kommen. Von allen Seiten strömten seine Diener herzu, deren seltsame Gestalten und Trachten Ginnistan unendlich ergötzten, und den tapfern Eros nicht erschreckten. Erstere grüßte ihre alten Bekannten, und alle er¬ schienen vor ihr mit neuer Stärke und in der ganzen Herrlichkeit ihrer Naturen. Der un¬ gestüme Geist der Flut folgte der sanften Ebbe. Die alten Orkane legten sich an die klopfende Brust der heißen leidenschaftlichen Erdbeben. Die zärtlichen Regenschauer sa¬ hen sich nach dem bunten Bogen um, der von der Sonne, die ihn mehr anzieht, entfernt, bleich da stand. Der rauhe Donner schalt über die Thorheiten der Blitze, hinter den unzähligen Wolken hervor, die mit tau¬ send Reizen dastanden und die feurigen Jünglinge lockten. Die beyden lieblichen Schwestern, Morgen und Abend, freuten sich vorzüglich über die beyden Ankömmlinge.
kommen. Von allen Seiten ſtrömten ſeine Diener herzu, deren ſeltſame Geſtalten und Trachten Ginniſtan unendlich ergötzten, und den tapfern Eros nicht erſchreckten. Erſtere grüßte ihre alten Bekannten, und alle er¬ ſchienen vor ihr mit neuer Stärke und in der ganzen Herrlichkeit ihrer Naturen. Der un¬ geſtüme Geiſt der Flut folgte der ſanften Ebbe. Die alten Orkane legten ſich an die klopfende Bruſt der heißen leidenſchaftlichen Erdbeben. Die zärtlichen Regenſchauer ſa¬ hen ſich nach dem bunten Bogen um, der von der Sonne, die ihn mehr anzieht, entfernt, bleich da ſtand. Der rauhe Donner ſchalt über die Thorheiten der Blitze, hinter den unzähligen Wolken hervor, die mit tau¬ ſend Reizen daſtanden und die feurigen Jünglinge lockten. Die beyden lieblichen Schweſtern, Morgen und Abend, freuten ſich vorzüglich über die beyden Ankömmlinge.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0298"n="290"/>
kommen. Von allen Seiten ſtrömten ſeine<lb/>
Diener herzu, deren ſeltſame Geſtalten und<lb/>
Trachten Ginniſtan unendlich ergötzten, und<lb/>
den tapfern Eros nicht erſchreckten. Erſtere<lb/>
grüßte ihre alten Bekannten, und alle er¬<lb/>ſchienen vor ihr mit neuer Stärke und in der<lb/>
ganzen Herrlichkeit ihrer Naturen. Der un¬<lb/>
geſtüme Geiſt der Flut folgte der ſanften<lb/>
Ebbe. Die alten Orkane legten ſich an die<lb/>
klopfende Bruſt der heißen leidenſchaftlichen<lb/>
Erdbeben. Die zärtlichen Regenſchauer ſa¬<lb/>
hen ſich nach dem bunten Bogen um,<lb/>
der von der Sonne, die ihn mehr anzieht,<lb/>
entfernt, bleich da ſtand. Der rauhe Donner<lb/>ſchalt über die Thorheiten der Blitze, hinter<lb/>
den unzähligen Wolken hervor, die mit tau¬<lb/>ſend Reizen daſtanden und die feurigen<lb/>
Jünglinge lockten. Die beyden lieblichen<lb/>
Schweſtern, Morgen und Abend, freuten ſich<lb/>
vorzüglich über die beyden Ankömmlinge.</p><lb/></div></div></div></body></text></TEI>
[290/0298]
kommen. Von allen Seiten ſtrömten ſeine
Diener herzu, deren ſeltſame Geſtalten und
Trachten Ginniſtan unendlich ergötzten, und
den tapfern Eros nicht erſchreckten. Erſtere
grüßte ihre alten Bekannten, und alle er¬
ſchienen vor ihr mit neuer Stärke und in der
ganzen Herrlichkeit ihrer Naturen. Der un¬
geſtüme Geiſt der Flut folgte der ſanften
Ebbe. Die alten Orkane legten ſich an die
klopfende Bruſt der heißen leidenſchaftlichen
Erdbeben. Die zärtlichen Regenſchauer ſa¬
hen ſich nach dem bunten Bogen um,
der von der Sonne, die ihn mehr anzieht,
entfernt, bleich da ſtand. Der rauhe Donner
ſchalt über die Thorheiten der Blitze, hinter
den unzähligen Wolken hervor, die mit tau¬
ſend Reizen daſtanden und die feurigen
Jünglinge lockten. Die beyden lieblichen
Schweſtern, Morgen und Abend, freuten ſich
vorzüglich über die beyden Ankömmlinge.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Novalis: Heinrich von Ofterdingen. Berlin, 1802, S. 290. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/novalis_ofterdingen_1802/298>, abgerufen am 27.05.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.