Sie trat ins Zimmer. Sophie stand am Altar, der wieder aufgebaut war. Eros lag zu ihren Füßen in voller Rüstung, ernster und edler als jemals. Ein prächtiger Kron¬ leuchter hing von der Decke. Mit bunten Steinen war der Fußboden ausgelegt, und zeigte einen großen Kreis um den Altar her, der aus lauter edlen bedeutungsvollen Figuren bestand. Ginnistan bog sich über ein Ruhe¬ bett, worauf der Vater in tiefem Schlummer zu liegen schien, und weinte. Ihre blühende Anmuth war durch einen Zug von Andacht und Liebe unendlich erhöht. Fabel reichte die Urne, worin die Asche gesammelt war, der heiligen Sophie, die sie zärtlich um¬ armte.
Liebliches Kind, sagte sie, dein Eifer und deine Treue haben dir einen Platz unter den ewigen Sternen erworben. Du hast das Un¬ sterbliche in dir gewählt. Der Phönix ge¬
Sie trat ins Zimmer. Sophie ſtand am Altar, der wieder aufgebaut war. Eros lag zu ihren Füßen in voller Rüſtung, ernſter und edler als jemals. Ein prächtiger Kron¬ leuchter hing von der Decke. Mit bunten Steinen war der Fußboden ausgelegt, und zeigte einen großen Kreis um den Altar her, der aus lauter edlen bedeutungsvollen Figuren beſtand. Ginniſtan bog ſich über ein Ruhe¬ bett, worauf der Vater in tiefem Schlummer zu liegen ſchien, und weinte. Ihre blühende Anmuth war durch einen Zug von Andacht und Liebe unendlich erhöht. Fabel reichte die Urne, worin die Aſche geſammelt war, der heiligen Sophie, die ſie zärtlich um¬ armte.
Liebliches Kind, ſagte ſie, dein Eifer und deine Treue haben dir einen Platz unter den ewigen Sternen erworben. Du haſt das Un¬ ſterbliche in dir gewählt. Der Phönix ge¬
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0334"n="326"/>
Sie trat ins Zimmer. Sophie ſtand am<lb/>
Altar, der wieder aufgebaut war. Eros lag<lb/>
zu ihren Füßen in voller Rüſtung, ernſter<lb/>
und edler als jemals. Ein prächtiger Kron¬<lb/>
leuchter hing von der Decke. Mit bunten<lb/>
Steinen war der Fußboden ausgelegt, und<lb/>
zeigte einen großen Kreis um den Altar her,<lb/>
der aus lauter edlen bedeutungsvollen Figuren<lb/>
beſtand. Ginniſtan bog ſich über ein Ruhe¬<lb/>
bett, worauf der Vater in tiefem Schlummer<lb/>
zu liegen ſchien, und weinte. Ihre blühende<lb/>
Anmuth war durch einen Zug von Andacht<lb/>
und Liebe unendlich erhöht. Fabel reichte<lb/>
die Urne, worin die Aſche geſammelt war,<lb/>
der heiligen Sophie, die ſie zärtlich um¬<lb/>
armte.</p><lb/><p>Liebliches Kind, ſagte ſie, dein Eifer und<lb/>
deine Treue haben dir einen Platz unter den<lb/>
ewigen Sternen erworben. Du haſt das Un¬<lb/>ſterbliche in dir gewählt. Der Phönix ge¬<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[326/0334]
Sie trat ins Zimmer. Sophie ſtand am
Altar, der wieder aufgebaut war. Eros lag
zu ihren Füßen in voller Rüſtung, ernſter
und edler als jemals. Ein prächtiger Kron¬
leuchter hing von der Decke. Mit bunten
Steinen war der Fußboden ausgelegt, und
zeigte einen großen Kreis um den Altar her,
der aus lauter edlen bedeutungsvollen Figuren
beſtand. Ginniſtan bog ſich über ein Ruhe¬
bett, worauf der Vater in tiefem Schlummer
zu liegen ſchien, und weinte. Ihre blühende
Anmuth war durch einen Zug von Andacht
und Liebe unendlich erhöht. Fabel reichte
die Urne, worin die Aſche geſammelt war,
der heiligen Sophie, die ſie zärtlich um¬
armte.
Liebliches Kind, ſagte ſie, dein Eifer und
deine Treue haben dir einen Platz unter den
ewigen Sternen erworben. Du haſt das Un¬
ſterbliche in dir gewählt. Der Phönix ge¬
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Novalis: Heinrich von Ofterdingen. Berlin, 1802, S. 326. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/novalis_ofterdingen_1802/334>, abgerufen am 19.05.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.