aber seine Vorschläge wurden überhört. Du kannst sogleich reisen; Ginnistan mag dich begleiten, sagte Sophie; sie weiß mit den We¬ gen Bescheid, und ist überall gut bekannt. Sie wird die Gestalt deiner Mutter anneh¬ men, um dich nicht in Versuchung zu führen. Findest du den König, so denke an mich; dann komme ich um dir zu helfen.
Ginnistan tauschte ihre Gestalt mit der Mutter, worüber der Vater sehr vergnügt zu seyn schien; der Schreiber freute sich, daß die beiden fortgingen; besonders da ihm Gin¬ nistan ihr Taschenbuch zum Abschiede schenk¬ te, worin die Chronik des Hauses umständ¬ lich aufgezeichnet war; nur blieb ihm die kleine Fabel ein Dorn im Auge, und er hät¬ te, um seiner Ruhe und Zufriedenheit willen, nichts mehr gewünscht, als daß auch sie un¬ ter der Zahl der Abreisenden seyn möchte. Sophie segnete die Niederknieenden ein, und
aber ſeine Vorſchläge wurden überhört. Du kannſt ſogleich reiſen; Ginniſtan mag dich begleiten, ſagte Sophie; ſie weiß mit den We¬ gen Beſcheid, und iſt überall gut bekannt. Sie wird die Geſtalt deiner Mutter anneh¬ men, um dich nicht in Verſuchung zu führen. Findeſt du den König, ſo denke an mich; dann komme ich um dir zu helfen.
Ginniſtan tauſchte ihre Geſtalt mit der Mutter, worüber der Vater ſehr vergnügt zu ſeyn ſchien; der Schreiber freute ſich, daß die beiden fortgingen; beſonders da ihm Gin¬ niſtan ihr Taſchenbuch zum Abſchiede ſchenk¬ te, worin die Chronik des Hauſes umſtänd¬ lich aufgezeichnet war; nur blieb ihm die kleine Fabel ein Dorn im Auge, und er hät¬ te, um ſeiner Ruhe und Zufriedenheit willen, nichts mehr gewünſcht, als daß auch ſie un¬ ter der Zahl der Abreiſenden ſeyn möchte. Sophie ſegnete die Niederknieenden ein, und
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aber ſeine Vorſchläge wurden überhört. Du
kannſt ſogleich reiſen; Ginniſtan mag dich
begleiten, ſagte Sophie; ſie weiß mit den We¬
gen Beſcheid, und iſt überall gut bekannt.
Sie wird die Geſtalt deiner Mutter anneh¬
men, um dich nicht in Verſuchung zu führen.
Findeſt du den König, ſo denke an mich;
dann komme ich um dir zu helfen.
Ginniſtan tauſchte ihre Geſtalt mit der
Mutter, worüber der Vater ſehr vergnügt
zu ſeyn ſchien; der Schreiber freute ſich, daß
die beiden fortgingen; beſonders da ihm Gin¬
niſtan ihr Taſchenbuch zum Abſchiede ſchenk¬
te, worin die Chronik des Hauſes umſtänd¬
lich aufgezeichnet war; nur blieb ihm die
kleine Fabel ein Dorn im Auge, und er hät¬
te, um ſeiner Ruhe und Zufriedenheit willen,
nichts mehr gewünſcht, als daß auch ſie un¬
ter der Zahl der Abreiſenden ſeyn möchte.
Sophie ſegnete die Niederknieenden ein, und
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Novalis: Heinrich von Ofterdingen. Berlin, 1802, S. 286. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/novalis_ofterdingen_1802/294>, abgerufen am 25.11.2024.
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