Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Novalis: Heinrich von Ofterdingen. Berlin, 1802.

Bild:
<< vorherige Seite

Gruppen. Die Dienerinnen brachten einen
Tisch und ein Kästchen, worin eine Menge
Blätter lagen, auf denen heilige tiefsinnige
Zeichen standen, die aus lauter Sternbildern
zusammengesetzt waren. Der König küßte
ehrfurchtsvoll diese Blätter, mischte sie sorg¬
fältig untereinander, und reichte seiner Toch¬
ter einige zu. Die andern behielt er für sich.
Die Prinzessin zog sie nach der Reihe her¬
aus und legte sie auf den Tisch, dann be¬
trachtete der König die seinigen genau, und
wählte mit vielem Nachdenken, ehe er eins
dazu hinlegte. Zuweilen schien er gezwun¬
gen zu seyn, dies oder jenes Blatt zu wäh¬
len. Oft aber sah man ihm die Freude an,
wenn er durch ein gutgetroffenes Blatt eine
schöne Harmonie der Zeichen und Figuren le¬
gen konnte. Wie das Spiel anfing, sah
man an allen Umstehenden Zeichen der leb¬
haftesten Theilnahme, und die sonderbarsten

Gruppen. Die Dienerinnen brachten einen
Tiſch und ein Käſtchen, worin eine Menge
Blätter lagen, auf denen heilige tiefſinnige
Zeichen ſtanden, die aus lauter Sternbildern
zuſammengeſetzt waren. Der König küßte
ehrfurchtsvoll dieſe Blätter, miſchte ſie ſorg¬
fältig untereinander, und reichte ſeiner Toch¬
ter einige zu. Die andern behielt er für ſich.
Die Prinzeſſin zog ſie nach der Reihe her¬
aus und legte ſie auf den Tiſch, dann be¬
trachtete der König die ſeinigen genau, und
wählte mit vielem Nachdenken, ehe er eins
dazu hinlegte. Zuweilen ſchien er gezwun¬
gen zu ſeyn, dies oder jenes Blatt zu wäh¬
len. Oft aber ſah man ihm die Freude an,
wenn er durch ein gutgetroffenes Blatt eine
ſchöne Harmonie der Zeichen und Figuren le¬
gen konnte. Wie das Spiel anfing, ſah
man an allen Umſtehenden Zeichen der leb¬
hafteſten Theilnahme, und die ſonderbarſten

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0283" n="275"/>
Gruppen. Die Dienerinnen brachten einen<lb/>
Ti&#x017F;ch und ein Kä&#x017F;tchen, worin eine Menge<lb/>
Blätter lagen, auf denen heilige tief&#x017F;innige<lb/>
Zeichen &#x017F;tanden, die aus lauter Sternbildern<lb/>
zu&#x017F;ammenge&#x017F;etzt waren. Der König küßte<lb/>
ehrfurchtsvoll die&#x017F;e Blätter, mi&#x017F;chte &#x017F;ie &#x017F;org¬<lb/>
fältig untereinander, und reichte &#x017F;einer Toch¬<lb/>
ter einige zu. Die andern behielt er für &#x017F;ich.<lb/>
Die Prinze&#x017F;&#x017F;in zog &#x017F;ie nach der Reihe her¬<lb/>
aus und legte &#x017F;ie auf den Ti&#x017F;ch, dann be¬<lb/>
trachtete der König die &#x017F;einigen genau, und<lb/>
wählte mit vielem Nachdenken, ehe er eins<lb/>
dazu hinlegte. Zuweilen &#x017F;chien er gezwun¬<lb/>
gen zu &#x017F;eyn, dies oder jenes Blatt zu wäh¬<lb/>
len. Oft aber &#x017F;ah man ihm die Freude an,<lb/>
wenn er durch ein gutgetroffenes Blatt eine<lb/>
&#x017F;chöne Harmonie der Zeichen und Figuren le¬<lb/>
gen konnte. Wie das Spiel anfing, &#x017F;ah<lb/>
man an allen Um&#x017F;tehenden Zeichen der leb¬<lb/>
hafte&#x017F;ten Theilnahme, und die &#x017F;onderbar&#x017F;ten<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[275/0283] Gruppen. Die Dienerinnen brachten einen Tiſch und ein Käſtchen, worin eine Menge Blätter lagen, auf denen heilige tiefſinnige Zeichen ſtanden, die aus lauter Sternbildern zuſammengeſetzt waren. Der König küßte ehrfurchtsvoll dieſe Blätter, miſchte ſie ſorg¬ fältig untereinander, und reichte ſeiner Toch¬ ter einige zu. Die andern behielt er für ſich. Die Prinzeſſin zog ſie nach der Reihe her¬ aus und legte ſie auf den Tiſch, dann be¬ trachtete der König die ſeinigen genau, und wählte mit vielem Nachdenken, ehe er eins dazu hinlegte. Zuweilen ſchien er gezwun¬ gen zu ſeyn, dies oder jenes Blatt zu wäh¬ len. Oft aber ſah man ihm die Freude an, wenn er durch ein gutgetroffenes Blatt eine ſchöne Harmonie der Zeichen und Figuren le¬ gen konnte. Wie das Spiel anfing, ſah man an allen Umſtehenden Zeichen der leb¬ hafteſten Theilnahme, und die ſonderbarſten

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/novalis_ofterdingen_1802
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/novalis_ofterdingen_1802/283
Zitationshilfe: Novalis: Heinrich von Ofterdingen. Berlin, 1802, S. 275. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/novalis_ofterdingen_1802/283>, abgerufen am 22.11.2024.