gel. Der Vater erhob sich, seine Augen blitz¬ ten, und so schön und bedeutend auch seine Gestalt war, so schien doch sein ganzer Kör¬ per eine feine unendlich bewegliche Flüssig¬ keit zu seyn, die jeden Eindruck in den man¬ nigfaltigsten und reitzendsten Bewegungen verrieth.
Das glückliche Paar näherte sich Sophi¬ en, die Worte der Weihe über sie aussprach, und sie ermahnte, den Spiegel fleißig zu Rathe zu ziehn, der alles in seiner wahren Gestalt zurückwerfe, jedes Blendwerk ver¬ nichte, und ewig das ursprüngliche Bild fest¬ halte. Sie ergriff nun die Urne und schütte¬ te die Asche in die Schaale auf dem Altar. Eie sanftes Brausen verkündigte die Auflö¬ sung, und ein leiser Wind wehte in den Gewändern und Locken der Umstehenden.
Sophie reichte die Schaale dem Eros und dieser den Andern. Alle kosteten den
gel. Der Vater erhob ſich, ſeine Augen blitz¬ ten, und ſo ſchön und bedeutend auch ſeine Geſtalt war, ſo ſchien doch ſein ganzer Kör¬ per eine feine unendlich bewegliche Flüſſig¬ keit zu ſeyn, die jeden Eindruck in den man¬ nigfaltigſten und reitzendſten Bewegungen verrieth.
Das glückliche Paar näherte ſich Sophi¬ en, die Worte der Weihe über ſie ausſprach, und ſie ermahnte, den Spiegel fleißig zu Rathe zu ziehn, der alles in ſeiner wahren Geſtalt zurückwerfe, jedes Blendwerk ver¬ nichte, und ewig das urſprüngliche Bild feſt¬ halte. Sie ergriff nun die Urne und ſchütte¬ te die Aſche in die Schaale auf dem Altar. Eie ſanftes Brauſen verkündigte die Auflö¬ ſung, und ein leiſer Wind wehte in den Gewändern und Locken der Umſtehenden.
Sophie reichte die Schaale dem Eros und dieſer den Andern. Alle koſteten den
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gel. Der Vater erhob ſich, ſeine Augen blitz¬
ten, und ſo ſchön und bedeutend auch ſeine
Geſtalt war, ſo ſchien doch ſein ganzer Kör¬
per eine feine unendlich bewegliche Flüſſig¬
keit zu ſeyn, die jeden Eindruck in den man¬
nigfaltigſten und reitzendſten Bewegungen
verrieth.
Das glückliche Paar näherte ſich Sophi¬
en, die Worte der Weihe über ſie ausſprach,
und ſie ermahnte, den Spiegel fleißig zu
Rathe zu ziehn, der alles in ſeiner wahren
Geſtalt zurückwerfe, jedes Blendwerk ver¬
nichte, und ewig das urſprüngliche Bild feſt¬
halte. Sie ergriff nun die Urne und ſchütte¬
te die Aſche in die Schaale auf dem Altar.
Eie ſanftes Brauſen verkündigte die Auflö¬
ſung, und ein leiſer Wind wehte in den
Gewändern und Locken der Umſtehenden.
Sophie reichte die Schaale dem Eros
und dieſer den Andern. Alle koſteten den
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Novalis: Heinrich von Ofterdingen. Berlin, 1802, S. 328. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/novalis_ofterdingen_1802/336>, abgerufen am 19.05.2024.
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