofe ſprang der lebendig¬ gewordne Quell, der Hain bewegte ſich mit den ſüßeſten Tönen, und ein wunderba¬ res Leben ſchien in ſeinen heißen Stäm¬ men und Blättern, in ſeinen funkelnden Blumen und Früchten zu quellen und zu treiben. Der alte Held empfing ſie an den Thoren des Pallaſtes. Ehrwür¬ diger Alter, ſagte Fabel, Eros bedarf dein Schwerdt. Gold hat ihm eine Kette gege¬ ben, die mit einem Ende in das Meer hin¬ unter reicht, und mit dem andern um ſeine Bruſt geſchlungen iſt. Faſſe ſie mit mir an, und führe uns in den Saal, wo die Prinzeſ¬ ſin ruht. Eros nahm aus der Hand des Alten das Schwerdt, ſetzte den Knopf auf

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/novalis_ofterdingen_1802
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/novalis_ofterdingen_1802/340
Zitationshilfe: Novalis: Heinrich von Ofterdingen. Berlin, 1802, S. 332. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/novalis_ofterdingen_1802/340>, abgerufen am 19.05.2024.